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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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überhaupt – allenfalls ’n bisschen wohlstandsverwahrlost. Jedenfalls keine Vorstrafen.«
    Helmut Gräther schüttelte den Kopf. »Das heißt doch noch lange nicht, dass die Kleine genauso harmlos ist, wie sich das anhört. Wir haben doch nicht die geringste Ahnung, was die drei vorhaben. Und wir dürfen einfach nichts riskieren, verstehst du? Alles, was nach Suizid aussieht, ist gut. Und wenn schon Gewaltanwendung durch Dritte, dann …«
    Â»â€¦ das nennt man Auftragsmord, Papa«, unterbrach ihn Nico.
    Â»Ich nenn das Notwehr!« Gräther sprang auf und brachte sein Gesicht so nahe an das seines Sohnes, dass dieser instinktiv zurückwich. »Mein Lieber, ist dir eigentlich klar, dass hier nicht nur meine Existenz auf dem Spiel steht?!«
    Nico Gräther kannte die plötzlichen Wutausbrüche seines Vaters nur zu gut, um zu wissen, dass Widerspruch zwecklos war. Ihm war klar, dass er sich früher oder später fügen würde; so war das schon immer, solange er denken konnte.
    Â»Also?« Er lehnte sich seufzend in die Sofapolster zurück. » Was schlägst du vor, Papa?«
    Nach zwei Tagen intensiver Arbeit war Kelly mit ihren Vorbereitungen so weit, dass der Brief an die JVA abgeschickt werden konnte. Sie scannte mittels iPhone ihren Studentenausweis ein und schickte ihn mitsamt dem Bittschreiben und dem Exposé ihrer angeblichen Facharbeit per Mail an sich selbst. Dann machte sie sich – sichtlich stolz auf ihr Werk – auf den Weg nach Emden, um dort im nächstbesten Internetcafé alles auszudrucken und zur Post zu bringen.
    Â»Tschüss, ihr Süßen!«, flötete sie zum Abschied. »Und tut nichts, das ich nicht auch tun würde!«
    Malin und Anatol schauten ihr nach, bis der feuerrote Mini auf die Hauptstraße einbog.
    Sie waren seit Tagen das erste Mal wieder allein. Seltsamerweise löste das bei den beiden regelrecht Befangenheit aus.
    Kelly hatte nach dem Eklat mit dem MP3-Player zwar ihre üblichen Flirtversuche wieder aufgenommen, aber das Ganze wirkte eher wie ein gewohnheitsmäßiger Reflex auf die Anwesenheit einer potenziellen Beute. Außerhalb ihrer turnusmäßig auftretenden Wimpernklimper-Phasen behandelte sie Anatol und Malin mit aller Selbstverständlichkeit so, als seien sie ein Paar. Sogar zu ein paar Anzüglichkeiten in Sachen »getrennte Schlafzimmer« hatte sie sich hinreißen lassen.
    Weder Anatol noch Malin hatten richtiggestellt, dass sie keineswegs ein Liebespaar waren.
    Nach all den aufwühlenden Ereignissen wieder auf sich selbst zurückgeworfen, fühlte es sich plötzlich reichlich merkwürdig an, zu zweit allein zu sein.
    Anatol brach als Erster das Schweigen. »Perfektes Timing«, sagte er.
    Malins Gedanken rasten. Oh nein! Was, um Himmels willen, meint er damit? Jetzt, wo alles auf dem Weg ist …, will er da etwa weggehen? Zurück in die Klinik?
    Â»Keine Idee, was wir heute für ’n Datum haben?«, hakte Anatol nach.
    Geburtstag? Malin überlegte krampfhaft, um was es sich handeln könnte. Nee. Geburtstag kann es nicht sein. Er hat gesagt, er ist Skorpion, und das heißt, er ist im Oktober oder November geboren. Aber möglicherweise ist Anatol ja katholisch und …
    Â»Gibt es vielleicht einen heiligen Anatol?«, fragte sie unsicher.
    Â»Was? Wie kommst du denn darauf?«
    Â»Na ja, ich dachte, du hast heute vielleicht Namenstag.«
    Â»Ach so!« Anatol lachte. »Okay, gar nicht schlecht getippt. Es gab tatsächlich ’nen heiligen Anatol. Bischof von Cahors, so etwa anno 500. Namenstag 3. Juli. Der ist allerdings schon vorbei.«
    Â»Dann weiß ich nicht …«
    Â»Komm«, sagte Anatol, nahm sie bei der Hand und zog sie ins Haus in den Raum, der mittlerweile »Anatols Zimmer« hieß. Er hatte seine wenigen Kleidungsstücke ordentlich in einer Ecke aufgestapelt und die Fleecedecke, unter der er schlief, wie eine Tagesdecke über die Luftmatratze gebreitet. Am Kopfende stand eine leere Weinflasche mit einer Kerze darin, daneben lag ein abgegriffenes Taschenbuch: Rosenwahn; ein Krimi von Ella Danz.
    Â»Rosen und Wahn?«, las Malin amüsiert. »Wie passend für zwei Klapsmühlenflüchtlinge! Hat Kelly das gekauft, bevor oder nachdem sie mein Band abgehört hat?«
    Â»Vorher«, sagte Anatol. »Manchmal hat sie scheinbar so was wie den sechsten Sinn. Es geht in dem Buch

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