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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Nummer. «Winter.»
    «Baumann, Uniklinik. Wir sollten uns bei Ihnen melden. Der Herr André Bründl ist aufgewacht und ansprechbar.»
    In Winter jubilierte es.
    «Bründl ist aufgewacht», sagte er zu Aksoy, während er schon mit fliegenden Fingern das Präsidium anwählte. «Das gibt’s doch nicht», rief sie freudig strahlend. Winter orderte einen Beamten sofort zu Bründls Schutz ins Krankenhaus. Falls sich herumsprach, dass Bründl bei Bewusstsein war, war er akut gefährdet. Der Täter konnte auf die Idee kommen, den Tatzeugen auszuschalten.
    «Ich bin so gespannt», sagte Aksoy. «Du fährst jetzt gleich hin, oder?»
    Er nickte. «Klar.»
    «Bist du mir böse, wenn ich nicht mitkomme und du mich vorher zu Hause absetzen musst?»
    Natürlich nicht. Er war bloß eifersüchtig auf denjenigen, der auf sie wartete.
    «Du hast Kinder?», fragte er auf dem Weg zum Wagen.
    Das Privatleben war bislang eine Art Tabuthema zwischen ihnen gewesen. Jedenfalls hatte er immer vermieden, sie nach ihrem zu fragen. Manche Dinge wollte er gar nicht wissen.
    «Zwei», sagte sie und stieg ein. «Ziemlich genau zehn Jahre jünger als deine beiden.» Da kannte sie sich ja gut aus. Na ja, seine Tochter kannte sie aufgrund gewisser kriminalistischer Verwicklungen im letzten Jahr persönlich.
    «Du bist ja auch ziemlich genau zehn Jahre jünger als ich, oder?», fragte er. Warum hatte er das denn jetzt gesagt? Wann sie geboren war, hatte er längst in ihrer Bewerbung nachgesehen, die er sich von Hildchen hatte zeigen lassen unter dem Vorwand, er wolle Hintergrund zu seiner SoKo-Mitarbeiterin. Geburtsort war Istanbul.
    «Ja», sagte sie schlicht. Und ihm fiel absolut nichts mehr ein, was er sagen konnte. Nach einem Mann oder einer Lebensgefährtin wollte er definitiv nicht fragen. Sie schwieg ebenfalls. Ihm war heiß.
    Endlich waren sie in der Großen Seestraße angekommen. Er hielt, wo es gerade ging. Als sie sich abschnallte, sagte sie ruhig: «Andi, du hast Probleme zu Hause, oder?»
    Er dachte, er höre nicht recht. «Kann man so sagen», brachte er hervor.
    Für einen Moment legte sie warm ihre Hand auf seine. Dann stieg sie aus.
    ***
    Bründl war aus irgendeinem Grund vor einer Woche in die Uniklinik verlegt worden. Winter hatte sich angekündigt und den Stationsarzt gebeten, sich für ein Gespräch bereitzuhalten.
    «So viel Glück muss man erst mal haben», berichtete der keine dreißig Jahre alte Arzt in einem kleinen quadratischen Büro, die Krankenakte auf dem Bildschirm. «Genickbruch ohne Nervenschaden, Lungendurchschuss überlebt, und dann schnelle Besserung nach anoxischem Koma. Ist schon seit zwei Tagen wach, bloß, ich habe jetzt erst in der Akte gelesen, dass wir sofort anrufen sollten, wenn er ansprechbar ist. Er redet ganz flüssig. Aber Sie müssen schon damit rechnen, dass da kognitive Einschränkungen vorhanden sind. Konzentration, Aufmerksamkeit und so. Vorhin dachte er, er wäre in Bamberg. Dabei haben wir ihm natürlich gesagt, dass er in der Frankfurter Uniklinik ist. Okay, dann bringe ich Sie jetzt zu ihm.»
    Winter wappnete sich für eine Enttäuschung. Im Krankenzimmer fand er den aknenarbigen André Bründl, der seinem Zwillingsbruder Mark frappierend ähnelte, immerhin ohne Schläuche am Körper vor, abgesehen von der dünnen Drainage, die aus dem Brustverband hervorlugte. Er trug eine Halskrause. Das alles war eine wesentliche Verbesserung zu dem letzten Zustand, von dem Musso Winter berichtet hatte. Eine ältere Frau mit Brille saß bei dem Kranken. Der Arzt sagte: «Herr Bründl, hier ist jemand von der Kripo für Sie», und verschwand. In Bründls fahlem Gesicht sah Winter so etwas wie Angst. Er stellte sich ohne Hektik vor. Dann bat er die Mutter Bründl, die breitestes Fränkisch sprach, ihn mit ihrem Sohn alleine zu lassen, das Gespräch sei vertraulich. «Gell, André, dann geh ich dir noch eine Limo kaufen», sagte die Mutter laut und in künstlicher Fröhlichkeit, als spräche sie zu einem Kleinkind. Kein gutes Zeichen. Bründl selbst hatte noch keinen Ton gesagt.
    Winter nahm sich den Stuhl, auf dem die Mutter gesessen hatte. «Verstehen Sie mich?», fragte er als Erstes. Bründl nickte mit einem Grunzen.
    «Ich habe erst mal eine gute Nachricht für Sie.» Hauptsächlich wollte Winter testen, wie klar Bründl im Kopf war und wie es um sein Gedächtnis stand.
    «Sie hatten ja vor, zwei Schädel aus Professor Graftons Sammlung datieren zu lassen», begann er.
    «Wird es gegen mich verwendet,

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