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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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wäre, wenn sie sich ganz nah heranschlich, auf eine Entfernung, bei der sie sich sicher fühlte. Ihr Herz schlug wie ein Hammer. Ihr Atem ging in unregelmäßigen Stößen.
    Wenn ich danebentreffe, bin ich tot, ging es ihr durch den Kopf. Ein einziger Schuß, zu mehr werde ich keine
    Gelegenheit habe.
    Der Glorreiche der Finsternis schleuderte Blitze. Sie würde keine Gelegenheit zu einem zweiten Schuß erhalten.
    Sie erreichte die Schwarze Ecke. Weiter vorne ragte das Tor, durch das man die Königspforte erreichte, in die Höhe – ein Monolith, der sich dunkler vor dem fast vollkommen schwarzen Hintergrund abhob.
    Unter dem Tor, beim Fallgitter, stand Zauberer Binnesman.
    Er hielt den Stecken über seinen Kopf und ließ ihn mit großer Gebärde kreisen, während er voller Ehrfurcht leise Worte sprach, die sie nicht hören konnte. Ein schwaches, grünes Licht ging von seinem Stecken aus, als wäre er ein glimmendes Stück Holz. Myrrima konnte ihn, vom Licht klar umrissen, deutlich erkennen. Sein unverwandter Blick war auf das Knäuel aus Dunkelheit gerichtet, das den königlichen Bergfried umgab.
    Etwas Seltsames war geschehen. Kein Wind strich pfeifend um den Bergfried, kein Blitz gleißte.
    Der Glorreiche der Finsternis schien verstummt zu sein.
    Er ist dort drinnen bei Iome, erkannte Myrrima. Bei dem Gedanken wurde ihr schwindelig, und sie geriet auf dem Pflaster ins Stolpern.
    Leise lief sie weiter, aus Angst, der Glorreiche der Finsternis könnte ihre Schritte hören.
    Plötzlich erscholl ein unmenschlicher Schrei aus dem Herz der Finsternis.
    Binnesman ließ seinen Stecken kreisen und sang triumphierend:
     
    »Adler der Unterwelt, verflucht sollst du sein!
    Für die Mächte der Erde, dein Tod werde mein,
    Dein Grab werde diese Stätte aus Stein!«
     
    Der Glorreiche der Finsternis legte die Hand an die Tür zu jener Kammer, in der Iome sich versteckte. An knarrenden Angeln schwenkte sie nach innen.
    Der Gang im Rücken der Bestie war düsterer als jede Nacht.
    Ein Finger, der aus Dunkelheit zu bestehen schien, tastete sich verstohlen durch den Raum. Die glühenden Scheite im Kamin erloschen.
    »Meine Dame!« jammerte der Junge mit dem Klumpfuß und stahl sich hinüber zum Feuer.
    Der Glorreiche der Finsternis knurrte leise irgendwo im Dunkeln. Ein Lichtblitz sirrte knisternd durch die Luft, passierte Iomes Kopf und explodierte an den uralten Wänden aus Holz.
    Sie hielt ihren kleinen Beutel mit Blättern und Wurzeln in die Höhe, in der Hoffnung, die Bestie damit abwehren zu können.
    Der klumpfüßige Junge erreichte das Feuer im selben Augenblick, als die letzten Kohlen erloschen. Er packte den schweren Eisenkessel. Wie einen Morgenstern schwenkte er ihn und schleuderte ihn auf die Tür.
    Der Sud aus Eisenkraut schwappte heraus und verteilte sich tröpfchenweise. Iome wurde mit dem nach Zitrone riechenden Sirup bespritzt.
    Der Glorreiche der Finsternis schrie gequält auf. Der gesamte Bergfried bebte.
    Eine Warnung von Gaborn hallte Iome durch den Kopf.
    »Duck dich!«
    Mit einem Satz war sie bei dem klumpfüßigen Jungen.
    Plötzlich erzitterte der Bergfried, als hätte ihn ein Erdbeben erschüttert. Überall gerieten die Mauern ins Wanken. Mit ohrenbetäubendem Krachen zersplitterte Holz, Steine knirschten. Körbe fielen aus den Regalen. Ächzend protestierten die schweren Balken der Decke gegen ihre Zerstörung.
    In völliger Dunkelheit sanken sechs Stockwerke aus Stein in sich zusammen.
     
    Während seine Soldaten sich neu formierten, sank Gaborn in einen ohnmachtsähnlichen Schlaf. Obwohl einige Männer es versuchten, gelang es keinem von ihnen, ihn wach zu rütteln, und nachdem er einen Augenblick auf seinen Herzschlag gelauscht hatte, sagte Sir Langley nur: »Bindet ihn auf seinem Pferd fest und laßt ihn schlafen, wenn er sich das in den Kopf gesetzt hat. Ich werde jeden auspeitschen lassen, der es wagt, seinen Schlummer zu stören.«
    In seinen Träumen schwebte Gaborn über einem großen, weitläufigen Gebäude.
    Es hätte der Blaue Turm sein können, in der Nähe der Höfe von Tide, überlegte er, obwohl Gaborn diesen nie betreten hatte.
    Doch nein, dieses Bauwerk wirkte schmutziger und düsterer als jedes andere. Weder schmückten Behänge die Wände, noch hingen irgendwo Lampen. Das Mauerwerk war alt, der Innenputz bröckelte ab. Das Gebäude war alt wie ein Verlies.
    Viele der grauen Steine, aus denen es errichtet war, waren gesprungen oder aus der Wand herausgebrochen. Doch selbst die

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