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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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sich mit Dienstausweis vor und fragte den Fremden, wer er sei und was er von den Krombachs wolle. Derweil hielt Herr Krombach den Eindringling noch immer an einem Arm, und Frau Krombach hatte einen Zipfel seines T-Shirts in der Hand. Das Gesicht des Mannes war völlig ausdruckslos. «Gell, Jörg, wir haben das doch alles besprochen», redete Frau Krombach auf ihn ein, bevor er antworten konnte. Die Situation war absurd.
    «Worum geht es hier eigentlich?», fragte Aksoy in die Runde.
    «Ach, leckt mich doch alle am Arsch», brummte der Fremde, riss sich im Umdrehen von den beiden Krombachs los und zog ohne weitere Erklärungen ab.
    «Moment», sagte Aksoy, sprintete hinterher und stellte sich dem Mann in den Weg. Zwei Köpfe größer als sie, kräftig, mit einem Bauch, der sich unterm T-Shirt wölbte, und rotem, unrasiertem Gesicht stand er schwer atmend vor ihr. Sein emotionsloser, unbewegter Gesichtsausdruck war ihr unheimlich. «Können Sie mir bitte Ihren Namen sagen?», versuchte Aksoy einen möglichst unverfänglichen Anfang. Da streckte der Mann seinen Arm aus, schob sie zur Seite wie störendes Gebüsch und stieg über den Zaun. Sie gab auf. «Also naa, wirklich», rief im Hintergrund kopfschüttelnd Glocke, der sich inzwischen aufgemacht hatte, um Aksoy zur Seite zu stehen. «Junge Frau, was sollte denn das? Du kannst doch net alleine einen großen Mann stellen. Davon ab, die Leutchen haben sich doch selber geholfen.»
    Das war ja gerade das Problem: Die Krombachs hatten den bulligen «Jörg» abgewimmelt, bevor er sagen konnte, was er sagen wollte. Aksoy spekulierte, dass es mit dem Fall zu tun hatte.
    Herrn Dieter Krombach standen nach dem Zwischenfall Schweißperlen auf der Stirn. Weder aus ihm noch aus seiner Frau war etwas Glaubhaftes herauszubekommen. Brigitte Krombach, offenbar mit mehr Phantasie gesegnet als ihr sich auf «Ja» und «Nein» beschränkender Mann, behauptete schließlich, es gehe um eine Nachbarschaftsstreitigkeit, irgendwas mit Brennholz. Dabei verstrickte sie sich in Widersprüche, sodass Aksoy die Geschichte für entweder falsch berichtet oder ganz erfunden hielt. Nur den Namen des Streithahnes gaben die beiden Krombachs preis, aber erst, nachdem Aksoy ihnen klargemacht hatte, dass sie ihn sowieso herauskriegen würde: Jörg Krombach hieß der Eindringling. Es handele sich um einen jüngeren Bruder von Dieter Krombach, also den Onkel der verstorbenen Verena Tamm. Und ja, er wohne tatsächlich zwei Häuser weiter.
    Nicht lange danach verabschiedete sich Aksoy. Sie gab Glocke ein Signal, dass er selbst noch bleiben solle, doch das Signal kam nicht an: Glocke verabschiedete sich ebenfalls.
    «Uff», sagte Aksoy, als sie draußen waren und ein paar Meter Abstand vom Haus gewonnen hatten. «Was jetzt? Ich schlage vor, wir gehen als Erstes zu den direkten Nachbarn. Zusammen, oder teilen wir uns auf?»
    Glocke sah sie erstaunt an, dann blickte er auf seine Armbanduhr. «Es ist schon vier», verkündete er. «Und wir haben noch eine lange Fahrt. Für heute reicht’s. Außerdem, des bringt doch nichts mehr, wir haben doch schon gehört, was wir wissen wollten.»
    Nun war es an Aksoy, erstaunt zu gucken. «Was haben wir denn gehört?», fragte sie, an den Mercedes gelehnt.
    «Ja, dass der Mord an der Tamm mit der Vogel-Geschicht nichts zu tun hat. Wie wir vermutet haben.»
    «Oh.» Aksoy brauchte einen Moment, um sich zu fangen. «Ja, weißt du, Heinz», sagte sie schließlich, «ich fand diese Aussage von Herrn und Frau Krombach nicht gerade überzeugend.»
    «Wieso?», fragte Glocke irritiert und setzte sich auf der Fahrerseite in den Wagen. «Was war dadran net überzeugend?»
    Aksoy setzte sich
nolens volens
auf die Beifahrerseite, obwohl ihr gar nicht recht war, dass Glocke schon wieder das Steuer übernahm. «Krombachs haben uns doch überhaupt keine Informationen gegeben», erklärte sie. «Der Herr Tamm sagte aber, seine Schwiegereltern hätten einen Verdacht, und es soll Gerüchte im Dorf geben, wer der Täter ist. Außerdem haben Krombachs für meinen Geschmack viel zu heftig bestritten, dass die beiden Fälle zusammenhängen könnten.»
    «Ja, wenn sie es bestreiten, dann muss es wahr sein, oder was? Das ist aber eine komische Logik. Lernt man des auf der Fachhochschule? Mer darf net zu viel nachdenken, hat mein alter Dienststellenleiter immer gesagt.»
    Gegen solche Überzeugungen war nicht anzukommen. Aksoy streckte die Segel. Sie wollte jetzt vor allem nach Hause und Glockes

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