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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Mörder, der sicher dringend Geld braucht … nun, dann ist doch wieder alles klar.»
    «Na ja, noch nicht ganz. Jedenfalls werde ich mir den Olsberg jetzt mal vornehmen. Und bei dem Verdächtigen Sarnau will ich eine Durchsuchung machen. Der sogenannte Sumathi muss ein charmanter, für Frauen attraktiver Mann mit großer Überzeugungskraft sein, der aus dem Raum Lauterbach stammt und mal etwas mit Frau Vogel hatte, der außerdem Jurist ist, sodass er von diesem historischen Siriusfall weiß, der in der Juristenausbildung eine Rolle spielt und ihn offenbar inspiriert hat, und er dürfte heute in Frankfurt wohnen. Das alles passt wohl am besten auf Hendrik von Sarnau. Der dürfte als Anwalt auch ein paar Leute im kriminellen Milieu kennen, aus dem er seine bezahlten Henker bezieht. Wir sollten es nicht mehr aufschieben, mit dem Herrn zu sprechen. Bis wir über die Versicherungen weiterkommen, kann es noch Wochen dauern, bei deren Bürokratie. Falls tatsächlich eine Lebensversicherung existiert, wurde das Geld bestimmt noch nicht abgerufen. Sonst hätten die Versicherungsleute selbst ermittelt und wären auf uns zugekommen. Bei einem Mordfall zahlen die doch nicht einfach so.»
    «Machen Sie mit dem Sarnau, was Sie nicht lassen können», erklärte Fock. «Aber ich muss schon sagen, Winter, es geht verdammt langsam voran. Immerhin haben Sie den Doppelmord Vogel schon seit Januar auf dem Schreibtisch.»
    Winter dachte, er höre nicht recht. Irgendwie beherrschte er sich, sagte bloß ironisch: «Darf ich daran erinnern, Chef, dass die Akte Vogel im Januar auch gleich wieder geschlossen wurde, und zwar gegen meinen ganz ausdrücklichen Wunsch?»
    «So?», sagte Fock. «Ach, Winter, nun seien Sie doch nicht immer so leicht beleidigt. Ich weiß ja, Sie hatten zwischendurch anderes zu tun.»
    ***
    Winter war etwas schockiert, als er von der Bewährungshilfe erfuhr: Olsberg wohne noch immer im Haus der toten Birthe Feldkamp in der Straße Krumme Weiden.
    Matthias Olsberg hatte einen ganz normalen Mietvertrag für ein Zimmer des Hauses und Mitbenutzung der Funktionsräume. Die Kündigungsfrist betrug drei Monate. Frau Feldkamps Erben, in dem Fall ihre Eltern, hatten ihn nicht sofort hinauswerfen können. «Für Herrn Olsberg ist es natürlich nicht leicht, eine neue Bleibe zu finden», erläuterte die Bewährungshelferin am Telefon. «Aber er hat sich sehr bemüht und jetzt ein Zimmer in einer WG im Gutleutviertel in Aussicht. Bald wird er umziehen.»
    «Was für einen Eindruck macht Olsberg auf Sie?»
    «Sehr verbindlich, darauf bedacht, nicht anzuecken und sich die Bewährung nicht zu verbauen. Aber auch verschlossen. Lässt nicht in sich blicken. Ein intelligenter Psychopath, wenn Sie mich fragen.»
    Winter dachte auf der Fahrt über Olsberg nach. Einiges an diesem jungen Mann war sehr eigenartig.
    In seiner ganzen traurigen jugendkriminellen Karriere hatte Matthias Olsberg handgreifliche Gewalt immer vermieden. Tatsächlich hatte es keine einzige Anzeige wegen Körperverletzung gegen ihn gegeben, bis zu dem schrecklichen Mord, der ihn ins Gefängnis gebracht hatte. Bei diesem Mord aber ging es nicht um Habgier. Sondern das war eine persönliche Rache für eine persönliche Kränkung gewesen. Winter hatte Olsberg eigentlich nicht für die Sorte Verbrecher gehalten, die für Geld Leute umbringt.
    Doch da konnte er sich täuschen. Die Tat damals hatte Olsberg vielleicht einen Blutrausch oder Machtrausch erleben lassen und alle verbliebenen moralischen Schranken niedergerissen. Außerdem hatte er viele Jahre im Gefängnis verbracht. Verbrecherische Tendenzen werden durch das Haftmilieu oft befördert statt gebremst, besonders bei formbaren Jugendlichen. Deshalb machte das Gesetz es Jugendrichtern so schwer, jemanden ins Gefängnis zu stecken.
    Winter hatte plötzlich wieder die verschwommenen Videobilder der Hochhaus-Überwachungskamera vor dem inneren Auge. Matthias Olsberg war ihm damals extrem unheimlich gewesen, nicht nur wegen seiner brutalen Tat, sondern auch weil er so kühl, so kontrolliert wirkte. Immer wieder hatte Winter sich das Band angesehen, das zeigte, wie der Täter nach der Tat das Hochhaus verließ. Und hier gab es ein winziges Anzeichen, dass hinter all der Kühle und Distanziertheit irgendwo doch noch ein kleiner Funken normales menschliches Gefühl verborgen war. Man sah es nur, wenn man vergrößerte: Die Hand, die die Kapuze ins Gesicht zog, zitterte.
    Die Vernehmung wollte Winter selbst machen,

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