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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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wenn ich ja sage?», fragte Bründl. Winter grinste. Bründl war klar im Kopf.
    Er belehrte ihn als Zeugen. «Um Ihre eigenen Verfehlungen geht es im Moment überhaupt nicht», erläuterte er schließlich. «Ich ermittele gegen den oder die Personen, die auf Sie und Professor Graftons Hausangestellte geschossen haben. Gegen Sie hat meines Wissens noch niemand Ermittlungen eingeleitet. Sie können natürlich gerne Dinge für sich behalten, die Sie selbst belasten. Aber dass Sie sich im Hause Grafton aufgehalten haben, können Sie ja schlecht leugnen.
    Jetzt zurück zu der guten Nachricht, die ich für Sie habe. Wir haben diesen Ziegenschädel und den Babyschädel aus Graftons Schrank zu den Asservaten genommen und datieren lassen. Ich weiß die Zahlen jetzt nicht auswendig, aber es ist jedenfalls so, dass beide Schädel viele tausend Jahre jünger sind, als von Grafton immer behauptet. Wir werden am Ende der Ermittlung diese Ergebnisse an die Uni weitergeben.»
    Bründl lächelte schwach. «Gut», sagte er. «Wenigstens etwas.»
    «Ehrlich gesagt habe ich erwartet, dass Sie sich mehr freuen. Ich kenne die Geschichte mit Ihrer Doktorarbeit. Sie sind doch jetzt wissenschaftlich rehabilitiert.»
    «Das nützt mir nur nix mehr», sagte Bründl. «Ich bin jetzt Matsch im Kopf, Gemüse, ich kann für den Rest meines Lebens mit Bauklötzen spielen.»
    «Davon merke ich nichts. Sie wirken auf mich ganz normal.»
    Bründl schüttelte vorsichtig den Kopf. «Kann mir nix mehr merken, krieg nix mehr mit. Ich weiß schon wieder nicht mehr, wer Sie sind.»
    «Hauptkommissar Winter von der Frankfurter Kripo. Das wird mit der Zeit sicher besser werden. Letzte Woche lagen Sie noch im Koma, Ihr Gehirn braucht Zeit, um sich zu regenerieren.»
    Bründl schüttelte wieder andeutungsweise den Kopf. «Hirnschaden is Hirnschaden», sagte er düster. «Dadrin fühlt sich nix mehr so an wie vorher. Aber danke für die guten Wünsche.»
    Winter rückte seinen Stuhl näher an Bründl heran, dessen Prognose hoffentlich besser aussah, als er befürchtete. Aber wenn er aktuell wirklich so schlecht orientiert war, wäre die Aussage rechtlich verwertbar? Für seine Zwecke schon, entschied Winter, also ignorierte er das Problem und kam direkt zur Sache: «Herr Bründl, haben Sie die Person gesehen, die auf Sie geschossen hat?»
    «Keine Ahnung. Höchstwahrscheinlich, aber ich kann mich an nix erinnern. Ich weiß, wie ich morgens ins Auto gestiegen bin und zu Grafton fahren wollte. Ich weiß auch noch, dass ich den Rückspiegel justiert hab. Danach ist alles weg.»
    Winter unterdrückte einen Fluch. Warum hatte der Arzt ihm das nicht gleich gesagt? Dann hätte er sich die Fahrt hierher auch sparen können. Doch der Arzt hatte wahrscheinlich nicht die geringste Ahnung gehabt, worum es ging. «Haben Sie denn wenigstens eine Idee, wer es gewesen sein könnte?», fragte er schließlich.
    Bründl zuckte mit den Schultern. «Kann doch eigentlich nur Grafton gewesen sein, oder? Der muss irgendwie mitgekriegt haben, was ich vorhatte.»
    «Haben Sie bei Grafton je eine Schusswaffe gesehen?»
    «Kann mich nicht erinnern. Aber … sein Vater war bei der Army. Der hat doch bestimmt irgendein Gewehr vom Vater geerbt.»
    Winter verließ Bründl nun sehr bald, bestand aber gegenüber einem Pfleger darauf, den Arzt noch einmal zu sprechen. Es hatte einen Schichtwechsel gegeben. Der Arzt war jetzt eine Ärztin, auch sie blutjung. Er wusste nicht, warum, aber Winter fühlte sich immer alt, wenn er so junge Ärzte sah.
    «Leichte retrograde Amnesie», kommentierte die junge Frau seine Frage. «Und ja, Sie haben recht, es kann sein, dass die Erinnerung wiederkommt. Die Erlebnisse sind wahrscheinlich irgendwo gespeichert. Nur kann das Bewusstsein nicht darauf zugreifen. Wenn die Erinnerungen ins Langzeitgedächtnis übergehen, kann sich das ändern. Bei ihm ist wohl der Zugriff auf den Hippocampus gestört. Das ist mehr so ein Zwischenspeicher.»
    «Wie lange dauert das?»
    «Unterschiedlich. Ein paar Tage, ein paar Wochen oder ein paar Monate. Es gibt aber auch Patienten, bei denen die Erinnerungslücke auf Dauer bestehen bleibt.»
    Na toll. Es war wie verhext. Da gab es drei Leute, drei Zeugen, die wahrscheinlich oder sicher etwas wussten, nämlich Merle Vogel, André Bründl und Matthias Olsberg. Und alle drei konnten oder wollten aus unterschiedlichen Gründen nicht reden.
    Winter war schon am Gehen, da fiel ihm noch etwas ein.
    «Würde es der Erinnerung von Herrn

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