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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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sozusagen sicherheitshalber von sich und seiner Umgebung zu entfernen.
    Es sei denn, es ist was ganz besonders Schreckliches passiert …
    Anatol hatte ihr heute alles erzählt. Zuerst nur zögernd und bruchstückhaft, dann war es, als sei eine jahrelang unüberwindbare Barriere gebrochen.
    Malin holte tief Luft.
    Hallo, Dakota …, flüsterte sie. Und plötzlich war die seltsame Vertrautheit, die sie ihrer unsichtbaren Zuhörerin gegenüber empfunden hatte, wieder da.
    Ich muss dir was anvertrauen …
    Sie warf einen Blick auf die Grundstückseinfahrt. Kellys Wagen stand nicht an seinem gewohnten Platz; wahrscheinlich war sie nach Georgsheil ins Galaxy gefahren, um abzutanzen. Nach all der Arbeit sei ihr das von Herzen gegönnt.
    Ein dicker dottergelber Vollmond schien auf den Schreibplatz am Fenster. Malin setzte sich, legte ihren langsam wieder zum Leben erwachenden Fuß hoch und drückte den Aufnahmeknopf.
    Wir haben nicht miteinander geschlafen, Dakota. Noch nicht. Weil … Es ist … kompliziert.
    Nicht nur, weil keiner von uns beiden darauf eingerichtet war. Ich meine, wir hatten ja…
    Also: Keiner von uns beiden hatte schließlich irgendwas dabei zum Verh…
    Sie geriet ins Stottern, so, als sei Dakota tatsächlich eine lebende Person, vor der sie gerade eine Art Beichte ablegte.
    Jedenfalls … Sie räusperte sich. Jedenfalls wär es für uns beide das erste Mal und da will man schließlich nicht den Stress haben, von wegen schwanger werden und so. Und überhaupt muss man sich ja erst mal daran gewöhnen, dass man plötzlich …
    Ich meine: Ich war echt platt! Wer kommt schon auf die Idee, dass ein Junge mit zwanzig noch nie…
    Aber jedenfalls: Schön war’s trotzdem. Und wir müssen uns auf unsere Disziplin nicht wirklich was einbilden, weil…
    Ach: Ist ja auch egal! Und eigentlich geht es dich auch überhaupt nichts an, Dakota. Aber wenn man die ganze Zeit schon wie verrückt ineinander verliebt war und man hat’s gar nicht richtig gemerkt und dann ist plötzlich überhaupt nichts mehr unklar, dann fühlt sich das an, als wär man…in ’nem Raumschiff unterwegs. Als würde man raketenschnell immer höher und höher steigen, bis die Erde nur noch ein kleiner tintenblauer Fleck mitten zwischen lauter Sternen ist.
    So! Sie blies erleichtert die Backen auf. Das war jetzt purer Kitsch. Und das muss auch erst mal reichen, okay? Als Basis-Info sozusagen. Das Ganze ist nämlich ein bisschen komplizierter…
    Während Kelly am Tresen einen ersten Mai Tai »zum Aufwärmen« bestellte, betrat Nico Gräther das Galaxy.
    Â»Guck mal, noch so ’ne Spätlese!«, sagte einer der Jungen, die ihm auf dem Weg zur Raucherecke entgegenkamen. »Jetzt kommen die schon zum Sterben hierher!«
    Die anderen lachten.
    Â»Ey, Alter, keine Panik!« Ein zweiter Junge schlug Nico ein wenig allzu heftig auf die Schulter. »Wenn die Rente nicht reicht: ab dreiunddreißig gibt’s hier zehn Euro Freiverzehr!«
    Unter anderen Umständen hätte Nico sich für die blöden Sprüche und den schmerzhaften Schulterschlag revanchiert. Aber ihm war nur allzu bewusst, dass er nicht zum Vergnügen hier war. Wie auch immer die Sache ausging: Er musste um jeden Preis vermeiden aufzufallen.
    Kelly hatte den dunklen BMW, der ihrem Mini Cooper auf dem Weg nach Georgsheil gefolgt war, ganz offensichtlich nicht bemerkt. Das gab Nico Gelegenheit, sie erst einmal in aller Ruhe zu beobachten: Das Retro-Minikleidchen und die passenden High Heels stammten eindeutig nicht aus einem der üblichen Teenie-Billigläden. Sein Blick wanderte von ihrem ausgesprochen großzügigen Dekolleté zurück zu ihrem Gesicht. Lediglich die riesigen, leicht vorstehenden Augen waren dezent geschminkt. Aber Kelly brauchte ohnehin kein Make-up, um aufzufallen. Im Nu war sie von braun gebrannten Jungs umgeben, die sich trotz der dröhnenden Bässe geradezu darum rissen, mit ihr ins Gespräch zu kommen.
    Nico Gräther grinste zufrieden. Erfahrungsgemäß fiel es ihm nicht schwer, jüngere Konkurrenten auszustechen.
    Jetzt musste er sich nur noch eine passende Geschichte ausdenken.
    Malin hatte sich einen Becher Wasser geholt und hörte sich das, was sie aufgenommen hatte, noch einmal an, bevor sie weitersprach.
    Anatol sagt, das Gefühl, dass sein Körper was Schreckliches ist, hatte er

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