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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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verdächtigen Umschlag auf. Auch innen stand kein Absender. Doch kein Zweifel, der Brief kam von Hendrik, vielmehr Sumathi. Um Himmels willen. Sie musste Sumathi sagen, dass er ihr so nicht schreiben durfte. Thomas würde sonst was mit ihr anstellen, wenn er den Brief eines Fremden an sie in die Finger bekam. Sie machte drei Kreuze, dass Thomas gerade bei einem Kunden war, verzog sich ins Hauswirtschaftszimmer und las.
    Liebe Sabrina,
    es kommt nun bald die Zeit, wo du Reisevorbereitungen treffen darfst. Zwischen Weihnachten und dem zweiten Januar dieses Jahres stehen Erde und Sonne in der energetisch günstigsten Konstellation für unseren Weg, sodass wir uns absolut sicher sein können, dass die Reise gut und angenehm verläuft. Zu anderen Zeiten ist die Reise dagegen mit Risiken verbunden, die wir am besten ausschließen.
    Damit du auf Ananda in Wohlstand leben kannst, müssen wir die irdischen Behörden ein wenig austricksen. Dein Weggang darf nicht wie ein Selbstmord aussehen, sondern er muss wie ein Unfall erscheinen. Ich empfehle dir zwei bewährte, sanfte Wege, den irdischen Körper zu verlassen, die ich beide in vergangenen Inkarnationen selbst erprobt habe …
    Die Vorschläge waren Folgende: Erstens, falls Frost sei, solle sie Silvester in einer bestimmten Kneipe im Taunus verbringen, viel trinken, sich verabschieden und behaupten, sie wolle zum Nachtbus, dann in den Wald gehen, sich ausziehen (dieses würden betrunkene unterkühlte Menschen häufig tun, weil sie dächten, ihnen sei heiß), liegen bleiben und warten, bis «die Kälte deine Seele aus dem Körper treibt». Zweiter Vorschlag: Der berühmte Föhn in der Badewanne. Sie müsse aber, schrieb Sumathi, mit einem der Kinder in die Wanne steigen, ansonsten würde von den Behörden Selbstmord vermutet. Die Kinderseele werde mitgehen auf die Reise, weil sie noch ein Teil von ihrer sei.
    Wie schön es wäre, mit den Kindern fortzugehen.
    Aber wenn er sie anlog … Sabrina war sich der Gefahr bewusst. Sie war oft genug belogen worden in ihrem Leben. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass ein Mensch einem anderen Menschen so etwas antun würde. Aber sie konnte sich so vieles nicht vorstellen, was dennoch geschah. Entweder war Sumathi ein Engel. Oder er war ein Teufel. Und sie wusste nicht, was von beidem.
    Ihr selbst blieb ja gar nichts, als zu vertrauen. Aber die Kinder …
    Sie grübelte eine Weile, dann wusste sie, sie konnte das nicht selbst entscheiden, sie brauchte Hilfe aus der Astralwelt. Sabrina rief Merle und Wolke herbei und befragte vor beiden Kindern das Orakel, ob sie mit ihr nach Ananda gehen sollten. Das Orakel sagte nein.
    Nachdem Sabrina sich beruhigt hatte, nahm sie Merle beiseite und schärfte ihr unter vier Augen noch einmal ein, wie sie sich verhalten musste, wenn sie bald mit Thomas und Wolke alleine sein würde. Merle sei jetzt ein großes Mädchen und werde an ihrer Mutter Stelle Tommys Frau werden. Sie müsse sich fügen, sie sei dazu bestimmt, seine Prinzessin zu sein, und sie würden zu dritt sehr glücklich werden, wenn sie es annahm. Man müsse sein Schicksal annehmen, schärfte Sabrina Merle ein, es sei vorherbestimmt.
    Merle wollte das alles nicht hören, nörgelte, fing von den Dämonen an. Sie hätte Merle nicht so viele Flausen in den Kopf setzen sollen aus Eifersucht oder Unzufriedenheit oder was auch immer an schlechten
vibes
Sabrina manchmal plagten. Es stimmte ja, was sie gegenüber anderen oft behauptete: Sie waren eine ganz besondere Familie, die ein großer Liebesglanz umgab. Nur manchmal war ihre Harmonie durch eine Dissonanz erschüttert, die aus Einmischungen von außen oder aus den Schatten der Vergangenheit kroch, der Vergangenheit von Thomas mit seiner Mutter, ihrer eigenen als ‹das Pfister›. Aber im Grunde war alles gut so, wie es war, es war perfekt, es hatte nichts Schmutziges. Sie wusste, Thomas liebte die Mädchen abgöttisch, genau wie sie es tat, vielleicht sogar noch mehr.
    Jetzt hörte sie draußen das Auto. Thomas kam. Sie richtete sich auf, um nach unten zu laufen. Da wurde ihr schummrig und ein wenig schlecht, und einen Moment später fand sie sich auf dem Teppichboden wieder und wusste nicht, wie ihr geschehen war. Als sie hochsah, stand Merle erschrocken vor ihr.
    «Mami?»
    «Alles in Ordnung, mein Herz», sagte sie, stützte sich ab und stand langsam und vorsichtig auf. Unten hörte sie Thomas rufen, mit Ungeduld in der Stimme (ja, sie hatte das Essen leider wieder vergessen). Sie

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