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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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was du, glaube ich, lieber nicht wissen willst. Wirklich nicht.« Er machte eine Pause. »Und das müsste dir eigentlich alles sagen, was du wissen musst.«
    Mit vorgeschobenem Unterkiefer schaute Evan in den Schnee hinaus, bevor er sich wieder Nolan zuwandte. »Warum bist du dann raus aus dem Irak? Wenn du nicht verwundet wurdest …?«
    »Ach ja, die Politik. Sie wollten mich versetzen, vielleicht zur CPA, vielleicht zur einheimischen Regierung. Was ich beides nicht gewollt hätte. Deshalb bin ich erst mal wieder zurück, eine Weile zumindest. Bis sich die ganze Aufregung legt oder bis sich wegen der ganzen anderen Scheiße, die dort tagtäglich passiert, niemand mehr dafür interessiert.«
    »Wie meinst du das? Was werfen sie dir vor?«
    »Einige Zeugen in Masbah behaupten fälschlicherweise, ich hätte das Feuer zu früh eröffnet. Dass dieses Auto schon angehalten hätte. Was natürlich kompletter Blödsinn ist, weil es weiter auf uns zukam und voll in uns reinfuhr, obwohl ich schon die ganze Windschutzscheibe rausgeschossen hatte. Aber sie wollten alles mir in die Schuhe schieben. Deshalb habe ich mich lieber abgesetzt.«
    Die nebulösen Erinnerungen in Evans Bauch begannen sich um Nolans Worte herum anzulagern, und die fast vergessenen Momente unmittelbar vor dem Angriff kamen mit bestürzender Intensität zurück. Es war nicht so, dass irgendwelche Zeugen im Irak die Unwahrheit sagten - diese Leute hatten gesehen, was passiert war, und waren mit der Wahrheit
herausgerückt. Und die Wahrheit war, dass dieser schießwütige Scheißkerl die Schuld an allem trug, was in Masbah passiert war: am Tod von Evans Männern und an Evans eigenem Leid.
    Ohne etwas von dem mitzubekommen, was in Evan vorging, fuhr Nolan fort: »Jedenfalls bin ich jetzt über Weihnachten zu Hause. Ansonsten akquiriere ich für Jack Allstrong. Du machst dir keine Vorstellung, wie viele Soldaten wie mich es hier gibt, die auf privater Ebene wieder in den Irak zurückwollen. Die privaten Sicherheitsunternehmen können sich vor Aufträgen kaum retten, und daran wollen natürlich auch wir teilhaben.«
    Evan dröhnte der Schädel. Um die Ränder seines Gesichtsfelds tanzten helle Lichtpunkte. Er schloss vor Schmerzen die Augen und hob die Hände, um sie vor sie zu halten.
    »Aber eigentlich bin ich hier«, fuhr Nolan plötzlich in sehr vertraulichem Ton fort, »um mit dir über Tara zu reden.«
    Evan öffnete die Augen. Der pochende Schmerz in seinem Kopf komprimierte sich zu einer winzigen, pulsierenden, stummen Kugel der Konzentration. Um Nolans Aufmerksamkeit nicht auf die Heftigkeit seiner innerlichen Reaktion zu lenken, ließ er die Hände ganz langsam sinken und rang seiner Gesichtsmuskulatur einen fragenden Ausdruck ab. »Über Tara? Was ist mit ihr? Geht es ihr gut?«
    »Doch, es geht ihr gut. Sehr gut sogar.« Nolan räusperte sich. »Die Sache ist die, weißt du, der eigentliche Grund, warum ich dich sehen wollte, ist, dass ich das Gefühl habe, es dir schuldig zu sein …«
    »Was?«
    »Dass ich dir persönlich sage, dass Tara und ich, na ja, dass
sich zwischen uns was anbahnt. Wir sind in letzter Zeit ziemlich viel zusammen. Deshalb hielt ich es für richtig, es dir zu sagen.«
    Evan spürte, wie sich seine Hände unter der Decke zu Fäusten ballten, aber eine verbale Reaktion fiel ihm zunächst nicht ein - bis er schließlich sagte: »Na schön. Dann weiß ich es jetzt.«
    »Ich kann es dir nicht verdenken, wenn du jetzt sauer bist«, sagte Nolan.
    Evans Nasenflügel blähten sich, und sein Atem schien in ruckartigen Stößen zu gehen. Aber er sagte: »Ich bin nicht sauer. Das geht mich nichts an. Wir hatten uns getrennt.«
    »Schon, aber ich habe sie nur kennengelernt, weil ich ihr in deinem Auftrag diesen Brief gebracht habe. Das macht die Sache ein bisschen heikel. Und deine Verwundung macht es auch nicht gerade besser.«
    »Na und? Möchtest du, dass ich dir verzeihe, oder was? Da bist du an der falschen Adresse, Mann.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Und ich habe auch kein schlechtes Gewissen. Ich wollte nur, dass du weißt, wie es dazu gekommen ist - damit du nicht denkst, dass ich es war. Den ersten Schritt habe nicht ich gemacht.«
    »Wie es dazu gekommen ist, interessiert mich nicht.«
    »Doch. Das solltest du aber wissen. Es war, als ich sie besucht habe, um ihr von deiner Verwundung zu erzählen.«
    »Du hast sie besucht? Wieso?«
    »Ich fand, ich wäre es euch beiden schuldig.« Nolan hob tatsächlich die rechte Hand. »Ich

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