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Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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drückten.
    Und mit einem Mal stießen sich alle Krähen gleichzeitig von ihren Plätzen ab. Ein gewaltiges Tosen erfüllte wieder die Halle.
    Simon und seine Freunde duckten sich. Die Vögel zogen dicht über ihre Köpfe hinweg. Sie ließen ihnen keinen Raum, sich zu bewegen, bis sie hintereinander wieder durch die Gänge entschwanden, durch die sie gerade erst hereingekommen waren.
    Simon, seine Freunde und die kleine Krähe waren nun die Einzigen in dem Raum. Der Schattengreifer stand ihnen noch immer gegenüber, geschützt von seiner unsichtbaren Wand, und hielt die Hände zur Decke emporgestreckt.
    Die Jugendlichen schauten nach oben. Es war kein einziger Fisch mehr zu sehen. Das Meer schien wie ausgestorben. Ganz ohne Leben – wie die Halle, in der sie standen. Einzig der Rumpf ihres Schiffes war noch zu sehen.
    Simon versuchte zu begreifen, was hier vor sich ging, als ein ohrenbetäubender Knall sie aufschrecken ließ. Ein Krachen, das die ganze Halle erschütterte.
    Das Geräusch kam von der Decke.
    Die Jugendlichen rissen ihre Köpfe nach oben und erkannten sofort die Ursache: Über das gesamte Glas der Deckenkuppel zog sich ein riesiger Riss. Und bevor die Freunde sich ihrer Lage bewusst werden konnten, entwickelten sich weitere Risse. Haarfein erst, doch dann immer breiter. Tiefer. Länger.
    Das knirschende Geräusch des brechenden Glases fuhr ihnen bis ins Mark.
    »Sie reißt auf!«, schrie Caspar auf. »Die Decke wird einstürzen!«
    Sie blickten von der Kuppel zu dem Schattengreifer, der noch immer seine volle Konzentration auf die Decke richtete. Bis er mit einem Ruck beide Hände in die Höhe riss und das Glas über ihnen endgültig brach.
    Das Meer stürzte über sie herein. Wie ein fallender Vorhang senkte sich die totbringende Flut in die Halle, bereit, alles zu überschwemmen, was sich darin befand.
    Simon und die Zeitenkrieger begannen zu rennen. Auf die Portale zu, doch ihnen war bereits bewusst, dass dies vergeblich war. Die hereinströmenden Wassermassen griffen sich jeden Einzelnen von ihnen und rissen sie alle mit sich.
    Auch Simon wurde von einer Welle erfasst, und das Letzte, was er sah, bevor er mit heftiger Gewalt herumgeschleudert wurde, war der Schattengreifer, wie er die Arme senkte, sich umwandte und sich trockenen Fußes hinter seiner unsichtbaren Wand von ihnen entfernte.
     
    Wie viele andere auch starrte Jessica noch immer mit vor Schreck geweiteten Augen zur Rotkopf-Klippe, obwohl die Krähen längst davongeflogen waren.
    Die ersten Nachbarn sprachen allerdings bereits miteinander und versuchten zu verstehen, was sie gerade zu sehen bekommen hatten.
    Der Mann, der seinen Wagen in die Hecke gefahren hatte, stieg nun aus. Auch er blickte verstört um sich. »Haben Sie das gesehen? Haben Sie …«
    Seine Worte gingen unter in dem heraufbrausenden Geräusch herannahender Flügelschläge.
    »Sie kommen zurück!«, schrie eine der Frauen. Und im nächsten Moment schoss wieder die schwarze Wolke der unzähligen Krähen aus dem Fuß der Rotkopf-Klippe hervor. Doch dieses Mal drehten sie keine Schleifen über der Stadt. Die Tiere flogen direkt auf das offene Meer hinaus.
    Eine Frau klammerte sich an Jessica. Sie wirkte völlig verwirrt. »Was hat das denn alles zu bedeu…?«
    Den ersten Krähen folgten Tausende von Vögeln. Auch sie tauchten aus dem Fuß der Klippe hervor. Und auch sie flogen schreiend und krächzend auf das offene Meer hinaus.
    Die Frau an Jessicas Seite verlor nun völlig die Beherrschung. »Bitte!«, rief sie, und ihre Stimme überschlug sich. »So sagen Sie mir doch …«
    Ein Knall ließ die ganze Erde beben. Die Menschen auf der Straße schrien auf. Alarmanlagen an Häusern und Autos sprangen lärmend an.
    Die Leute wandten ihre Blicke in Richtung der Rotkopf-Klippe. Und sie schrien erneut auf, als sich eine riesige Wasserfontäne zeigte, deren Spitze die Höhe der Klippe noch überragte. Viele rannten kopflos davon. Andere flüchteten in ihre Häuser.
    Nur Jessica stand wie angewurzelt auf der Straße. Sie war außerstande, sich zu bewegen. Das, was hier vor sich ging, war so unheimlich, dass sie es längst mit dem in Verbindung gebracht hatte, was Simon ihr am Küchentisch erzählt hatte. Sie kannte diesen Schattengreifer nicht, doch sie war sicher, dass er sein Unwesen ganz in ihrer Nähe trieb.
    Und hätte der Hügel hinter der Stadt ihr nicht die Sicht auf das Meer vor der Rotkopf-Klippe genommen, dann hätte der Anblick eines Segelschiffes ihre Vermutungen

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