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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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persönlich überreicht werden mußten. »Ich habe ein Geschenk bei mir, einen Gunstbeweis für Saffira«, sagte er. »Nicht bloß die Nachricht.«
    »Zeigt mir das Geschenk«, verlangte der Kaifba. Unter Mitgliedern der königlichen Familie wäre, bevor man um einen Gefallen bat, ein Geschenk von Gold oder Parfüm ein angemessener Gunstbeweis gewesen. Borenson fragte sich, ob solche Gegenstände die Soldaten nicht vielleicht in Versuchung führten. Die Männer hockten unruhig auf ihren Pferden.
    Er griff in seine Satteltaschen und nahm so viele Zwingeisen heraus, wie er mit einer Hand fassen konnte. Er hielt vielleicht siebzig in der Hand. »Es handelt sich um das Geschenk der Schönheit. Siebenhundert Zwingeisen der Anmut.
    Dreihundert der Stimmgewalt.«
    Unter den Soldaten erhob sich aufgeregtes Murmeln.
    Zwingeisen waren weit mehr wert als Gold.
    »Ruhe!« schnauzte der Unbesiegbare seine Männer
    unnachgiebig an. Dann starrte er Borenson feindselig an. »Und jetzt sagt mir die Nachricht.«
    »Ich soll ihr ausrichten: ›Obwohl ich meinen Vetter hasse, ist der Feind meines Vetters auch mein Feind.‹ Und dann soll ich sie bitten, Raj Ahten diese Nachricht in unserem Auftrag zu überbringen – im Namen des Erdkönigs.«
    »Bringt ihn um«, wisperte der Kaifba. Einige Soldaten bedrängten den Kommandanten mit demselben Rat. Ihre Pferde stampften mit den Füßen, sie spürten die Spannung in der Luft, das elektrisierende Kribbeln.
    Borenson machte sich auf den tödlichen Hieb gefaßt. Er zweifelte nicht daran, daß die anderen, sollte der Kaifba einen Tod befehlen, diesem Befehl nachkommen würden.
    Doch der Kommandant der Unbesiegbaren neigte den Kopf zur Seite, ging über den Befehl hinweg und dachte nach.
    Nach einer ganzen Weile fragte er: »Und Ihr glaubt das Große Licht aus Indhopal wird sich das anhören?«
    »Es ist nur eine Hoffnung«, erwiderte Borenson. »Der Erdkönig ist durch Heirat jetzt Raj Ahtens Vetter. Zudem haben wir Nachricht, daß Greifer Kartish und den Süden Mystarrias angreifen. Der Erdkönig hofft, den Konflikt zwischen ihm und dem Wolflord beilegen zu können, wenn stärkere Feinde uns beide bedrohen.«
    Der Unbesiegbare nickte. »Das klingt, als seien es die Worte eines Erdkönigs. Er ersucht um Frieden. Mein Großvater meinte immer, sollte sich jemals ein Erdkönig erheben, ›dann wird er im Krieg stark sein, aber stärker noch im Frieden‹.«
    Er sah zu dem Kaifba, und der Alte funkelte ihn wütend an, erzürnt, weil der Kommandant Borenson nicht auf der Stelle tötete.
    »Ihr werdet Eure Nachricht überbringen«, erklärte der Unbesiegbare. »Aber nur, wenn Ihr Euch bereit erklärt, Handschellen zu tragen, solange Ihr Euch in unserem Land aufhaltet. Ihr müßt geloben, unsere Gesetze nicht zu brechen – Ihr dürft den Palast nicht betreten und Ihr dürft keine Konkubine ansehen. Darüber hinaus werde ich die ganze Zeit an Eurer Seite reiten. Seid Ihr damit einverstanden?«
    Borenson nickte.
    Kurz darauf brachte ein Bursche die Handschellen – riesige Eisenfesseln, speziell für Männer mit Gaben der Muskelkraft angefertigt – und schloß sie um Borensons Handgelenke. Dann verband er die Handschellen mit einer Eisenkette hinter Borensons Rücken, damit er die Hände nicht heben konnte.
    Nachdem der Bursche seine Arbeit erledigt hatte, erwartete Borenson, er werde dem Unbesiegbaren einen Schlüssel übergeben. Doch das tat er nicht.
    Statt dessen ergriff der Unbesiegbare die Zügel von Borensons Pferd und führte es den Hang hinunter.
    »Habt Ihr den Schlüssel für die Handschellen?« erkundigte sich Borenson.
    Der Unbesiegbare schüttelte den Kopf. »Den brauche ich nicht. Ein Schmied wird sie entfernen – sollte das je nötig sein.«
    Borenson wurde unbehaglich zumute. Eine neue Angst
    überkam ihn. Raj Ahten brachte selten jemanden um. Er nahm den Menschen nicht das Leben. Sondern er stahl ihnen ihre Gaben.
    Ein Mann wie Borenson war ein phantastischer Fang.
    Der Unbesiegbare lächelte angesichts dieser Erkenntnis.
    Borenson hatte sich kampflos ergeben.
KAPITEL 15
Ein Volk wird aufgescheucht
    A
    m Morgen nach einer unruhigen Nacht wurde sich Iome einer Stimme bewußt, die wie eine Glocke durch ihren Kopf schallte: »Flieht, Ihr Erwählten, die Ihr auf Burg Sylvarresta wohnt. Ein Glorreicher der Finsternis wird kommen, und die Zeit ist knapp. Flieht in den Dunnwald. Flieht.«
    Der Befehl durchfuhr sie mit einer solchen Heftigkeit, daß jeder Muskel sich zu verkrampfen schien.

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