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Schatteninsel

Schatteninsel

Titel: Schatteninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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Erwarten packte der Vater Markus’ Hemdsärmel nicht fester.
    »Gib mal her«, sagte er.
    Jenni hielt ihm die Puppe hin. Markus’ Vater packte sie und steckte sie in die Tasche.
    »Wir hatten mit Markus darüber gesprochen, dass kein Tand gekauft wird. Nicht wahr, Junge?«
    Markus lächelte mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Na los, geht schon«, sagte sein Vater, ließ Markus los und wandte sich ab.
    Markus blieb stehen. Er spürte, wie der Ärmel sich wieder auf seine Haut legte, und sah die beiden Mädchen an.
    Jenni wirkte erschrocken, lächelte aber. In Inas Miene las Markus ein rechthaberisches Das habe ich euch ja gleich gesagt . Er trat Ina auf die Zehen und boxte sie so fest in den Bauch, wie er nur wagte.
    Dann ging er weiter, langsam und gelassen, als wäre nichts passiert. Er hörte Inas pfeifenden Atem. Jennis Schritte, die ihm folgten. Markus lächelte, betrachtete den blauen Himmel und stellte sich vor, Jenni und er würden fliegen, ihre Sandalen würden sich vom Straßenpflaster lösen und niemand könnte sie an den Knöcheln festhalten.
    −
    Jenni erwachte von einem gedämpften Poltern. Es war hell. Aaron stand fertig angezogen vor dem Koffer, den er aufs Bett geworfen hatte, und faltete seinen Schlafanzug zusammen.
    »Fährst du weg?«, fragte Jenni. Ihre Stimme klang noch schläfrig, aber vollkommen beherrscht.
    Aaron warf ihr einen kurzen Blick zu und legte den Schlafanzug in den Koffer.
    »Ja.«
    »Und uns lässt du hier.«
    »Nicht unbedingt. Das hängt von euch ab.«
    »Besten Dank auch.«
    Aaron schloss den Koffer und tippte auf seinem Handy.
    »Du hast gesagt, du hättest ein paar Tage nichts anliegen.«
    »Ich hab immer was«, murmelte Aaron.
    Jenni stützte sich auf den Ellbogen und betrachtete Miro. Er schlief mit offenem Mund. Seine Decke hatte sich zu einer Schlange gerollt, die er umarmte.
    »Stimmt. Immer hast du etwas, das wichtiger ist als wir.«
    Aaron schüttelte langsam den Kopf.
    »Er versteht kein Wort«, sagte er. »Der Junge ist ein hoffnungsloser Fall.«
    Sekundenlang war Jenni sicher, dass er Miro meinte. Die Wut vertrieb den letzten Rest von Schläfrigkeit aus ihrem Kopf und wollte sich auch dann nicht legen, als Jenni merkte, dass Aaron von Markus sprach.
    »Ein hoffnungsloser Fall?«, wiederholte sie. »Das hast du bestimmt schon seit seiner Geburt gesagt.«
    »Jenni, red nicht über Dinge, von denen du nichts weißt.«
    »Außerdem hat Ina uns, soweit ich weiß, nur um einesgebeten. Dass wir warten. Wegen Markus. Wegen uns allen.«
    »Und wie lange? Bis nach der Wahl?«
    »Scheiß auf deine Wahl«, fauchte Jenni. »Machst du dir so wenig aus deinem eigenen Kind?«
    Instinktiv blickte sie zu Miro hinüber. Er lag immer noch in derselben Stellung da. Seine Schultern hoben sich in gleichmäßigem Rhythmus. Aaron schob seine Brille zurecht und las mit gerunzelter Stirn die Textmitteilungen auf seinem Handy.
    »Was ist aus unserem eigenen Leben geworden?«, fragte er ruhig. »Wir brauchen uns wegen der Vergangenheit nicht für das Heute schuldig fühlen, oder wie hast du es ausgedrückt?«
    »Du begreifst nicht. Ich will mich schuldig fühlen«, antwortete Jenni und schloss die Augen. Sie hatte geflüstert, doch in ihren Ohren klangen die Worte wie ein Schrei aus der Ferne. »Ich will Markus um Verzeihung bitten. Ich muss es tun.«
    »Na, du kannst ja versuchen, mit ihm zu schlafen. Vielleicht hat sein Körpergedächtnis die Fähigkeit noch gespeichert. Ina vögelt er bestimmt. Wo sonst sollte ein so graues Mäuschen Sex kriegen.«
    Aaron hatte die Augen immer noch auf das Handy geheftet. Seine Stimme war so leise wie zuvor. Als hätte er nur vor sich hin gemurmelt, was ihm gerade durch den Kopf ging, ohne die Absicht, jemanden zu kränken.
    Jenni ließ sich in die Kissen fallen und legte die Hände auf die Augen. Es war eine widerlich resignierte Geste, aber immer noch besser als das, was sie eigentlich tun wollte.
    »Aaron, bitte …«
    Sie hörte das Geräusch der Handytasten, Miros Atemzüge und das Rascheln von Aarons Kleidung, wenn er sich bewegte. Hinter ihren geschlossenen Augen sah sie rotglühende Gebilde, die ihr das nächtliche Leuchten und seine Widerspiegelung an der Zimmerdecke in Erinnerung riefen. Sie hätte Aaron gern davon erzählt. Vielleicht hätten sie sich gemeinsam darüber wundern und für eine Weile alles andere vergessen können. Vielleicht konnte man Vergangenes tatsächlich hinter sich lassen.
    Jenni versuchte das Gefühl heraufzubeschwören,

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