Schattenherz
besser, als hier einfach abzuwartenâ¦
»So. Das reicht!«, keuchte Svenni, nachdem er mit Anatols Hilfe die Teichfolie aufgeladen hatte. » Danke, ihr zwei, und schönes Wochenende noch!«
Als der Kleinlaster anrollte, verwandelte sich der Gedanke in Malins Hinterkopf in einen halsbrecherischen Plan.
»Sorry, Anatol«, murmelte sie, »ich hab da was zu erledigen.« Dann nahm sie Anlauf, stemmte sich hoch und warf sich zwischen Steinen, Teichfolie und zwei leeren Bierkästen auf die Ladefläche.
»Bist du verrückt geworden?!« Nach einer Schrecksekunde begann Anatol, neben dem Laster herzulaufen. »Malin! Was soll das denn werden?! Spinnst du?!«
Malin antwortete nicht. Eine Welle von Angst stieg in ihr hoch und das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Das ist Wahnsinn, was du hier machst! Spring wieder ab, solange es noch geht!
Svenni beschleunigte den Wagen, soweit es das holprige Kopfsteinpflaster zulieÃ, und Anatol begann zu rennen. »Malin!!!«
Malin schloss die Augen und hielt sich die Ohren zu, als könne sie so alles, was mit ihr und um sie herum geschah, anhalten und ungeschehen machen.
Ein dumpfer Aufschlag riss sie aus ihrer Starre.
»Anatol �!«
Er hatte sich bei der Landung auf der Ladefläche die Stirn aufgeschlagen. Ein Blutstropfen lief an seiner Schläfe herunter.
»Das darf doch nichâ wahr sein! Anatol! Hör auf! Lass das! Ich muss das hier alleine durchziehen, kapiert?!«
Statt einer Antwort legte Anatol beschwörend den Finger auf die Lippen und zog die Teichfolie über ihre beiden Körper.
Der Wagen kam an der Klinikeinfahrt zum Stehen.
»Alles klar?«, fragte der alte Siewers.
»Alles klar, Alter. Falls jemand was gemerkt hat, hast du mich angerufen, weil du hinten im Park was Verdächtiges gesehen hast. Aber da war der Klau schon passiertâ¦Â«
Die beiden Männer amüsierten sich königlich über ihren Coup und diskutierten noch eine gefühlte Ewigkeit lang über Umwälzpumpen und Fischfutter. Endlich öffnete sich die Pforte.
Der Wagen gewann schnell an Fahrt.
Um wieder frei atmen zu können, schlug Malin die Teichfolie ein Stück weit zurück. »Du blutest«, wisperte sie, als ob immer noch jemand in der Nähe wäre, der sie verraten könnte.
»Ich weië, sagte Anatol.
Der Regen hatte aufgehört und über ihnen flog â während der Wagen immer schneller werdend in Richtung Autobahn ratterte â ein sommerblauer Himmel dahin, garniert mit dicken weiÃen Wattewolken.
In der Klinik entdeckte man erst Stunden später, dass Malin Kowalski und Anatol Simons nicht auf ihren Zimmern waren. Der alte Siewers erklärte wahrheitsgemäÃ, dass seines Wissens keiner der Patienten unerlaubt das Gelände verlassen hatte, und beschloss, Svennis diebische Stippvisite so lange zu verschweigen, bis sich â vielleicht â jemand fand, der den blauen Kleinlaster bemerkt hatte. Bis zum Abend meldete sich niemand; wahrscheinlich, weil man sich mittlerweile so an die Anwesenheit des Wagens gewöhnt hatte, dass er niemandem mehr auffiel.
Der alte Siewerts dachte an seinen Goldfischteich und die nagelneue Umwälzpumpe, die Svenni ihm versprochen hatte, und beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen.
»Romeo und Julia in der Klapsmühle«, brummte er achselzuckend. »Meinen Segen ham se.«
Als der Laster das erste Mal hielt und Svenni zum Zahlen in das Tankstellengebäude ging, wollte Anatol von der Ladefläche springen. Aber Malin hielt ihn zurück. Auf dem Gelände herrschte reger Wochenendbetrieb und sie fürchtete, von einem der Ausflügler erkannt zu werden.
»Wieso denn erkannt? Meinst du, dein Bild geht jetzt schon fahndungsmäÃig über sämtliche Sender?«
»Quatsch! Aber wenn denen klar ist, dass wir mit Svennis Wagen abgehauen sind, hat vielleicht jemand die Autonummer durchgesagt: Der Fahrer eines blauen Kleinlasters mit dem amtlichen Kennzeichen â¦Â«
»⦠und woher sollte das jemand kennen? Svenni hat sich den Wagen bestimmt nicht offiziell bei seinem Meister ausgeborgt und das Büro in der Firma ist übers Wochenende dicht. AuÃerdem wird der gute Herr Siewers garantiert so tun, als ob er von nichts âne Ahnung hat.«
»Stimmt.«
»Und mich sucht sowieso keiner.«
»Warum eigentlich nicht? Ich meine, du bist über achtzehn und kannst machen, was
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