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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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tatsächlich um genau so ein leer stehendes Haus wie das hier und zu allem Überfluss spielt das Ganze auch noch in Norddeutschland! Allerdings wird gleich auf einer der ersten Seiten ein Skelett unter den Rosen gefunden.«
    Â»Bu-huuu …« Malin hob die Hände, als wolle sie einen bösen Geist abwehren, und senkte die Stimme zu einem gespensterhaften Flüstern. »Wer weiß, was du demnächst unter Svennis Brombeerbüschen ausbuddelst …«
    Â»Apropos Buddel …« Mit einem schwungvollen Griff hinter den Kleiderstapel zauberte Anatol eine Piccolo-Flasche Sekt hervor. » Es hätte zwar dem Anlass entsprechend ’ne Magnum Taittinger oder Moët & Chandon sein sollen, aber die hier entsprach nun mal eher unserer Finanzlage. Und sie war bedeutend einfacher zu verstecken.«
    Â»Wieso denn verstecken?«
    Statt einer Antwort deutete Anatol mit einer kleinen Verbeugung auf das Luftmatratzen-Sofa. »Mademoiselle, wenn Sie bitte auf dem Kanapee Platz nehmen wollen?«
    Kurz darauf kam er mit zwei Gläsern – bestehend aus den Unterteilen zweier auseinandergeschnittener Plastikflaschen – aus der Küche zurück.
    Â»Herzlichen Glückwunsch«, sagte er, nachdem er den Inhalt der Flasche verteilt und Malin einen der improvisierten Becher in die Hand gedrückt hatte, »Sie belegen hiermit den ersten Platz in der Disziplin Verrückte heilen sich gegenseitig! Auf Ihr Wohl!«
    Â»Oh nein! Sag, dass das nicht wahr ist!« Um ein Haar rutschte ihr der Becher aus der Hand. »Nicht wirklich, oder?«
    Â»Doch! Heute ist es genau zwei Wochen her, dass du mit mir – sozusagen – ein Stillhalte-Abkommen getroffen hast!«
    Blitzartig fiel Malin die Szene wieder ein. Sie hatten zusammen unter dem Bluna-Schirm am Ende des Klinikparks gesessen und Anatol hatte ihr einen heiligen Eid geschworen: »In den nächsten vierzehn Tagen keine Selbstmord-Versuche mehr. Und danach sehen wir weiter.«
    Malin stieß mit Anatol an und trank einen winzigen Schluck lauwarmen Sekt. Dann legte sie ihren Kopf an seine Brust, schloss die Augen und begann, hemmungslos zu weinen.
    Die Angst, Verzweiflung und Trauer der letzten Wochen mischte sich mit dem Gefühl grenzenloser Erleichterung. Der Pakt mit Anatol erschien ihr rückblickend wie eine durch und durch kindische Idee.
    Aber irgendwie … scheint es funktioniert zu haben.
    Anatol legte ihr die Arme um die Schultern und wiegte sie wie ein kleines Kind.
    Sie küssten sich. Ein Mal, zwei Mal, dann länger und leidenschaftlicher, bis ihnen beinahe die Luft wegblieb.
    Â»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, flüsterte Malin, als sie wieder zu Atem gekommen war.
    Anatol lächelte. »Sag einfach: Ich dich auch.«
    Als Kelly aus Emden zurückkam und auf der Suche nach den beiden – wie immer ohne anzuklopfen – in Anatols Zimmer stürzte, stolperte sie beinahe über die wild auf dem Boden verstreuten Klamotten.
    Malin und Anatol lagen eng umschlungen nebeneinander auf dem Fußboden; halb zugedeckt mit Anatols Fleecedecke und so tief schlafend, dass sie nicht einmal Kellys erschrockenen Aufschrei hörten.
    Â»Oh, pardon«, sagte Kelly schließlich und zog sich auf Zehenspitzen zurück in den Flur. Dort schüttelte sie amüsiert den Kopf. »Und das nach ’nem halben Piccolöchen.«

Kapitel 11
    A ls Malin wach wurde, begann es bereits, dunkel zu werden. Der harte Holzboden war nicht gerade die bequemste Liegefläche und ihr unter dem rechten Schienbein eingeklemmter Fuß kribbelte, als hätten sich tausend Ameisen darüber hergemacht. Dennoch wagte sie kaum, sich zu bewegen, und genoss es noch einen Moment lang, den Kopf in Anatols Armbeuge gekuschelt dazuliegen und seinen gleichmäßigen Atemzügen zu lauschen. Dann stand sie auf und humpelte – so leise, wie es der eingeschlafene Fuß erlaubte – hinüber in ihr Zimmer. Einen Moment lang drehte sie unschlüssig ihren MP3-Player in den Händen. Sie hatte ihn nach Kellys Übergriff nicht wieder angerührt. Ein bisschen hatte es sich angefühlt, als sei Dakota ein für alle Mal verschwunden.
    Aber vielleicht brauche ich auch mittlerweile keine unsichtbare Freundin mehr…
    Sie hörte sich die letzten Sätze, die sie aufs Band gesprochen hatte, noch einmal an:
    â€¦ein einziger Anlass reicht normalerweise nicht aus, damit ein Mensch beschließt, sich

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