Schattenkampf
hoffentlich bald begreifen, dass er nicht unbedingt gut beraten war, in direkte Konkurrenz mit Allstrongs bevorzugtem Subunternehmer zu treten.
Den Seesack über die Schulter geschwungen, ging Nolan aus der Garage in die Küche seines Hauses. Er durchquerte das Wohnzimmer und betrat das Arbeitszimmer, fuhr den Computer hoch und ging ins Schlafzimmer, wo er den Seesack aufs Bett warf. Dann kehrte er an seinen Schreibtisch zurück, checkte seine Mails und sah nach - das Wichtigste zuerst -, ob sein Gehalt überwiesen worden war. War es.
Nachdem das geklärt war, ging Nolan ins Schlafzimmer zurück und machte sich ans Auspacken. Mit einer Hose in der Hand, drehte er sich zum Kleiderschrank und öffnete ihn, und stutzte.
Irgendetwas stimmte nicht.
Nolan dachte nicht groß über seine vom Militär eingeimpfte Ordnungsliebe nach, aber wenn er morgens aufwachte, machte er ganz automatisch sein Bett, inklusive Krankenhausecken, und spannte dabei die Laken so straff, dass eine Münze von ihnen zurückprallte. Die Schuhe standen immer blankgeputzt und exakt ausgerichtet auf dem Boden des Schranks. Die Hemden waren, nach Helligkeit gestaffelt, mit
automatisierter und geübter Präzision im jeweils exakt gleichen Abstand aufgehängt.
Als er jetzt auf die Kleiderbügel blickte, konnte er sich zwar nicht mehr erinnern, wie er die Hemden und Hosen, die er auf die Reise mitgenommen hatte, aus dem Schrank geholt hatte, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass er die Bügel in so unregelmäßigen Abständen gelassen hätte, wie sie jetzt waren. Sein Blick wanderte zu dem Rucksack auf dem obersten Bord. Er hatte ihn genau nach der Trennlinie zwischen Hosen und Hemden ausgerichtet, doch jetzt befand er sich eindeutig ein Stück weiter auf der Hemdenseite. Er fasste nach oben und zog ihn, erleichtert über das gewohnte Gewicht, zu sich herab. Er öffnete ihn und sah, dass nichts fehlte - weder die Granaten noch die Waffe noch die Munition.
Das war eigenartig.
Vielleicht bildete er sich nur ein, dass die Kleiderbügel verschoben waren. Es schien ihm schwer vorstellbar, dass jemand bei ihm eingebrochen sein könnte, ohne Granaten und Maschinenpistole mitzunehmen.
Aber in so einer Situation sollte man es lieber nicht darauf ankommen lassen. Er holte die Beretta aus dem Rucksack, legte eins der Magazine ein und ließ eine Kugel in das Patronenlager schnalzen. Er warf den Rucksack neben dem Seesack aufs Bett und schaute ins Bad, wo sich der Einbrecher, falls er noch im Haus war, hätte verstecken können. Als er dort niemanden entdeckte, ging er durchs Wohnzimmer zur Eingangstür, um nach dem Klebstreifen zu sehen, den er an Tür und Schwelle angebracht hatte; er klebte an der Schwelle.
Jetzt bestand kein Zweifel mehr. Jemand war im Haus gewesen.
Von nun an ging er ganz systematisch vor. Er kehrte in die
Garage zurück und klopfte die an der Wand hängenden leeren Rucksäcke ab. Er wollte gerade die Schübe der Werkbank herausziehen, als er abrupt innehielt und sich aufrichtete.
Zwar konnte er sich nicht vorstellen, wie das möglich sein könnte, aber plötzlich kam ihm der Gedanke, dass der Khalil-Clan versuchen könnte, sich mit einer Bombe für den Tod ihres Familienoberhaupts zu rächen, falls es einem seiner zahlreichen Sippenmitglieder gelungen sein sollte, den Anschlag auf ihn zurückzuverfolgen - du ziehst eine Schublade heraus, und schon fliegt dir der ganze Laden um die Nase. Dank der Erfahrungen, die er im Irak mit USBVs gesammelt hatte, wusste er, dass für den Fall, dass im Haus eine Bombe versteckt war, möglicherweise jemand in der Nähe auf der Lauer lag, um die Bombe per Fernsteuerung zu zünden, wenn er ihn das Haus betreten sah. Eine dritte Möglichkeit war, dass Nolan die Bombe selbst zünden würde, während er einen der zahlreichen elektrischen Anschlüsse im Haus einschaltete. Jedes dieser Szenarien setzte jedoch voraus, dass jemand herausgefunden hatte, dass er der Mörder der Khalils war.
Was aus Nolans Sicht schlichtweg unmöglich war. Er hatte keinen Fehler gemacht. Deshalb gab es auch keine Bombe. Außerdem hatte er bereits den Computer und mehrere Lampen eingeschaltet. Er kehrte in die Garage zurück, und diesmal zog er alle Schübe der Werkbank heraus. Zurück in der Küche, verfuhr er genauso. Öffnete den Kühlschrank. Er hatte keine Ahnung, was eigentlich, wenn überhaupt etwas, er suchte. Jedenfalls war in seiner Abwesenheit jemand im Haus gewesen, und wenn der Betreffende nicht eingebrochen
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