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Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Schattengreifer - Die Zeitenfestung

Titel: Schattengreifer - Die Zeitenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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befanden, als Neferti urplötzlich abbog und sich südlich der Stadt orientierte.
    »Was ist los?«, hakte Simon nach. »Gehen wir nicht in die Stadt hinein?«
    Sie schaute ihn kurz an. »Doch, schon. Bloß nicht durch die Stadttore.«
    »Ich verstehe nicht …«
    Neferti hob eine Hand. »Gedulde dich, Simon. Gleich wirst du es verstehen.« Sie verfiel in einen ernsten Ton: »Du ahnst nicht, wie gern ich in die Stadt hineinmöchte. Ich würde zu gern meine Familie warnen. Meine Eltern mit mir nehmen. Es tut weh, zu wissen, dass am heutigen Tag der Überfall durch die Gegner des Echnaton stattfinden wird. Und dass der Schattengreifer mich aufsuchen möchte. Und …« Sie brach mitten im Satz ab und seufzte. »Doch zunächst haben wir etwas anderes zu erledigen.«
    Sie biss sich auf die Lippen, um sich zur Ruhe zu zwingen, und führte Simon die Mauer entlang. Simon vermutete, dass sie gerade unmittelbar an dem Palast des Pharao vorbeigingen, denn die Teile des Bauwerks, die er über die Mauer hinweg erkennen konnte, waren äußerst hoch und besonders reich verziert. Zudem reihte sich an diesem Teil der Stadtmauer Säule an Säule. Für Simon war das ein klarer Hinweis, dass sich hinterdiesem Teil der Stadtmauer ein besonderes Bauwerk befinden musste – ein Tempel oder Palast.
    Plötzlich stoppte Neferti zwischen zwei der Säulen und begann, den linken der beiden Pfeiler hektisch abzutasten.
    »Wonach suchst du denn?«, fragte Simon, doch Neferti gab ihm keine Antwort. Offensichtlich hatte sie ihn gar nicht gehört. Sie war zu sehr damit beschäftigt, die Säule abzusuchen. Schließlich hielt sie strahlend inne.
    »Wusste ich es doch!«
    Alle Säulen entlang dieses Mauerstücks glichen sich bis ins Detail: Sie alle waren im unteren Drittel mit hellblauen Längsstreifen verziert, über denen sich im mittleren Drittel dunkelblaue Querstreifen zogen. Und das obere Drittel war wiederum längs gestreift.
    Neferti fuhr mit ihrer Hand über den untersten Querstreifen und stemmte beide Hände dagegen. Das scharrende Geräusch aufeinanderreibender Steine erklang, und Simon staunte nicht schlecht, als sich vor seinen Augen ein Geheimgang auftat. Eine schmale Tür öffnete sich, gerade so breit, wie zwei dieser Längsstreifen. Weil die Kanten dieser Tür genau an den Außenseiten der aufgemalten Längsstreifen entlangführten, war sie so gut wie unsichtbar gewesen.
    Hinter dieser Tür befand sich eine schmale Treppe, die tief hinab führte.
    »Komm!« Neferti ging Simon voraus.
    Simon schlich ihr hinterher. Es war eine in Stein gehauene Wendeltreppe, die tief ins Innere führte. Dunkel war es hier. Neferti schloss die Geheimtür hinter sich, und nun drang kein einziger Lichtschein mehr von außen herein. Lediglich auf denStufen vor ihnen erkannte Simon ein schwaches Licht, das aus der Tiefe zu ihnen leuchtete und das mit jedem Schritt heller wurde.
    Von dort drangen merkwürdige Gerüche an Simons Nase. Er fühlte sich an einen Hustensaft erinnert, den er als kleines Kind einmal hatte einnehmen müssen. Der hatte genauso gerochen.
    Neferti sagte kein einziges Wort mehr. Schweigend ging sie hinter Simon weiter und weiter die Stufen hinunter.
    Das Licht wurde heller. An dem Flackern konnte Simon erkennen, dass es sich um die Flammen von Fackeln handeln musste.
    Jetzt vernahm er auch Geräusche, die zu ihnen heraufdrangen. Jemand hantierte mit irgendetwas herum. Man konnte ihn murmeln hören, woraus Simon schloss, dass sie kurz vor ihrem Ziel sein mussten.
    Und tatsächlich: Nur noch wenige Stufen, dann hatten sie einen Raum erreicht. Wobei die Bezeichnung Raum hierfür nicht ausreichte. Niemals hätte Simon vermutet, eine derart mächtige Halle unter der Erde vorzufinden. Sie standen in einem düsteren Saal, der über und über mit Gegenständen voll gestopft war und der von zahlreichen Fackeln erhellt wurde. Dicke Säulen trugen die Decke über ihnen.
    Auf einem Tisch in der Mitte stapelten sich Schalen und Krüge. Auch auf dem Boden lagen mehrere Gefäße. Die Wände waren mit Hieroglyphen übersät. Allerdings waren die Zeichen schon mehrfach übermalt und überschrieben worden. Das Chaos, das in dem Raum herrschte, setzte sich an den Wänden fort.
    Es gab nur eine einzige freie Stelle in all dem Gewirr. In der hinteren Ecke, Simon direkt gegenüber, stand eine hohe Statue. Ein Frauenkörper mit dem Kopf einer Katze. Die Arme waren vor der Brust verschränkt. Auf dem Katzenkopf saß eine hohe Krone. Der Körper dieser Göttin

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