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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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«ihr müsst es nur annehmen, dann wird alles gut. Dann tut euch auch der Troll-Dämon nichts.»
    «Aber es ist doch gar nicht Papi, der das macht, es ist der Kitzel-Dämon!», protestierte Merle. Tausendmal hatte Sabrina ihr gesagt, es ist nicht Papi selbst, es ist der Kitzel-Dämon, von dem er besessen ist und der in seinem Penis sitzt.
    «Wenn ich auf Ananda bin, werdet ihr Tommys Frauen sein», behauptete Sabrina jetzt. Und dann wurden wieder ihre Augen starr und ihre Arme streckten sich und ihre Hände zuckten und Spucke schäumte aus ihrem Mund, und Merle wich zurück, weil sie Angst vor dem Tumor-Dämon hatte.
    Als der Dämon Sabrina wieder losgelassen hatte, zeigte sie auf den Revolver und sagte: «Wir machen es schon morgen früh. Es hat ja keinen Zweck, es aufzuschieben.»
    Als die Bettzeit kam, kroch Merle bei Wolke mit ins Bett. Sie wollte nicht alleine sein. Außerdem wollte sie aufpassen, dass Wolke nichts geschah. Manchmal dachte sie, dass Wolke sehr glücklich sein musste. Sie wusste von den ganzen Dämonen noch nichts.
    Irgendwann wurde sie wach und Licht brannte und der Papi war da und riss Merle schimpfend aus dem Bett. «Was machst du hier?» Er roch nach Bier und ließ sie einfach auf den Boden fallen. Dann legte er sich zu Wolke ins Bett, streichelte sie und Merle zischte er zu: «Du bist wie deine Mutter. Rumzicken, aber eifersüchtig sein, wenn man sich woanders sein Glück holt. Verschwinde.» Dann knipste er das Licht aus.
    Merle verzog sich nach nebenan in ihr Zimmer, legte sich ins Bett und weinte still vor sich hin. Sie wusste gar nicht, warum sie so unglücklich war. Dann fiel ihr ein, dass sie morgen früh den Tumor-Dämon erschießen musste. Alles war so furchtbar. Sie konnte nicht schlafen. Irgendwann mitten in der Nacht, als alles still war, dachte sie, dass sie es jetzt tun würde, dann hätte sie es hinter sich. Sabrina bewahrte den Revolver in Merles Rollköfferchen auf, damit sie nicht jedes Mal vor dem Üben in den Schuppen musste. Merle holte den Revolver heraus, den Mami schon geladen hatte, hielt ihn, wie Opa es ihr beigebracht hatte, und tappte zum Schlafzimmer. Die Tür war wie immer nur angelehnt, weil Thomas nachts oft raus musste und Mami von dem Knacken der Türklinke sonst aufwachte. Man konnte genug sehen im Schlafzimmer, ein silbriges Licht kam zu den Fenstern herein. Merle tappte ums Bett herum zur Seite ihrer Mutter. Sabrinas Kopf auf dem Kissen lag genau in dem silbernen Lichtstrahl und sah so friedlich aus. Bestimmt schlief auch der Dämon. Merle hielt den Revolver ungefähr so, wie sie es geübt hatte, aber ihre Hände zitterten furchtbar, weil sie die Waffe ja jetzt doch etwas höher halten musste und auch die Mündung nicht absetzen konnte, denn sie wollte den Dämon nicht wecken. Es ging so aber nicht. Also setzte sie doch die Mündung auf, machte die Augen zu und drückte ab. Und nach dem Knall und dem Ruck drückte sie einfach noch mal ab, weil Mami gesagt hatte, dass sie zweimal schießen musste. Dann durchfuhr sie ein riesiger Schreck. Thomas war wach geworden, wälzte sich aus dem Bett, lief zur Tür, machte Licht und brüllte sie an. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Merle war so aufgeregt, dass sie nicht verstand, was er sagte. Er stand in der Tür und versperrte ihr den Weg. Ohne nachzudenken, wusste sie, dass ihr gar nichts übrigblieb, als jetzt auch die anderen Dämonen zu töten. Sie hielt den Revolver mit beiden Händen so hoch sie konnte und versuchte, auf den Kitzel-Dämon zu schießen. Der Rückstoß war so stark und sie war so aufgeregt, sie konnte gar nicht mehr richtig zielen, sie hielt einfach die Waffe so hoch sie konnte und schoss alle Kugeln ab und wusste kaum, was sie tat. Am Ende war sie pitschnass geschwitzt und zitterte, dass ihr die Zähne klapperten. Der Papi war umgefallen und machte schreckliche Geräusche. Alles war so furchtbar. Merle wollte jetzt weglaufen. Aber sie musste ja am Papi vorbei. Dabei griff etwas nach ihrem Knöchel. Es war sicher der Troll-Dämon. Sie schrie und schrie und riss sich los und dann machte sie beim Gehen das Deckenlicht aus, damit es dunkel wurde und man die ganzen schrecklichen Sachen nicht sah.
    Erst flüchtete sie sich in ihr Zimmer. Sie saß auf dem Bett und japste nach Luft und konnte nicht glauben, was eben geschehen war. Dann fiel ihr ein, sie handelte in Mamis Auftrag, und sie musste alles richtig machen. Sie musste jetzt all das machen, was Mami gesagt hatte. Da ging es ihr schon besser.

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