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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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näherte, ging plötzlich ein dumpfer Aufschrei durch die Menge, ein aufgeregtes Tuscheln. Wegen der unzähligen Zwischenrufe konnte Myrrima von hier oben den Namen des Kriegers, den der Ausrufer bekanntgab, nicht verstehen, trotzdem merkte sie sofort, daß dies kein gewöhnlicher Kampf war. Der Ausrufer, der auf der anderen Seite des Feldes sprach, war kein junger Bursche, sondern ein ergrauter alter Veteran mit einem scheußlich vernarbten Gesicht. Er trug keines Königs Waffenrock, der mit dem Wappen des Lords, dem er diente, verziert gewesen wäre, daher hielt Myrrima ihn für einen Unabhängigen Ritter, durch seinen Eid allein dem Kampf gegen das Böse verpflichtet.
    Am anderen Ende des Platzes ritt ein Ritter auf einem gewaltigen schwarzen Roß hervor, einem Ungeheuer von einem Pferd, dem man so viele Runen der Kraft eingebrannt hatte, daß es kaum noch wie ein Geschöpf aus Fleisch und Blut erschien, und das sich statt dessen mit der Sicherheit und Kraft eines zum Leben erweckten Wesens aus Eisen bewegte.
    Der Mann auf diesem Tier schien kaum weniger ein
    Ungeheuer zu sein. Der Bursche maß an Kopf und Schultern bestimmt mehr Breite als jeder andere Mann, dem Myrrima je begegnet war, ganz so, als strömte das Blut von Riesen in seinen Adern.
    Er führte den ungeschmückten Schild eines Unabhängigen Ritters, trug jedoch eine Rüstung von seltsam fremdem Stil.
    Der Schild selbst war geformt wie ein geflügelter Adler, aus dessen Auge ein einzelner Dorn ragte. Sein Helm war im Stil der Krieger aus Internook gehörnt, und sein Kettenhemd stach dadurch hervor, daß es ihm im Stehen bis über die Knöchel gereicht hätte. Jetzt, da seine Füße jedoch in den Steigbügeln steckten, bedeckte es diese sogar. Zudem reichten die Ärmel bis zu den Handgelenken. Der Mann war riesig, wirkte finster und nachdenklich.
    Er trug keinen Turnierpanzer als Harnisch. Sein Kettenhemd, so gut es auch gearbeitet war, würde von einer Lanze so mühelos durchbohrt werden wie ein Stück Stoff von einer Nadel.
    Dies war kein Tjost, wie man ihn gewöhnlich unter kleinen Lords sah. Bei den starken Runenlords, die Kraftpferde ritten, konnte jeder Stoß mit einer Lanze Knochen zersplittern oder das Innenleben eines Mannes in Gelee verwandeln. Kein Plattenpanzer ließ sich so dick fertigen, daß er einen Mann sowohl schützte, als ihm auch das Reiten eines Pferdes ermöglichte. Unter den Runenlords hatte sich die Kunst des Tjostes daher zu einer völlig neuen Form des Wettbewerbes gewandelt. Weder konnten diese Lords Stöße austauschen, noch vermochte ihre Rüstung viel zu ihrem Schutz beizutragen.
    Statt dessen waren Runenlords gezwungen, von ihrer
    Anmut, ihrer Geisteskraft und Geschwindigkeit Gebrauch zu machen, um Hieben auszuweichen oder diese abzuwehren.
    Das meisterliche Geschick eines Mannes bei seiner
    Verteidigung wurde zu seiner sichersten – im Grunde zu seiner einzig echten – Rüstung. Daher trugen nur wenige Runenlords Plattenpanzer, die sie in ihrer vollen Bewegungsfreiheit behindert hätten, sondern legten statt dessen Ring-oder Schuppenpanzer über dicken Schichten aus Leder oder Stoff an. Wenn Runenlords überhaupt jemals bei einem Turnier kämpften, dann entwickelte sich dies zu einem packenden Spektakel, bei dem Lords auf schnellen Kraftpferden aufeinander zustürmten und mit hundert Meilen in der Stunde krachend aufeinanderprallten. Männer sprangen von ihren Pferden, um den Hieben auszuweichen, klammerten sich an den Bauch ihres Pferdes oder vollführten andere außerordentliche Bravourstücke. Das war beste Unterhaltung und einem königlichen Turnier angemessen.
    Gleichzeitig war es ein Kampf auf Leben und Tod, den man nicht auf die leichte Schulter nehmen durfte.
    Der Lord hier trug keinen Turnierpanzer. Was bedeutete, daß dieses Ungeheuer nicht auf das Feld herausgekommen war, um für Reichtum und Ruhm zu kämpfen, sondern, um ein Leben zu nehmen – oder seines zu verlieren.
    »Sieh an, was haben wir denn hier?« meinte Schwester Connal. »Sieht interessant aus.«
    »Wer ist das?« bettelte Myrrima. »Wer tritt an?«
    »Der Hauptmarschall Skalbairn.«
    »Der Hauptmarschall hält sich hier in Heredon auf?« fragte sie benommen. Sie hatte den Mann nie zuvor gesehen, hatte nie gehört, daß er jemals die Grenze überquert hätte.
    Normalerweise verbrachte er den Winter in Beldinook, drei Königreiche weiter im Osten.
    Aber natürlich ist er gekommen, wurde ihr dann klar, gleich nachdem er gehört hatte, daß sich

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