Schattenjäger
uns gelingen würde, Valerians und Ethans Schiffen zu entkommen.«
»Was Sie nicht sagen?«, schnaubte R. M. »Fünf Wraith und eine Valkyrie von Val plus all das, was Ethan auf uns ansetzen wollte.«
Rosemarys Stimme war ganz ruhig bei der Erwähnung von Ethan Stewarts Namen. Es war, als sei er ein Fremder für sie, und nachdem Ethan sie so fürchterlich hintergangen hatte, nahm Jake an, dass sie tatsächlich so von ihm dachte. Nichtsdestotrotz hätte er, wenn ihn jemand hintergangen hätte – wie es der Frau, die da vor ihm lag und damit beschäftigt war, diese Drähte umzuklemmen, widerfahren war –, wäre er nie zu dem imstande gewesen, was Rosemary getan hatte: Sie hatte aus allernächster Nähe ein Gewehr auf die Brust ihres Ex-Geliebten abgefeuert. Ethan war wie ein Stein zu Boden gegangen, und Blut hatte eine rote Blume auf seinem weißen Hemd erblühen lassen.
Jake wandte den Blick ab. Auf eine Art war er dankbar für Rosemarys Kaltherzigkeit, denn sie hatte ihm und Zamara mehr als nur einmal das Leben gerettet.
Ich habe dir doch gesagt, wir werden sie brauchen, erinnerte ihn Zamara.
Ja. Das hast du.
»Und?«, hakte Rosemary nach, den Blick auf ihr Tun gerichtet.
Jake fuhr fort. »Na ja… ich wusste, was mit den Protoss geschehen war, als sie zum ersten Mal der Khala ausgesetzt wurden. Und da dachte ich mir: Wie war’s denn, wenn ich dieses Gefühl mit jedem in unserer Nähe teilen würde?«
Rosemary fixierte ihn mit ihren durchdringenden blauen Augen. Wie stets fühlte Jake bei diesem Blick etwas wie ein Flattern tief in sich. »Sie haben in der Khala alle miteinander verbunden, Jake?« Wut und ein Anflug von Angst glitten über ihr Gesicht. Er musste ihre Gedanken gar nicht lesen, um zu wissen, was sie sich gerade fragte: Würde auch ihr Gehirn neu verdrahtet werden, so wie es mit seinem geschehen war?
»Nein, nein«, sagte er. »Das ist nicht möglich. Zum einen sind wir keine Protoss. Unsere Gehirne können mit so etwas gar nicht unmittelbar umgehen. Und selbst die Protoss mussten die Khaydarin-Kristalle berühren, um es zu erleben, anfangs jedenfalls. Wie es heute ist, weiß ich nicht – so weit hat Zamara mich noch nicht unterwiesen. Was sie aber mit mir teilte, war die Erinnerung daran, was es für ein Gefühl war, und für einen kurzen Augenblick öffnete ich jedermanns Geist für alle anderen. Ihr alle… wir alle… haben den Rest besorgt.«
Sie betrachtete ihn sekundenlang, dann schüttelte sie den Kopf. »Wow«, war alles, was sie hervorbrachte, aber es kam von Herzen.
»Ja«, sagte Jake, und seine einsilbige Erwiderung klang gleichermaßen tief empfunden. Er fragte sich – wie er es bereits vor dem Sprung getan hatte –, ob dieser Augenblick, da fast eintausend Menschen eine klitzekleine Ahnung davon erhalten hatten, wie es war, wenn aller Gedanken und Herzen zusammengeführt wurden, mehr zur Folge haben würde als nur seine unmittelbare Flucht.
Er hoffte es.
Rosemary fluchte. »Das dachte ich mir. Du sollst in der Hölle verrotten, Ethan!«
»Was ist?«, fragte Jake besorgt.
»Er hat einen Spürsender ins Navigationssystem eingebaut. Er-«
- hat es hier reingesteckt, ein winziges Ding nur, das man leicht übersehen könnte, wenn man nicht wüsste, wonach man sucht und die miesen kleinen Tricks dieses Hundesohns nicht längst kennen würde -
»Hey!« Rosemarys Stimme wirkte wie ein Peitschenschlag, und die Wut, die sie ausstrahlte, war wie eine Rechts-Links-Kombination beim Boxen. Jake blinzelte. Sie war unter der Konsole hervorgekommen und stach so schnell mit dem Finger nach seinem Gesicht, dass er kaum sah, wie sie sich bewegte. »Scheren Sie sich verdammt noch mal aus meinem Kopf raus! Und wagen Sie das bloß nicht noch einmal, ohne mich vorher zu fragen. Haben Sie mich verstanden?«
Sie war für das, was sie dachte, über die Maßen wütend, aber Jake wüsste, dass es darum gar nicht ging. Sie hatte in allerjüngster Vergangenheit ein tiefgreifendes Erlebnis gehabt, das sie immer noch zu verarbeiten versuchte. Und außerdem erinnerte Jakesich – obschon er sich an die Vorstellung zu gewöhnen begann, dass seine Gedanken anderen bekannt waren, sobald sie ihm in den Kopf kamen – noch sehr gut an den Zorn, den er selbst empfunden hatte, als das alles anfing.
Ihre Wangen waren rot, und ihre blauen Augen funkelten. Jake fuhr zusammen. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte nur gern wissen, was los war, und habe gar nicht darüber nachgedacht. Wird nicht wieder
Weitere Kostenlose Bücher