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Schattengrund

Schattengrund

Titel: Schattengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Stück zum Mund führte. Leon beobachtete die wenigen Menschen im Raum und schien zu dem Schluss zu kommen, dass keiner auf sie achtete.
    »Also?«
    Sie wischte die Finger an der Serviette ab und griff zu den herausgerissenen Seiten. In mehreren Spalten waren Namen, Anschriften, Telefon- und Passnummern eingetragen. Die Handschriften unterschieden sich. Wahrscheinlich hatte immer derjenige das Buch geführt, der an der Rezeption Stallwache schob.
    »Am dritten Januar waren fünf Zimmer belegt.«
    »Das ist ja beschissen für die Wintersaison. Von wem?«
    Nico kniff die Augen zusammen, um das Gekritzel des ersten Eintrags zu entziffern.
    »Jobst und Sabine Stadlberger aus Fürth. Das war ihre … Moment …« Sie nahm das andere Blatt und suchte etwas in den Spalten. »… sechste Nacht. Sie sind nach Weihnachten gekommen und über Silvester geblieben.«
    »Die kenne ich.« Leon säbelte sich das nächste Stück Pizza ab. »Kannst du abhaken. Wenn Fili die gemalt hätte, wären zwei Medizinbälle dabei herausgekommen. Klein und dick, beide.«
    »Katharina und Hilde Wallmann aus … Das kann ich nicht lesen.«
    Sie wollte ihm das Blatt hinüberreichen, aber von seinen Fingern tropfte gerade alles, was von einer Pizza tropfen konnte.
    »Zwei Frauen. Das sind sie wohl auch nicht.«
    »Ludwig Kress aus Finsterwalde.«
    Sie sah hoch, aber Leon sagte nichts. »Beruf: Schornsteinfeger, steht hier.«
    »Ach ja, die kommen zweimal im Jahr. Wenn sie es nicht rechtzeitig zurückschaffen, haben sie schon mal übernachtet.«
    Nico runzelte die Stirn. »Ein Schornsteinfeger ist definitiv ein schwarzer Mann.«
    »Okay, dann kommt er auf die Liste.«
    »Der Nächste ist Gero Schumacher aus … ach. Siebenlehen?«
    Leon blieb die Pizza im Hals stecken. Er hustete, verschluckte sich und der Mann am Nebentisch sprang auf und schlug ihm beherzt auf den Rücken. Der Hund hob lediglich interessiert den Kopf.
    »Danke … danke«, krächzte Leon. Er trank einen Schluck Bier, danach ging es ihm besser. »Das ist der Pfarrer.«
    Nico blieb der Mund offen stehen.
    »Der Pfarrer? Warum übernachtet er im Schwarzen Hirschen?«
    »Ich weiß es nicht. Aber der wird es wohl kaum gewesen sein.«
    Nico schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber ich kann ihn nicht ausschließen. Auch er trägt Schwarz.«
    Leon seufzte. »Noch jemand?«
    Nico ließ das Blatt unter dem Tisch verschwinden. Sie nahm ein Stück Pizza und biss davon ab. Aber plötzlich hatte sie keinen Hunger mehr.
    »Nein.«
    »Also wenn du nach schwarzen Männern suchst, müsstest du auch Maik Krischek dazuzählen. Der hat immer die Kohlen gebracht, als wir noch mit Kachelöfen geheizt haben.«
    Wir. Wie schnell Leon sich mit der Familie identifizierte, die ihn noch vor ein paar Tagen über den Tisch ziehen wollte. Sie schob den Teller ein Stückchen weg.
    »Was? Bist du schon fertig?«Leon nahm sich ein Stück von ihrer Pizza. »Schwarze Männer … Einen Moment habe ich auch in eine ganz andere Richtung gedacht. Aber ehrlich gesagt, nach Siebenlehen hat sich auch noch nie ein Farbiger verirrt. Ich glaube, Zita würde in Ohnmacht fallen, wenn sie einem gegenüberstehen würde. Was bleibt also?«
    »Der Pfarrer, Maik und der Schornsteinfeger.«
    Er biss eine Ecke ab und holte sein Handy heraus. Der Empfang musste gut sein, denn er tippte eine Nummer ein und hatte wenig später jemanden am Apparat.
    »Könnten Sie mich mit einem …«
    »… Ludwig Kress aus Finsterwalde«, soufflierte Nico.
    »Ludwig Kress aus Finsterwalde verbinden? Danke.« Er hielt die Hand über das Mikrofon. »Es gibt ihn noch. Das ist doch schon mal ein gutes Zeichen.«
    Er stellte sein Handy auf Lautsprecher um, schob die Teller zusammen und legte es auf die Tischplatte. Nico rückte an seine Seite. Beide beugten sich über den Apparat, damit die anderen Gäste möglichst nichts mitbekamen. Nach viermal Klingeln wurde abgehoben.
    »Jaaaa … Guten Abend?«, säuselte eine nasale Stimme.
    »Herr Kress?«, fragte Leon.
    »Am Apparat, mein Süßer. Was kann ich für dich tun?«
    Nicos Augen weiteten sich vor Erstaunen. Dann prustete sie los und konnte sich in letzter Sekunde noch die Hand vor den Mund halten.
    »Mein … äh … Schornstein«, stotterte Leon. Nico erstickte fast vor Lachen. »Er …« Leon warf einen irritierten Blick auf Nico, die dabei war, vom Stuhl zu fallen. »Er zieht nicht richtig.«
    »Na so was!« Herr Kress war entweder zum Kabarett gewechselt oder hatte seinen Tee mit Kreide genommen. »Und

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