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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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billig. Augen, wie sie auf Plüschtiere aufgenäht wurden. Oder … Wie in ein Schlaglicht getaucht erschien ein neues Bild in seinem Kopf. Nico, mitten im Schneetreiben, aufgelöst, verzweifelt, und trotzdem frech. Ihre Reisetasche war aufgegangen, und er hatte ihr geholfen, alles wieder einzuräumen. Dabei waren ihm ihre Hausschuhe in die Hände gefallen. Zum Schreien. Bärchenhausschuhe.
    Jemand klaut die Augen aus meinen Schuhen …
    Er hatte ihrer Bemerkung keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ein dahingesagter Blödsinn. Im Nachhinein war ihm ja alles, was Nico erzählt hatte, wirr und extrem fantasievoll erschienen. Jemand hatte ihre Schuhe geklaut und die Augen entfernt. Leon sah sich noch einmal genau in dem Zimmer um. Von Plüschtieren keine Spur.
    Dieser Jemand war Maik gewesen.
    Er rannte die Treppe hinunter und störte Frau Krischek ein zweites Mal, die erschrocken zusammenfuhr, als er auf einmal in ihr Wohnzimmer platzte. Auf dem Couchtisch stand ein halb leerer Teller, was sich darauf befand, war offenbar die Ursache für den merkwürdigen Geruch in diesem Haus.
    »Frau Krischek, wo ist Maik?«
    »Isser nich oben?«, fragte sie.
    »Nein. Er ist weg.«
    »Weg? Das kann nich sein. Er sagt mir doch immer …«
    Mühsam schraubte sie sich aus dem Sessel und tappte vor Leon in den Flur. Erstaunt blieb sie stehen.
    »Seine Stiefel sind weg. Und seine Jacke auch.«
    »Wohin wollte er?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nicht …«
    Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Leon erkannte, dass er nicht weiterkam.
    »Danke, Frau Krischek. Einen schönen Abend noch.«
    Draußen in der Kälte atmete Leon tief durch. Er betrachtete noch einmal das Glasauge in seiner Hand, von dem ein kleiner Splitter abgebrochen war. Nico hatte zumindest in diesem Punkt die Wahrheit gesagt.
    Ihm war, als würde ihm die Kehle zugeschnürt. Die Berge um Siebenlehen – konnten sie noch dunkler und bedrohlicher wirken als zu dieser Stunde? Wenn sie wirklich mit Maik dort hochgestiegen war, war sie wahnsinnig.
    Aber das war bei Nico ja nichts Neues.
    Er lief los. Der Weg von Krischeks zum Schwarzen Hirschen führte an der Kirche und dem Gemeindehaus vorbei. Die Versuchung, beim Pfarrer zu klingeln und ihn um Rat zu fragen, war nur kurz. Das Haus lag in tiefer Dunkelheit. Allerdings glaubte Leon im Vorübergehen, ein Licht im Inneren der Kirche wahrgenommen zu haben. Vielleicht ein armer Sünder, der Trost suchte? Siebenlehen war ein Dorf, das die Türen seiner Häuser gut verschlossen hielt. Dafür stand die zur Kirche immer offen … Doch sie war leer. Hinten neben dem Altar stand die Figur der heiligen Barbara, geheimnisvoll und mit einem rätselhaften Lächeln um die Lippen. So kam es ihm wenigstens aus der Entfernung vor. Eine ewige Lampe brannte. Es war still. Wenn jemand hier war, dann wollte er weder gesehen noch gehört werden. Vorsichtig und leise zog Leon sich wieder zurück.
    Wo war Nico? Er erreichte den Schwarzen Hirschen und eilte in die Gaststube. In der Schublade des Tresens lag auch eine Taschenlampe. Ohne sie wäre ein Aufstieg Selbstmord. Gerade hatte er sie gefunden und die Lade zugeschoben, als er ein ersticktes Schluchzen hörte.
    Leon leuchtete den dunklen Raum ab. Hinten in einer Ecke, verborgen hinter den hochgestellten Stühlen, saß eine zusammengesunkene Gestalt.
    »Trixi?«
    Das Häufchen Elend zog die Nase hoch.
    »Du solltest doch im Bett sein.« Und deinen Rausch ausschlafen, setzte er in Gedanken hinzu. Obwohl Trixi gut und gerne zwanzig Jahre älter war als er, hatte er das Gefühl, der weitaus Erwachsenere von beiden zu sein.
    Sie verbarg ihr Gesicht hinter einem hochgehobenen Arm. Mit einem ärgerlichen Seufzen arbeitete er sich durch die eng stehenden Tische zu ihr durch.
    »Was machst du hier?«
    »Er ist weg.«
    »Wer?«
    Sie zuckte mit den Schultern, das musste Antwort genug sein.
    »Geh schlafen«, sagte er ärgerlich. »Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
    Einer der blödesten Sätze, die er kannte – aber er stimmte. Nachts verschlimmerten sich die Probleme und wuchsen ins Unermessliche. Aus Kleinigkeiten wurden Katastrophen. Er hätte Trixi gerne gesagt, was er herausgefunden hatte und dass alle Anschuldigungen gegen seine Familie haltlos waren. Aber er bezweifelte, ob sie es in diesem Zustand verstehen würde. Außerdem hätte er damit zugegeben, weiter hinter ihrem Rücken herumgeschnüffelt zu haben.
    »Er ist gegangen. Der Pfarrer war da. Beide sind fort.«
    »Zach … und der

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