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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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neue Verdächtige hinzugekommen sind.»
    Fock zog sich an der roten Fliege und stöhnte.
    «Meine Herren! Bekommen Sie endlich mal Ordnung in diesen Fall! Das ist mir alles viel zu chaotisch!»
    In diesem Moment betrat Steffen Leibold den Raum. Sozial unsensibel, wie er war, ignorierte er Focks erhabene Anwesenheit und die aufgeheizte Stimmung. «Ich hab den Halter, glaub ich», sagte er lapidar zu Winter. Er hatte Winters Notiz zum Autokennzeichen der gestrigen Einbrecher bearbeitet. «Ein Kalbacher Betrieb für Badsanierungen. Fährt einen Peugeot-Kastenwagen.»
    «Mensch, super, Steffen», lobte Winter. «Das ist garantiert der Richtige.»
    ***
    Winter fuhr direkt hin, nahm Steffen Leibold mit, obwohl der keine Lust hatte, sich von seinem geliebten Computer wegzubewegen. Winter wollte diesmal keinen Alleingang riskieren. Die Sache war zu wichtig.
    Sie hatten Glück. Der Klempnermeister namens Noll, dem die Firma gehörte, war in seinem Büro, einem abgeteilten winzigen Raum neben der Werkstatt, wo er am Computer an seiner Steuererklärung saß. Noll war ein sehr kleiner, sehr schlecht gelaunter Mann mit mausgrauem Haarkranz um die Glatze.
    «Gestern gab es einen Einbruch bei Thomas Vogel, einem Fliesenleger hier in Kalbach», begann Winter ruhig. «Daran war Ihr Wagen beteiligt. Was können Sie uns dazu erzählen?»
    «Scheiße», knurrte der Klempnermeister. «Aber ich hätt’s mir ja denken können.»
    In diesem Moment wusste Winter, dass Noll mit dem Tod von Thomas und Sabrina Vogel nichts, aber auch gar nichts zu tun hatte. Der Ton war der eines aufrechten Bürgers, der beim Falschparken erwischt worden war.
    «Wir warten», sagte Winter. Er und Leibold hatten sich nicht gesetzt, dazu war hier sowieso kein Platz. Leibold stand schräg hinter Noll und schielte ihm in die Steuererklärung.
    «Ja, ich geb’s ja zu, ich war gestern da. Der Vogel ist doch tot, da hab ich mir gedacht, ich lad mir was von dem Material ein, was er noch rumliegen hat. Wär doch eh alles auf dem Sperrmüll gelandet. Außerdem, der Mann hat mir derart geschadet zu Lebzeiten, da find ich, ich hab ein Recht, mir wenigstens ein bisselchen was zurückzuholen.»
    «Wie hat er Ihnen denn geschadet?»
    «Ja, Schwarzarbeit natürlich. Der Vogel hat die Preise verdorben, hat alles für lau unter der Hand gemacht, und dann noch im Sanitärbereich, wo der überhaupt nicht für ausgebildet war, der Pfuscher. Das hat er den Leuten aber nicht gesagt. Komplettbäder hat der angeboten. Der hat halb Kalbach die Bäder neu gemacht. Ich hätt den anzeigen sollen bei der Handwerkskammer. Anzeigen hätt ich den sollen. Hier, sehen Se mal –», er stand ruckartig auf und verschwand nach nebenan in die Werkstatt, kam mit einer Bananenkiste voll weißer Schachteln zurück. «Das hab ich gestern von ihm geholt. Kann ich alles wegschmeißen. Schrottarmaturen sind das, die sind in Deutschland gar nicht zugelassen.» Entrüstet entpackte er eine Waschbecken-Mischarmatur und hielt sie in die Höhe. «Ein Fachbetrieb darf so was gar net einbauen. Der war ein echtes Arschloch, der Vogel.»
    «Und deshalb haben Sie ihn erschossen?»
    «Was? – Natürlich nicht! Ja, ich hab doch mit dem Mord nichts zu tun, du lieber Gott! Das werden irgendwelche Spitzbuben gewesen sein, mit denen er sich eingelassen hat. Sie glauben doch nicht etwa …» Jetzt mischte sich Angst in den Blick, der zuerst nur ehrlich entrüstet gewesen war.
    Falls der Klempnermeister log, war er ein ausgezeichneter Schauspieler.
    Winter erfragte, wer gestern bei dem Einbruch mit dabei gewesen war. (Es waren der Lehrling und Nolls Frau, die aber von jeder Schuld frei seien: Noll selbst habe die anderen überredet.) Weiter erkundigte sich Winter, ob Noll ein Alibi für die Tatnacht habe (ja, denn am ersten Weihnachtstag abends hatte die ganze Familie Noll bis nach ein Uhr mit auswärtigen Verwandten zusammengesessen und Fondue verspeist). Winter stellte noch ein paar Fragen zu Nolls Verhältnis zu Thomas Vogel. Aber letztlich wusste er, das war vergebens. Noll war unschuldig an dem Doppelmord.
    So war das in diesem Fall: Einen Schritt vor, zwei zurück.
    ***
    Direkt nach seiner Rückkehr aus Kalbach wurde Winter in Focks Büro bestellt.
    Hildchen, die Sekretärin, wedelte im Vorzimmer nur bedenklich mit der Hand zum Zeichen, dass wieder einmal nicht alles zum Besten stehe.
    «Ich nehme an, Ihr Ausflug eben hat nichts Wesentliches erbracht?», begann Fock das Gespräch.
    Was soll das denn heißen,

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