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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Ihr Herz schlug wild, und sie rang nach Atem. Sie ergriff eine Steppdecke, warf sie sich um die Schultern, sprang vom Bett herunter und scheuchte die Welpen auf, die neben ihr geschlafen hatten. Sie wollte bereits nur damit bekleidet Hals über Kopf aus der Burg stürzen, als ihr klar wurde, daß das zu unschicklich wäre. Mit einem Satz war sie bei ihrer Garderobe und streifte ein Hemd und einen Rock über, dazu ihr Reisegewand und ihre Stiefel, während ihre fünf gelbbraunen Welpen kläffend und schwanzwedelnd um sie herumtobten und sich zu fragen schienen, was dies wohl wieder für ein neues Spiel sei.
    Sie konnte nur noch an die Stallungen denken und überlegte, wie sie auf dem schnellsten Weg zu ihren Stallungen und ihrem Hengst gelangen konnte. Schon war sie drauf und dran, mit leeren Händen aus der Burg zu fliehen, als sie wie angewurzelt stehenblieb.
    Warte, bremste sie sich atemlos. Binnesman hatte gesagt, der Glorreiche werde nicht vor heute abend eintreffen. Was bedeutete, ihr bliebe noch der ganze Tag.
    Andererseits hatte der Erdkönig sie und alle in und um die Stadt über seine Kräfte gewarnt.
    Während sie sich noch besann, wurde ihr klar, was für ein Bravourstück dies darstellte. Es gab Zelte und Tiere, die man fortschaffen mußte, karrenweise Gepäck und Lagerbestände.
    Und je weiter man sich von der Burg entfernte, desto besser.
    Schlimmer noch, die Menschen waren aus ganz Heredon und allen umliegenden Gebieten nach Burg Sylvarresta
    herbeigeströmt. Noch nie hatte die Stadt mehr als
    einhunderttausend Menschen beherbergt, jetzt jedoch drängten sich auf den Feldern rings um die Burg siebenmal so viele. Wenn alle gleichzeitig flohen, wären alle Straßen hoffnungslos verstopft.
    Gaborn hatte sich entschieden, sie jetzt zu warnen, um ihnen so einen Vorsprung zu verschaffen. Statt in den Wald zu laufen, wie es ihr jeder Instinkt einzuschärfen versuchte, blieb Iome stehen und streichelte die Welpen einen Augenblick lang, dann schloß sie sie in ihrem Zimmer ein und eilte auf das Dach des Bergfrieds des Königs.
    Oben traf sie Gaborn an, der hinaus auf die Stadt blickte.
    Dort ging es zu wie im Tollhaus.
    Tausende von Menschen flohen schreiend und weinend auf den Dunnwald zu, viele mit nicht viel mehr als den Kleidern, die sie am Leib trugen. Andere rissen ihre Prunkzelte so schnell wie möglich nieder. Pferde scheuten und bekamen es mit der Angst zu tun, flohen vor ihren verzweifelten Besitzern.
    Dennoch befolgten nicht alle Gaborns Befehl. Viele im Lager waren noch nicht Erwählt worden und hatten Gaborns Befehl daher gar nicht vernommen. Zu Tausenden rannten sie in Richtung Burg, als wollten sie gesprochene Befehle hören oder gar die Burg verteidigen. Inzwischen hatten einige Leute beschlossen, daß es vernünftiger wäre, wenn man nach Norden, fort vom Dunnwald, floh. Blindlings strömten sie in Richtung Eels, einer Stadt gut zweieinhalb Meilen nördlich von Sylvarresta.
    Auf der anderen Seite des Lagers hatte König Orwynne gut fünfhundert Ritter aufgestellt. Weitere eintausend Lords aus Heredon standen bei ihm, bereit, nach Süden zu marschieren – jeder Lord oder Ritter in seinem Gefolge, der in der Lage war, ein Kraftpferd zu lenken.
    Es war keine ausreichend große Streitmacht, um sie Raj Ahten entgegenzuwerfen, aber eine mächtige, die nur auf solchen Kraftpferden ritt, die imstande waren, am Tag zweihundert Meilen zurückzulegen. Die Krieger sahen aus, als könnten sie es kaum erwarten loszureiten und würden nur noch auf Gaborn warten.
    Doch der König stand auf seinem Turm und besah sich den Irrsinn, den er selbst mit seiner Warnung durch die Erdkräfte angerichtet hatte. Er trug ein einfaches Reiterkettenhemd unter seinem Cape, dazu seine Reiterstiefel. Seinen Helm hatte er noch nicht aufgesetzt, so daß sein dunkles Haar bis auf die Schultern wallte.
    »Was machst du?« erkundigte sich Iome. »Du hast mich fast zu Tode erschreckt! Du hast uns alle fast zu Tode erschreckt!«
    Vergeblich versuchte sie, ihr Herz und ihren Atem zu beruhigen, indem sie sich eine Hand auf die Brust schlug.
    »Tut mir leid«, sagte Gaborn. »Ich habe die ganze Nacht dem Drang widerstanden, die Warnung auszugeben. Ich mußte ihnen soviel Zeit als möglich zur Flucht lassen, wollte aber nicht mit ansehen müssen, wie sie blindlings in die Dunkelheit hineinrennen.«
    Seine Stimme klang so reumütig, daß Iome wußte, er meinte es ernst. Er hatte nur das Wohlergehen seines Volkes im Sinn.
    Und doch mußte

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