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Schatteninsel

Schatteninsel

Titel: Schatteninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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Gesichtern zum großen Plan des Schöpfers.
    Die Fischer beschlossen, länger auf der Insel zu bleiben als vorgesehen, denn ihre Beute war reicher als je zuvor. Sie fingen so viele Fische, dass sie einen Teil den Vögeln überlassen mussten, weil sie nicht schnell genug neue Fässer zimmern konnten. Die Männer sagten, mit dieser Beute könnten sie ihre Familien ernähren und obendrein reich werden. Zwei von ihnen wurden ausgesandt, volle Fässer auf der nächsten bewohnten Insel zu verkaufen. Es kam zum Streit darüber, wer am besten geeignet sei, den Handel abzuschließen, ohne zu verraten, wo sich ihr wundersamer Fischgrund befand. Als man sich geeinigt hatte, wurde eines der drei Boote mit Fässern beladen und losgeschickt.
    Jakob beobachtete das Treiben der Männer belustigt. Wenn sie nur wüssten, wie sehr er, der Apotheker und die Mannschaft des gekenterten Schiffes gehungert hatten. Wie allein die Fische, Vögel und anderen essbaren Lebewesen sie gelassen hatten.
    Eines Tages zappelte eine große Menge fremdartiger, schuppenloser Fische im Netz, die keiner der Männer je zuvor gesehen hatte. Verwundert betrachteten sie die auf den Felsen zappelnden Tiere, nahmen sie in die Hand und musterten die leuchtend roten Augen auf dem Rücken.
    »Iss nichts, was du nicht benennen kannst«, erklärte einer der Männer. Sein Vater hatte einmal einen unbekannten gehörnten Fisch verspeist und seine Sehkraft erst nach acht Tagen zurückgewonnen. Andere hielten dagegen, der Herr habe alle im Meer schwimmenden Wesen dem Menschen zur Nahrung bestimmt.
    Jakob weigerte sich zu essen, denn er war sich durchaus nicht sicher, wer die Lebewesen ins Meer gesetzt hatte, Gott oder Satan. Er sprach jedoch nicht über seine Zweifel, sondern ließ die Männer so handeln, wie es ihrer Natur entsprach.
    Am nächsten Morgen übergaben sich alle, die von den Fischen gegessen hatten, so heftig, dass sie jegliche Kraft verloren und ihre Hütte nur verließen, um ihren Magen zu entleeren.
    Während die Männer darnieder lagen, goss Jakob jedes Fass aus, in dem die unbekannten Fische gepökelt worden waren. Das Salz hatte die Kiemen und Flossen blassgrau gefärbt, doch in den Augen schimmerte noch ein schwaches Rot.
    Jakob ertrug den Anblick nicht.
    Als hätten aus der Hölle heraufgebrachte Scheite im Salz geglüht.

J enni lief weiter, obwohl sie Miro nicht mehr vor sich sah oder hörte. Der Mond schien hinter einem Wolkenschleier, und in seinem Licht nahm der Wald undeutliche, gespenstische Formen an, die es unmöglich machten, Entfernungen zu schätzen. Ein Zweig schlug ihr ins Gesicht, ihre Schuhspitze blieb an einer Wurzel hängen, sodass sie mit ausgestreckten Armen in die Dunkelheit stürzte. Sie setzte sich auf und rieb sich die Beine, bis das Gefühl zurückkehrte, kämpfte sich dann wieder hoch.
    Sie rannte vorwärts und blieb dank eines seltsamen, von der Angst geweckten Instinkts auf dem Pfad, über den sie schon einmal mit Miro gegangen war. Bei jedem Schritt schienen ihre Beine nachzugeben und in den Boden zu sinken, und die Formen der Äste und Felsen gruben sich wie Schattenbilder in ihre Augen, dehnten sich und zersprangen.
    Dann veränderte sich die Dunkelheit allmählich. Sie zog sich zurück, wurde zu blassem Zwielicht, das die rauen Baumstämme enthüllte, und die moosbewachsenen Felsen sahen aus wie die Schultern und Knie gefallener Riesen. Jenni blieb stehen und betrachtete das Zwielicht, das bedrohlicher wirkte als die völlige Schwärze.
    Ein roter Schein.
    Jenni hörte das Meer. Blickte in die Richtung, aus der das Geräusch der Wellen kam.
    Zwischen Bäumen und Felsen sah sie ein unruhiges rötliches Flimmern.
    Jenni rief nach Miro und beschleunigte ihre Schritte. Sie wich vom Pfad ab und lief direkt auf das Licht zu, erreichte den Waldrand und blieb an der Stelle stehen, wo der nackte Uferfels begann.
    Die Wellen schlugen gegen die Steine. Der rote Schein erhellte nahezu die ganze Bucht. Das Licht sprang von einer Seite zur anderen, zog sich mitunter weit vom Ufer zurück, als wolle es aufs offene Meer hinausziehen, kehrte aber immer wieder zurück. Sekundenlang vergaß Jenni ihre Angst und Miro.
    Wieso bewegen die sich so schnell, nichts bewegt sich so …
    Sie ging näher ans Ufer. Als sie unmittelbar an die Wassergrenze kam, nahe an der Stelle, wo die letzte Welle den Stein genässt hatte, hielt die schimmernde Bewegung inne.
    Jenni stand auf dem Felsen und betrachtete den erstarrten Schein. Die Brandung schuf die

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