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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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hole schnell Steffen rüber.»
    Er telefonierte mit dem Kollegen Leibold, der eine Minute später in der Tür auftauchte.
    «Sag mal, Steffen, du meintest doch, es gab Anzeichen für Schwarzarbeit bei Thomas Vogel?»
    «Aber holla. Die regulären Kundenüberweisungen gingen auf das Firmenkonto. Dazu gab’s aber alle paar Tage Bareinzahlungen auf das Privatkonto.»
    «Wie viel kam da in bar zusammen?»
    «Im letzten Jahr waren es so an die fünfzehntausend. So viel hat er eingezahlt. Was er bar behalten und direkt ausgegeben hat, wissen wir ja nicht. Beim Finanzamt angegeben hat er nur die Einnahmen von dem Betriebskonto, das waren bloß achttausend. Alles unterschrieben vom Steuerberater. Natürlich haben die Vogels null Steuern gezahlt.»
    Damit hätten wir die nächste verdächtige Kontaktperson, dachte Winter und notierte:
Steuerberater überprüfen
. «Kann es sein», fragte er weiter, «dass Thomas Vogel einen Teil seiner Einnahmen schwarz angelegt hat? In irgendwas Transportablem? Goldbarren oder so?»
    «Weiß nicht. Ich müsste noch mal über die Konten drübergehen, ob mir irgendwas auffällt. Goldbarrenkauf kann auch in bar oder über das Konto von ’nem Vermögensberater laufen.»
    «Diamanten», murmelte Kollege Ziering plötzlich. Arno Ziering war klein, übergewichtig, rotbackig, knollennasig, rundschädelig und sechsundfünfzig. Man unterschätzte ihn leicht. Im Gegensatz zum würdevoll gealterten, grau melierten Heinz Glocke, bei dem es genau umgekehrt war. Zum dunkelbraun gefärbten Haarkranz trug Ziering einen ebensolchen Schnauz. Er und Winter tauschten einen Blick. Ein einzelner geschliffener Diamant konnte dreißig-, vierzigtausend Euro oder mehr wert sein. Eine Handvoll solcher Steine ergaben ein Millionenvermögen. Anders als Goldbarren waren Diamanten leicht und ließen sich perfekt verstecken und sehr unauffällig transportieren. Ideal für Schwarzvermögen.
    «Okay, Steffen», wandte Winter sich an Leibold. «Sieh dir die Konten und die ganzen Unterlagen noch einmal an. Vielleicht gibt es Kartenabhebungen oder Hotelbelege aus dem benachbarten Ausland, wo man Geschäfte mit Gold oder Diamanten gut tätigen kann. Belgien, Schweiz, Luxemburg oder so.»
    «Gut.» Leibold verschwand. Die ganze Zeit hatte er auf dem Sprung an der Tür gestanden. Steffen Leibold hasste Gruppensitzungen jeder Art und hielt damit auch nicht hinterm Berg. «Kostet bloß Zeit und Kraft und bringt nichts außer Kopfschmerzen», pflegte er zu sagen.
    «Also, spekulieren wir weiter», griff Winter den Faden wieder auf. «Unser Mann oder unsere Frau dringt in das abgeschlossene Gästezimmer der Vogels ein und sucht nach etwas, das dort versteckt sein soll. Zum Beispiel einen Anlagediamanten. Er findet den Schatz aber nicht. Kann sein, dass Thomas Vogel seine Preziosen vorsichtshalber in den Urlaub mitgenommen hat. Möglicherweise stellt der Einbrecher danach noch das halbe Haus auf den Kopf, wovon wir aber keine Spuren mehr gefunden haben. Tage oder Wochen später kommt die Familie nach Hause. Sie sehen die kaputte Tür und andere Spuren des Einbruchs, melden die Sache aber nicht der Polizei. Warum nicht?»
    «Das ist doch klar, das sieht ein jedä», rief Glocke in seinem charakteristischen, altertümlichen Frankfurter Dialekt. «Weil der Vogel der Polizei net sagen kann, ich hab da ein paar teure Klunker liegen, dadrin hab ich mein Schwarzgeld angelegt.»
    «Könnte sein. Oder Vogel weiß sogar, wer der Einbrecher war, weil nur eine bestimmte Person von den Diamanten weiß. Und er fürchtet, dass die Person ihn beim Finanzamt verpfeifen wird, falls er ihr die Polizei auf den Hals hetzt.» Während Winter sprach, unterstrich er
Steuerberater überprüfen
zweimal.
    «Vogel rechnet wahrscheinlich nicht damit, dass der Täter gewalttätig werden könnte», spann Ziering die Geschichte weiter. «Dummerweise kommt der Täter im Dezember aber in eine Situation, wo er wirklich ganz dringend Geld braucht oder wo er denkt, sich an Vogel für irgendwas rächen zu müssen. Jedenfalls dringt er in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag in das Haus ein, obwohl er weiß, dass die Vogels da sind. Er geht direkt zum Schlafzimmer, betritt es leise, wahrscheinlich mit einer Taschenlampe, und erschießt kaltblütig Frau Vogel, damit er nicht zwei Personen unter Kontrolle halten muss. Davon wacht Vogel auf. Der Täter befiehlt Vogel, ihn zu dem Versteck zu führen. Vogel weigert sich, macht Anstalten zu fliehen oder den Täter anzugreifen,

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