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Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Titel: Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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und in zwei von diesen Fällen war es bei der Berührung geblieben. Beim dritten war das Mädchen so betrunken gewesen, dass er machen konnte, was er wollte, und das hatte er schnell hinter sich gebracht. Tove Byfjord erinnerte ihn an die Mutter eines Klassenkameraden, eine üppige, dunkelhaarige Frau, so energisch, dass ihm die Phantasie durchging, damals wie heute. Er versuchte, an Fischauflauf und Blutpudding zu denken, beides auf einem Teller. Das half. Ihm wurde schlecht.
    »Wann ist die Beerdigung?«
    »Die Beerdigung?«
    »Ja, sie wollen den armen Jungen doch sicher bald unter die Erde bringen.«
    »Er liegt im Rikshospital, und so lange wir nicht wissen, ob eine Straftat vorliegt, können wir ihn doch nicht freigeben?«
    Tove Byfjord ließ theatralisch das Kinn auf die Brust sinken und schüttelte langsam den Kopf.
    »Falls Sie also mehrere Monate brauchen, um der Sache auf den Grund zu kommen, soll der Junge einfach da liegen? Glauben Sie, wir haben da oben einen Kühlraum zur Verfügung, in dem alle Leichen aus Fällen, die dauern, bis in alle Ewigkeit warten können?«
    Sie atmete aus und schnaubte dabei wie ein Pferd.
    »Die Obduktion ist doch gelaufen«, sagte sie dann. »Sie haben doch bereits alle Unterlagen.«
    »Das schon.«
    Henrik kratzte mit dem Fingernagel auf seiner Hose herum.
    »Sorgen Sie dafür, dass die Formalitäten sofort erledigt werden«, fauchte sie, ehe sie sich gerade setzte und hinzufügte: »Oder nein. Vergessen Sie es. Das mache ich selbst.«
    Henrik Holme schwante, was jetzt kommen würde.
    »Sie müssen zugeben ...«, begann er und versuchte, seine Stimme fest klingen zu lassen. »... Sie müssen zugeben, dass es verdächtig wirkt, dass Jon Mohr Sander immer dann begleitet hat, wenn eine von diesen ›Bagatellen‹ vorlag, über die der Junge nicht reden wollte.«
    Er merkte, dass ihm der Schweiß aus den Achselhöhlen lief.
    »Ich habe schon ziemlich viel herausgefunden. Außerdem war der Tatortbericht total unbrauchbar. Die Kriminaltechnikerin war um drei Uhr morgens da, und sie war todmüde. Und Jon Mohr hatte schon alles weggeräumt. In dem Bericht steht nur, dass es an der Trittleiter keine Blutspuren gab, wohl aber auf dem Parkett im Wohnzimmer. Aber nur ganz leichte. Jon Mohr hatte eifrig geputzt, und das an sich weist doch schon auf ein schlechtes Gewissen hin.«
    Jetzt bildeten sich Schweißperlen an seinen Schläfen.
    »An der Taschenlampe gab es ebenfalls Blutspuren«, sagte er dann. »Die entscheidende Frage ist, ob Sander auf die Taschenlampe gefallen ist und sich den Schädel gebrochen hat oder ob die Taschenlampe benutzt wurde, um ihn niederzuschlagen. Mit demselben Ergebnis.«
    Tove Byfjord starrte ihn ausdruckslos an. Henrik beschloss, das als Aufmunterung aufzufassen.
    »Die Taschenlampe wies die Fingerabdrücke beider Eltern auf. Die deutlichsten stammten von Jon Mohr. Ich habe schon allerlei Pläne, wie es mit dieser Ermittlung weitergehen soll.«
    »Das ist ganz unnötig«, sagte die Polizeijuristin und holte so tief Luft, dass er noch mehr Einblick bekam in den blutroten BH. »Dieser Fall wird nämlich jemand anderem übertragen.«
    »Was?«
    »Das werden Sie doch sicher verstehen«, sagte sie sanft und herablassend. Sie erinnerte ihn immer mehr an die unwiderstehliche Mutter seines Klassenkameraden.
    »Trösten Sie sich damit, dass Sie mich überzeugt haben«, sagte sie. »Vielleicht haben Sie da etwas entdeckt. Sie sind über durchaus interessante Tatsachen gestolpert. Dieser Fall ist ernst, Henrik, und ich werde ihn einem erfahreneren Ermittler übertragen. Obwohl wir mit dem größten Fall in der Geschichte dieses Bezirks zu kämpfen haben, dürfen wir nicht blind für andere schwerwiegende Dinge sein. Geben Sie mir alle Unterlagen, bitte.«
    »Aber ...«
    »Her damit.«
    Tove Byfjord war aufgestanden und streckte ihm die offene Hand entgegen. Ihre Bluse war hochgerutscht. Er nahm den vagen Parfümgeruch wahr, als sie ungeduldig die Hand schüttelte und wiederholte: »Die Unterlagen. Jetzt.«
    Henrik öffnete widerwillig die oberste Schreibtischschublade und nahm die grüne Mappe heraus.
    »Danke«, sagte sie und griff danach. »Und die Kopien.«
    »Ich habe keine Kopien gemacht.«
    »Natürlich haben Sie das«, sagte sie gereizt. »Sie wissen, dass immer Kopien gemacht werden müssen.«
    »Ich habe keine Kopien gemacht«, rief er. »Glauben Sie mir!«
    Sie musterte ihn forschend. Henrik versuchte, nicht mit der Wimper zu zucken. Er riss die Lider

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