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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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ausprobieren?«
    »Siehst du irgendjemand rumstehen, der uns mal eben telefonieren lässt?«, fragte Mark spöttisch. »Und würdest du ihm vertrauen?«
    »Nein«, flüsterte Trey.
    Mark drehte sich um und ging los. Trey beeilte sich hinterherzukommen.
    Solange er Mark unmittelbar auf den Fersen blieb, ging es mit dem Laufen ganz gut, stellte Trey fest. Er richtete seinen Blick starr auf das graue Karomuster von Marks Hemd und sah weder nach oben oder unten noch nach links oder rechts. Aus diesem Grund geriet er ständig ins Stolpern und vermutlichwirkte es total lächerlich, wenn er wie ein Storch vor sich hin stelzte, für den Fall, dass ihm irgendwelche Baumstämme oder Unterholz vor die Füße kamen. Doch Mark sagte nichts dazu, er drehte sich lediglich hin und wieder um, um sich zu vergewissern, dass Trey noch hinter ihm war.
    Nachdem sie eine kurze Strecke gelaufen waren, zischte Mark über die Schulter: »Runter!« Als Trey nicht sofort reagierte, packte er ihn am Arm und zog ihn auf den Boden. Trey lag flach auf dem Bauch, das rechte Ohr in den Dreck gedrückt. Hörte er marschierende Schritte oder war es nur sein eigener Herzschlag?
    »Von hier aus kriechen wir«, flüsterte Mark.
    Trey fragte nicht nach dem Grund, sondern kämpfte stumm mit seiner Angst. Wie sollte er sich im Kriechen weiter auf Marks Hemd konzentrieren?
    Mark schlängelte sich bereits fort. Seine Stiefelspitzen glitten über eine Wurzel und plötzlich war er nicht mehr zu sehen. Trey war wieder allein.
    »Warte!«, flüsterte Trey verzweifelt und schob sich über die Wurzel. Mark wartete direkt dahinter in einer Kuhle voller Blätter und Dreck. Stillschweigend begann er weiterzukriechen und Trey folgte ihm, aus Angst, ihn wieder aus den Augen zu verlieren.
    Man konnte es nicht wirklich »kriechen« nennen, was sie dort taten. Es war mehr ein Rutschen und Gleiten. Mark hatte die Eleganz einer Schlange und wand sich unauffällig durch das Gestrüpp. Trey dagegen zerbrach Äste und zerdrückte Blätter. Nicht mal ein Elefant würde sich lauter und ungeschickter anstellen, fand er.
    He, Dad?
, rief Trey im Stillen.
Warum war es wichtiger, Latein zu lernen als das hier?
    Doch er kannte die Antwort. Sein Vater war davon ausgegangen, dass Trey kaum jemals mehr bewegen müsste als seine Augen, wenn sie über Bücherzeilen huschten, oder die Fingerspitzen, wenn sie Seiten umblätterten.
    Warum?
, fragte sich Trey.
Wenn du doch wusstest, dass ich mich nicht für immer verstecken würde –
    Doch das war zu nah an den gefährlichen Gedanken, mit denen er sich nie wieder beschäftigen wollte. Er zwang sich seine Konzentration auf Mark zu lenken und ihm zu folgen.
    Nach Stunden, wie es Trey schien – es mochten aber auch Tage gewesen sein   –, hielt Mark mitten auf einer kleinen Lichtung inne. Er schob sich neben Trey, streckte die Hand aus und flüsterte: »Ist es das?«
    Trey hob den Kopf, obwohl es ihn ängstigte, geradewegs in den Himmel hinaufzusehen. Knapp über den Kronen der höchsten Bäume erhob sich der Dachgiebel eines Hauses. Oben auf dem Dach thronte eine Kuppel. Mit zusammengekniffenen Augen entzifferte Trey auf der Spitze der Kuppel ein verschnörkeltes goldenes »G«. War das ein »G« für Grant?
    »Könnte sein«, flüsterte er zurück.
    Mark nickte und kroch weiter.
    »Das Gelände ist eingefriedet, glaube ich«, sagte Trey und versuchte sich zu erinnern. Er war in einem Auto zu den Grants gekommen, das zuvor durch – was, ein Tor? – gebraust war. Er hatte nicht darauf geachtet, weil er viel zu sehr mit seinen Sorgen beschäftigt gewesen war.
    »Ich weiß«, sagte Mark. »Peter hat mir alles erzählt.«
    Trey musste scharf nachdenken, ehe ihm wieder einfiel, dass Mark Smits meinte, dass Peter eigentlich Smits war. Dann musste er sich beeilen aufzuholen, ehe Mark hinter einem Baum verschwand. Als Trey bei ihm ankam, redete Mark immer noch.
    »Es führt ein Wall ums ganze Grundstück herum, aber er ist aus Stein; und auf der Rückseite, wo er dem Fluss am nächsten kommt, gibt es eine Stelle, an der ein Stein herausragt. Sie ist gerade breit genug, dass ein Junge durchkriechen kann. Peter und sein Bruder haben sich auf diesem Weg immer fortgeschlichen . . .«
    Trey war froh, dass Mark so gut Bescheid wusste. Er hatte gewusst, wo er den Pritschenwagen verstecken musste, dass der Fluss sie bis zum Haus der Grants führen würde, und auch jetzt wusste er genau, wie sie auf das Grundstück gelangen konnten. Trey hatte wirklich

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