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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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eingehämmert waren die Formen: gemeißelte Schnörkel mit scharfen Kurven, in die man dicken Golddraht eingelassen hatte, der glitzerte, während er Sphärenenergie in die verschiedenen Kanäle laufen ließ. Der ganze Raum summte vor magischer Kraft.
    Wenn ich den Kopf reckte, konnte ich die Granitplatten sehen, die sorgfältig auf dem Boden ausgelegt worden waren. Auch sie waren durchzogen von dem armdick gewundenen Golddraht. In einem Rechteck inmitten eines Pentagramms stand der Altar. Der fünfzackige Stern war wiederum umgeben von drei Kreisen, die die Neun Siegel beinhalteten, jedes davon an seinem vorgegebenen Platz. Zwischen dem äußeren Orbit des Drudenfußes und dem ersten, kleinsten der drei Kreise stand ein weiterer, kleinerer Altar. Dieser hatte die Kontur eines Delfinrückens – ohne die Flosse. Auch in seine Oberfläche waren tiefe Rinnen eingraviert, frische Kanäle, die aber bereits dunkel und verkrustet waren.
    Die ersten Opferungen hatten schon stattgefunden.
    Im Raum brannten mehrere Kerzen, deren Flammen zischend das Zwielicht erhellten. Ihr Geruch war widerlich süßlich. Die Fachleute nennen sie reine Talgkerzen.
    Laien beschrieben sie für gewöhnlich, und nicht ohne Grauen, als „gemacht aus menschlichem Fett“.
    „Himmel“, wisperte ich, und der Laut hallte vielfach in dem Gewölbe wider. Von mehreren Kohlenfeuern stieg Hitze auf. Dieser kleine Unterschlupf hatte einiges gekostet, vor allem wenn man sich all das Gold ansah. Diese Sorrow hatte eine Riesenmenge Geld springen lassen.
    Als Krone der Demütigung konnte man wohl den Umstand bezeichnen, dass ich völlig nackt war, abgesehen von dem Lederarmband, das sicher die Narbe verdeckte – unter der Handschelle. Mein Rubin war fort, ebenso wie der Silberring, den Michail mir geschenkt hatte. Die silbernen Amulette, die ich mit rotem Band und mit größter Sorgfalt in mein Haar geflochten hatte, hatte man entfernt. Und genauso war das sonst so tröstende Gewicht des Silbers in meinen Ohren verschwunden.
    Ich fühlte mich umso nackter.
    Bockmist. Naja, immerhin bin ich noch am Leben, richtig? Immerhin ein Anfang! Trotzdem ließ das entmutigende flaue Gefühl in meinem Bauch nicht nach. Denn wenn Belisa mich unter Drogen gesetzt, mir meinen Schmuck genommen und mich hierhergeschleppt hatte, dann konnte das nur einen Grund haben.
    Die tiefen Furchen mit den scharfen Kanten, durch die das Blut ablaufen sollte und die ich überall unter mir auf dem Altar spürte, verrieten mir unmissverständlich, was hier geplant war.
    Said. Hat sie Saul etwas angetan? Wie hat sie mich hierhergebracht? Ich schloss die Augen. Keine Panik, Jill. Behalte jetzt ja die Nerven, hörst du!
    Aber wie um alles in der Welt konnte ich die Ruhe bewahren? Hatte sie Saul verletzt? Hatte sie? Oder hatte sie ihn einfach nur ausgetrickst und war mit mir getürmt?
    In meinem Geist tauchte das Gebet auf. Du, der Du mich auserkoren hast, das Böse zu bekämpfen, beschütze mich und halte Deine schützende Hand über mich. Gewähre mir Kraft im Kampf, ein ehrenhaftes Leben und einen sauberen schnellen Tod, wenn meine Zeit gekommen ist …
    „Scheiß drauf“, flüsterte ich. Ich wollte noch nicht sterben!
    Es musste doch irgendeinen Ausweg geben. Selbst wenn sie mit den einführenden Opfern schon angefangen hatte, blieb mir wenigstens noch eine Stunde. Zumindest hoffte ich das.
    Ich ließ mir besser schnell etwas einfallen.

25
     
     
    Der Fels war eisig und mir tat der Kopfweh. Ich hielt die Augen geschlossen und atmete gleichmäßig ein und aus, während meine Narbe schon glühend heiß geworden war. So heiß, als würde jemand einen Schweißbrenner an meine Haut halten. Es fühlte sich an, als würde mein Arm brutzeln und verkohlen, als brenne sich das Mal durch mein Fleisch bis aufs Mark, aber ohne je dort anzukommen.
    Ob Perry tot war? Vermutlich. Ich hatte ihm mit Silbermunition das Hirn weggepustet. Sollte er das tatsächlich überlebt haben, war er mit Sicherheit reichlich angepisst – und kaum in der Stimmung, mir zu verzeihen. Wahrscheinlicher war, dass er mir die Narbe höchstpersönlich von der Haut ziehen würde, während er mein Nervensystem mit kranker Lust verseuchte.
    Falb er das je tut, Julian, dann nur, wenn du das hier überlebst. Was bedeutet, dass du die Sache erst mal überstehen müsstest. Über Perry kannst du dir also später Sorgen machen.
    Die Narbe war sengend heiß. Und als der erste Hauch von ätzendem Rauch in meine Nase stieg, war ich direkt

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