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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Jureems Worten soeben klargeworden war, jede Bedrohung im voraus zu erahnen.
    »Die kleinen Hunde mögen Euch«, meinte Kaylin versonnen.
    »Kennst du die Welpen gut?« fragte Myrrima. »Weißt du, welche Hunde von welchen Hündinnen geboren wurden?«
    Kaylin nickte ernst. Natürlich wußte er das. Das war doch der Grund, weshalb Groverman den Jungen in die Dienste des jungen Königs Orden entsandt hatte. »Ich will vier von ihnen«, bat Myrrima, leise, falls jemand zuhörte.
    Mit einem Schrecken wurde es ihr bewußt: Sie nahm die Hunde ihrem eigenen König weg, ohne zu fragen. Kaylin würde jedoch nie dahinterkommen, daß sie im Begriff stand, zu stehlen. Hatte er sie nicht soeben mit dem König und der Königin speisen gesehen? Der Junge würde glauben, sie sei irgendeine hochherrschaftliche Dame, die ein Recht auf diese Welpen hatte. Wenn sie hart arbeitete, hoffte Myrrima sich dieses Vorrecht wirklich zu verdienen. »Zwei für Durchhaltevermögen, einen für den Geruchssinn und einen für den Stoffwechsel. Kannst du mir die besten
    heraussuchen?«
    Kaylin nickte eifrig.
     
    Nach dem Frühstück gingen Iome und Gaborn für einen Augenblick auf ihr Zimmer, schlossen hinter sich die Tür und ließen ihre Days draußen im kleinen Nebenraum zurück.
    Iome gelang es nie, sich in diesem Raum völlig unbeschwert zu fühlen. Das riesige Bett mit den geschnitzten Abbildern von Narren und Herren in den Seitenteilen und den Ananasfrüchten am Kopfende war noch vor einer Woche das Bett ihrer Mutter und ihres Vaters gewesen. In der Truhe neben dem Erker, dort wo das Mondlicht am hellsten war, befanden sich die Parfüms und Schönheitsmittel ihrer Mutter.
    In den Schränken hingen noch immer die Kleidungsstücke ihres Vaters. Gaborn hatte einige eigene Kleider aus Mystarria mitgebracht, doch die ihres Vaters paßten ihm durchaus gut.
    Doch mehr als die Gegenstände in diesem Zimmer erinnerte sie dessen Duft an ihre Eltern. Sie konnte das Haar ihrer Mutter auf dem Kopfkissen riechen, ihre Körperöle, ihr Parfüm.
    Soll ich es ihm sagen? überlegte sie. Iome war mit Gaborns Kind schwanger, dessen fühlte sie sich sicher. Sie waren erst seit vier Tagen verheiratet, und Iome verspürte keinerlei Übelkeit. Frühestens in ein paar Tagen würde sie wissen, ob ihre Monatsblutung ausgeblieben war. Dennoch verspürte sie eine Fremdheit in ihrem Körper, und Myrrima hatte es heute ebenfalls bemerkt. Sie hatte behauptet, sie ›glühe‹.
    Aber war das Beweis genug? Iome bezweifelte das. Sie traute sich nicht, Gaborn von ihren Hoffnungen zu erzählen.
    Sie setzte sich auf die Bettkante und überlegte, ob es Gaborn nach ihr verlangte. Er jedoch ging bloß zum Erker hinüber und blickte lange, tief in Gedanken, Richtung Süden.
    »Hast du schon beschlossen, was du als nächstes tun willst?«
    fragte sie. Vor der Hochzeit hatte er ständig innerlich aufgewühlt darüber gegrübelt, wo Raj Ahten als nächstes angreifen würde. Als Erdkönig war er der Beschützer der Menschheit. Und nun schauderte es ihm schon bei dem Gedanken, ein Menschenleben zu nehmen, und sei es das Leben eines Feindes. Die morgendlichen Nachrichten von Raj Ahtens Angriffen hatten ihn zutiefst bestürzt.
    Sie hatte ihn ermutigt, auf die Jagd zu gehen, und darauf gehofft, wenn er ein paar Tage fort von seinem Zuhause wäre, könne er seine Gedanken neu ordnen, während gleichzeitig die Sorgen und Zweifel des Volkes beruhigt würden.
    »Wirst du Gaben übernehmen? Tausende haben sich dir als Übereigner angeboten.«
    Gaborn senkte nachdenklich den Kopf. »Das kann ich nicht«, erwiderte er. »Das wird mir immer klarer.«
    Vor einer Woche waren ihre beiden Väter ermordet worden.
    Anschließend hatte Gaborn Gaben übernehmen wollen – die Kraft von eintausend Mann, die Anmut von weiteren
    eintausend, das Durchhaltevermögen von zehntausend und den Stoffwechsel von hundert Männern – und sie alle dazu benutzen wollen, Raj Ahten zu erschlagen.
    Jetzt jedoch schien das Unterfangen ihn zu überfordern.
    Eines Mannes Gaben zu übernehmen war riskant. Ein Mann konnte durchaus bereit sein, sie abzutreten, trotzdem bestand stets Gefahr. Wer Muskelkraft abtrat, stellte womöglich fest, daß sein Herz plötzlich zu schwach zum Schlagen war und schied innerhalb weniger Augenblicke dahin. Wer Anmut abtrat, konnte sein Essen nicht richtig verdauen oder seine Lungen nicht genügend entspannen, um die Luft her-auszulassen, und wurde womöglich zum Opfer von Aus-zehrung oder

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