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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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ignorierte.
    Erst mal musste er sich den Rest des Bandes anhören. Er ging zurück in sein Büro.
    Glockes nächste Frage war:
    «Hat die Sabrina in letzter Zeit was gesagt, dass sie sich bedroht fühlt? Dass sie Angst vor jemandem hat?»
    Frau Pfister zögerte lange. Sehr lange.
    «Wissen Sie»
, seufzte sie schließlich,
«nicht direkt. Aber ich habe schon lange das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Ich hab sie auch mal gefragt, im Sommer vor zwei Jahren war das. Kind, hab ich gefragt, du hast doch was, ist vielleicht was mit dir und dem Thomas? Aber sie hat abgestritten, dass irgendwas wäre. Die Sabrina war immer so verschlossen.»
    Das bestätigte einiges, was Janine Paulus erzählt hatte.
    Nach Angaben, wie oft und wann zuletzt sie ihre Tochter gesehen habe und dass sie von Freunden und Bekannten nichts wisse, kam Frau Pfister auf ihren eigenen Mann zu sprechen. Er habe seine Enkelin Merle besonders geliebt und auch zu seinem Schwiegersohn Thomas ein gutes Verhältnis gehabt. Thomas, er und die Merle seien immer zusammen in den Wald, wenn die Vogels wie üblich ihren Sommerurlaub in der Einliegerwohnung in Allmenrod verbrachten.
«Mein Mann ist ja schon lange pensioniert. Aber als Förster hat er den Wald natürlich sehr geliebt. Er war jeden Tag im Wald unterwegs, als er noch konnte. Nicht wahr, Reinhard?»
    In der Ferne ein herzzerreißendes Gurgeln.
    Winter sprang auf, Gerät in der Hand, und lief zum dritten Mal zum Büro von Glocke und Ziering.
    «Sag mal, Heinz, der Mann war Förster? Warum um Himmels willen steht das nicht in der Akte?»
    «Kann ich dir genau sagen», antwortete statt Glocke Arno Ziering. «Sven hat Heinz gesagt, er soll das Protokoll kurz halten, die Leute seien ja unverdächtig. Dass der Förster war, höre ich jetzt auch zum ersten Mal. Das weiß Sven wahrscheinlich auch nicht.»
    Winters Augen blieben kurz an denen von Ziering haften. Dieser Mitarbeiter stand auf seiner Seite.
    «Warum, was soll denn dadran plötzlich so wichtig sein, was der von Beruf war?», fragte Glocke. Er war nicht fix darin, Zusammenhänge herzustellen. Solange er stur alle seine Informationen weitergab, anderen die Bewertung überlassend, war das nie ein Problem gewesen.
    «Denk mal nach», sagte Arno Ziering. «Ein Förster hat zumeist Waffen.»
    «Ja, na und? Sischä, der hatte ein paar Gewehre an der Wand hängen.»
    «Mensch, Heinz!», brauste Winter ungeduldig auf. «Für die Jagd wird gerne mal ein Magnum-Kaliber eingesetzt. Das ist sogar das Hauptanwendungsgebiet. Zur Nachsuche, oder wie das heißt. – Arno, lass mich mal grad an dein Telefon.»
    Während Winter Steffen Leibold anrief, den König der Datenbankrecherche, nörgelte Glocke verärgert: «Der alte Mann ist doch net im Rollstuhl nach Frankfurt gedüst und hat seine eigene Tochter umgebracht!»
    Unterdessen sagte Winter in den Hörer: «Steffen? Überprüf bitte mal, ob der Vater der Sabrina Vogel, ein Reinhard Pfister, wohnhaft in Allmenrod bei Lauterbach, einen Waffenschein hat und für welche Waffen.»
    Leibold meldete sich zehn Minuten später telefonisch zurück. «Volltreffer», sagte er. «Der Mann hat unter anderem einen . 44 er-Magnum-Revolver Marke Smith und Wesson. Das ist es doch, was du hören wolltest?»
    Damit lag Leibold richtig. Das war es, was Winter hören wollte.
    ***
    Es war eine Schneefahrt durch den Vogelsberg, die letzten Kilometer auf ungeräumten Straßen. Ein scharfer Ostwind trieb die dicht fallenden Flocken fast waagerecht. Winter fragte sich, wie sie später im Dunkeln wieder nach Hause kommen sollten.
    Das Haus der Pfisters war altes Fachwerk, wunderschön herausgeputzt, mit Blumenkästen, die so eingeschneit waren, dass man sie kaum als solche erkennen konnte.
    Frau Pfister öffnete die Tür. Sie war eher groß, eher schlank und trug Pullover und langen Rock aus brauner Wolle. Ihre glatte Kurzhaarfrisur betonte die Ähnlichkeit mit ihrer Tochter, nur dass ihr Gesicht gealtert war, die Zähne gelb und lang, die Haut fahl unter den geplatzten Äderchen, und ihr Ausdruck der eines stillen, depressiven Erduldens. Bei der Vorstellung, dass diese Frau die Täterin sein könnte, wurde es Winter mulmig.
    Nachdem Winter sich und Ziering vorgestellt hatte, wurden sie mit märtyrerhafter Resignation, aber vollkommener Höflichkeit hineingebeten. Vorm Haus parkte zur Verstärkung noch eine Streife, doch die Kollegen sollten nicht in Erscheinung treten, solange sie nicht gebraucht wurden.
    Frau Pfister führte die

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