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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Bezeichnung Verlies schien nicht recht zu passen. Es handelte sich um eine Ruine, einen Irrgarten aus Mauern ohne Dach.
    In diesem feuchtkalten alten Gemäuer flohen Myrrima und Iome mit verbundenen Augen vor Raj Ahten. Gaborn hockte in einem metallenen, von einem mächtigen Baum herabhängenden Käfig. Starren Blicks schaute er auf den Irrgarten hinunter, sah durch die klaffenden Löcher im Dach.
    Er hörte das nasse Klatschen der Füße des Wolflords auf Stein, hörte ein Scharren, das ihn an Krallen erinnerte. Ab und an erhaschte er einen Blick auf Raj Ahtens ungeschlachten, massigen schwarzen Körper. Iome und Myrrima aber waren im Nachteil und schienen sich der Gefahr nicht bewußt zu sein – es sei denn, er warnte sie.
    Flehentlich rief Gaborn immer wieder: »Versteckt euch!
    Versteckt euch!« Doch jedesmal, wenn sie versuchten, sich in eine Ecke zu kauern, trottete das finstere Traumwesen schweren Schrittes unfehlbar auf sie zu.
    »Versteckt euch!« rief er warnend.
     
    Binnesman beendete den Sprechgesang seines Bannes und ließ seinen Stecken kreisen. Ein grünes Aufblitzen, einem ersten Anflug von Sommer gleich, der durch die Blätter birst, schoß aus seinem Stecken hervor und jagte auf den Bergfried zu.
    Das Licht durchdrang die Finsternis und ging verloren.
    Im Bergfried rissen die Steine und zersplitterten, als tonnenweise Felsgestein in sich zusammenstürzte.
    Der Feuerwirbel über dem königlichen Bergfried kreiste und zerbarst.
    Plötzlich erstrahlte am ganzen Himmel hellster Son—
    nenschein. Staub wirbelte durch die Luft, und Myrrima rannte zum Fallgatter und blieb an Binnesmans Seite stehen.
    Der Zauberer trug einen triumphierenden Blick im Gesicht.
    Myrrimas Miene war vor Schreck wie erstarrt.
    Der Bergfried des Königs war in sich zusammengefallen, und nur eine Ruine war geblieben. Auf dem Boden lag ein Steinhaufen von fünfzehn Fuß Höhe, über dem Staub in die Höhe stieg.
    Bruchstücke des Mobiliars und Fetzen der Wandteppiche schenkten dem Trümmerhaufen ein paar Farbtupfer, und ein steinerner Wasserspeier, der den oberen Teil des Bergfrieds geziert hatte, lag umgestürzt auf dem Haufen zertrümmerten Gesteins, und die Fratze, die er darstellte, grinste wie zum Hohn.
    Myrrimas Blick war starr, schockiert, ihr Verstand wie gelähmt.
    Binnesman sah sie kurz an. »Ich habe die Bestie eingesperrt«, erklärte er mit matter Stimme, »sie in der Erde versiegelt.«
    Voller Entschiedenheit stützte er sich auf seinen Stecken. »Wir wollen nur hoffen, daß ich ihn dort auch festhalten kann.«
    Myrrima ließ den Blick durch den Burghof vor dem
    Bergfried schweifen. Erst Minuten zuvor hatte sie Iome hier hineinreiten sehen. Jetzt konnte sie ihre Stute jedoch nirgends entdecken.
    Plötzlich erblickte sie das Tier, dort drüben, aufgespießt auf den Zinnen des Bergfrieds der Übereigner, achtzig Fuß hoch in der Luft. Sie deutete auf das Streitroß und rief: »Aber Iome war in dem Bergfried! Ihr habt sie zusammen dort eingeschlossen!«
    Taumelnd wankte sie in wachsendem Entsetzen zurück.
    »Nein!« schrie Binnesman.
    In Myrrimas Kopf erschallte eine deutliche Warnung. Der Erdkönig rief: »Versteckt Euch!«
    Und damit wogte der Hügel aus Steinen und Schutt, der einst der Bergfried gewesen war, in die Höhe. Felsbrocken wurden zur Seite geschleudert.
    Ein Wirbelsturm aus Flammen kreiste oberhalb des
    klaffenden Lochs, und abermals durchzog eine Finsternis den Himmel, vollkommener und schwärzer als zuvor.
    Binnesman stieß einen entsetzten Schrei aus. Myrrima fiel nichts Besseres ein, als dem Rat des Erdkönigs zu folgen. Sie rannte unter das Fallgatter und drückte sich zitternd mit dem Rücken an die Mauer.
    Wind erhob sich und fegte heulend durchs Fallgatter, peitschte gegen die Burg. Die Steinmauer in Myrrimas Rücken erzitterte unter der eisigen Bö, doch Binnesman stand inmitten dieses Sturmes, zeichnete mit der Spitze seines Steckens Runen in den Boden und brüllte Worte, die der Orkan ihm von den Lippen riß und davontrug.
    Der Anblick des Zauberers versetzte Myrrima in Erstaunen: Obwohl der Wind ihn umtoste, schien er ihn nicht zu berühren. Er hob nicht einmal den Saum seines Gewandes.
    Blitze zuckten aus dem Dunkel und explodierten zu seinen Füßen, doch Binnesmans Schutzbanne waren mächtig genug, so daß kein Blitz sie durchdringen konnte. Sein Stecken verstrahlte ein stetes grünes Licht, und der Erdwächter blickte entschlossen nach vorn.
    Er griff in seine Tasche und holte einen Opal

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