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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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gleißend helle Scheibe. Sie zog den Umhang aus Bärenfell fest um ihre Schultern.
    »Ich hab’s Euch doch gesagt, sie ist kein Geschöpf des Feuers«, frohlockte Averan. Sie ging zur grünen Frau und zog ihr die Kapuze des Umhangs hoch, damit sie sich darunter verstecken konnte. »Das Sonnenlicht behagt ihr ebensowenig wie unser Lagerfeuer.«
    »Vermutlich hast du recht«, meinte Baron Poll. »Ich möchte mich bei dem Eingeweide fressenden jungen Mädchen mit der avocadofarbigen Haut entschuldigen.«
    Roland lachte.
    Averan funkelte Baron Poll nur wütend an. »Und ich werde Euch noch etwas verraten, Baron Brotkorb…«, sagte sie und holte tief Luft, als wollte sie zu einer ausführlichen Erklärung ansetzen.
    Doch dann erbleichte sie, fing an zu zittern und verstummte.
    Sie zog den Umhang eng um sich, als ob sie sich ebenfalls vor der Sonne verstecken wolle.
    In ihren Augen lag ein abwesender Blick. Roland sah, sie zitterte nicht etwa, weil sie befürchtete, Baron Poll könnte ihr nicht glauben, sondern weil sie etwas sagen wollte, das ihr Furcht einflößte.
    »Nun red schon…«, forderte Baron Poll sie ungeduldig auf.
    Averans Augen füllten sich mit Tränen. Sie schlug beide Hände vor ihren Bauch, ließ sich hart auf den Boden fallen, dann wälzte sie sich auf die Seite und blieb keuchend liegen.
    »Bist du krank, Kind?« fragte Roland. Er stieg von seinem Pferd herunter.
    Averan starrte Roland und Baron Poll aus weisen, kleinen Augen an. Sie besaß eine Gabe der Geisteskraft und konnte sich weit mehr merken als jedes andere Kind, daher wirkte sie erwachsener, als bei ihren neun Jahren möglich schien.
    »Baron Poll«, fragte sie abweisend, »was werden wir mit der grünen Frau machen?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete der Baron. »Aber wenn sie aufhören würde, uns nachzulaufen, wäre ich um einiges glücklicher.«
    »Wenn sie uns nach Carris folgt, was wird Herzog Paldane dann mit ihr machen?«
    Baron Poll sah kurz zerstreut zur grünen Frau hinüber. »Das weiß ich nicht, Kind. Vermutlich wird er sie einsperren wollen.
    Sie ist sehr kräftig und gefährlich, und wir haben keine Ahnung, woher sie kommt und was sie will.«
    »Und wenn sie sich gegen ihn wehrt? Was, wenn sie
    versucht, sich zu schützen?«
    »Wenn sie einem Untertan seiner Majestät Schaden zufügt, wird er sie einsperren.«
    »Und wenn sie jemanden umbringt?«
    »Die Strafe dafür kennst du«, erwiderte der Baron.
    »Er wird sie töten, nicht wahr?« fragte Averan.
    »Vermutlich.« Baron Poll nickte und gab sich Mühe, der Feststellung einen Unterton von Mitleid beizumischen, das er ganz offenkundig nicht empfand.
    »Wir dürfen nicht zulassen, daß er sie tötet«, sagte Averan.
    »Auf keinen Fall können wir mit ihr nach Carris gehen.«
    »Aber wir haben eine Nachricht zu überbringen«, erinnerte sie Baron Poll. »Bei allem, was recht ist, wir hätten gestern abend unbedingt trotz des Unwetters weiterreiten sollen, nur war mir die Vorstellung unangenehm, Raj Ahtens Truppen im Dunkeln in die Arme zu laufen. Trotzdem haben wir eine Nachricht zu überbringen, und du, Himmelsgleiterin Averan, bist durch einen Eid verpflichtet, sie abzuliefern.«
    »Wovor fürchtest du dich?« fragte Roland, da das Mädchen offensichtlich im Begriff stand, vor Angst den Verstand zu verlieren.
    »Niemand aus meiner Familie hat je eine Sendung
    empfangen«, erwiderte Averan.
    »Und du glaubst, du hast eine empfangen?« fragte Roland.
    Das Mädchen krallte seine Hände ineinander und hielt sich den Bauch. Sie zitterte vor Aufregung.
    »Gerade habe ich etwas gesehen. Ich habe die grüne Frau gesehen, tot, am Ende eines Pfahles, draußen vor den Burgmauern.«
    Roland war kein gebildeter Mann, in Mystarria kannte jedoch jedes Kind die Legenden über die Sendungen.
    »Wenn es eine echte war, dann war es nur eine Warnung, und du kannst vielleicht noch verhindern, daß es soweit kommt.«
    Baron Poll kniff die Augen zusammen und kniete nieder, um näher bei dem Kind zu sein. »Du willst nicht nach Carris? Wir könnten die Stadt vermutlich umgehen, aber wenigstens einer von uns muß hinein.« Er zog die Möglichkeit nur kurz in Betracht, dann setzte er heftiger hinzu: »Nein, die Straßen sind bestimmt nicht sicher! Wir stehen uns besser, wenn wir zusammenbleiben. Ich bin ziemlich sicher, daß ich uns durch Carris führen kann, aber darüber hinaus verspreche ich nichts.«
    Roland war sich darüber im klaren, daß Baron Poll seine eigene Warnung wirklich glaubte

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