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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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mit Sven Kettler ab. Binden Sie ihn ein.»
    Wie das funktionieren sollte, wusste Winter nicht. Doch er verkniff sich einen Kommentar.
    In der Tür stehend drehte er sich noch einmal um.
    «Chef? Mir ist gerade was eingefallen.»
    «Ja?»
    «Da kam doch vor ein paar Wochen so ein Fall rein mit einer lebensgefährlichen Pilzvergiftung. Wir hatten entschieden, nicht zu ermitteln, weil es nach Unfall aussah und nicht nach Mordanschlag. Aber das Opfer war eine Schulkameradin von Sabrina Vogel. Mit dem heutigen Wissensstand würde ich da gerne noch mal nachforschen.»
    «Pilzvergiftung? Wer hat das damals bearbeitet?»
    «Sven Kettler.»
    «Ach nein. Daher weht der Wind. Jetzt erinnere ich mich. Verdammt noch mal, Winter, hören Sie doch endlich auf, dem Kettler das Leben schwerzumachen. Ich verliere sonst allmählich das Vertrauen in Sie. Übrigens haben Sie sich in dem Fall Professorenvilla bislang nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Freitag früh noch haben Sie mir gesagt, Sie denken, der Professor war’s, weil er irgendwas vertuschen wollte. Die anderen Kollegen waren aber vielmehr der Meinung, der Anschlag hätte dem Professor selbst gegolten. Und jetzt erzählen Sie mir, es soll jemand aus dem Vogelsberg gewesen sein, der es auf die Putzfrau abgesehen hatte. Wirklich, Winter. Bekommen Sie mal Ordnung in den Fall!»
    Hildchen, die Sekretärin, grinste Winter zu, als er Focks Zimmer verließ. Er grinste zurück. Das half. Fock durfte man einfach nicht so ernst nehmen.
    ***
    Die kleine Merle ging Andrea Vogel einfach nicht mehr aus dem Kopf. Andrea bezweifelte, dass das Jugendamt genug tat. Das Mädchen hatte sie um Hilfe gebeten, sie trug denselben Nachnamen, und Andrea Vogel fühlte sich verantwortlich.
    Aber sie konnte nichts tun.
    Das alles hatte sie beim Essen ihrer Freundin Ulli geklagt, als die wie üblich am Freitag nach der Arbeit zu ihr nach Sachsenhausen gekommen war.
    «Schreib dieser Merle doch einfach mal eine Karte», schlug Ulli vor. «Die freut sich garantiert. Dann kann sie dir auch sagen, wie’s ihr jetzt geht oder was sie bedrückt.»
    «Aber ich habe ja gar keine Adresse», wandte Andrea ein, «das ist doch gerade das Problem.»
    «Das Jugendamt kann einen Brief von dir weiterreichen. Das machen die bestimmt. Steck ihn in einen offenen Umschlag, dann können sie reinsehen und sich vergewissern, dass du keine böse Pädophile bist. Dann müsste es eigentlich klappen.»
    Darauf hätte Andrea selbst kommen können. Aber manchmal, wenn ihr etwas besonders wichtig war, konnte sie nicht klar denken.
    Sie schrieb übers Wochenende einen kindgerechten Brief an Merle, in dem sie geschickt ein paar Fragen unterbrachte, und legte einen frankierten und adressierten Rückumschlag bei. Sie hoffte, das Mädchen konnte damit etwas anfangen und würde sich melden. Montagmittag gab sie den Brief beim Jugendamt ab.
    ***
    Glocke wollte mit nach Allmenrod. Da sie in dem Dorf wahrscheinlich mehr als eine Person zu befragen hatten, stimmte Aksoy gerne zu.
    «Wer fährt?», fragte sie auf dem Parkplatz in der Kuhwaldsiedlung.
    «Der erfahrenere Fahrer», dekretierte Glocke. Da er zweiundsechzig war, war klar, wer gemeint war. Aksoy nahm es als halben Witz, obwohl sie sich keineswegs sicher war, ob Glocke das nicht bierernst meinte. Im Wagen wollte sie vom Beifahrersitz aus das Navi einschalten. Heinz Glocke schob ihre Hand zur Seite.
    «Ein guter Fahrer braucht das nicht. Das ganze Gebabbel von dem Gerät, das irritiert nur. Außerdem kenn ich den Weg. Ich war doch schon da. Im Januar, wegen der Vogel-Geschischt.»
    Glocke war der Senior der MK   1 , ein Polizeiobermeister. Aksoy erinnerte sich gut an das, was Winter ihr vor Monaten erzählt hatte: Glocke habe sich in dem MK -internen Konflikt auf Kettlers Seite geschlagen. Sie war gespannt, ihn näher kennenzulernen.
    Heinz Glocke fädelte sich am Bad Homburger Kreuz nach Gießen ein. «Wie heißt die junge Kollegin noch gleich mit Vornamen?», fragte er. «Hilal», klärte Aksoy ihn auf, als ihr dämmerte, dass sie selbst gemeint war.
    «Wie?»
    «Hilal. Hi-lahl.»
    «Komischer Name. Ist mir zu türkisch. Weißt du was, ich sag einfach Hillu zu dir, so wie die Exfrau vom Schröder. Ihr Türken müsst euch anpassen. Sonst könnt ihr euch nie integrieren.»
    Aksoy zog eine Grimasse. «In der Schule bin ich Lali genannt worden. Wenn du Hilal nicht aussprechen kannst, dann sag Lali.»
    «Lali? Haha! Oder Lalli, gell?» Heinz Glocke klopfte aufs Lenkrad, so amüsiert war er.

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