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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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mit Hobart keine weiteren Fahrzeuge mehr. Die Landschaft, durch die sie fuhren, wirkte vollkommen verlassen und ohne jedes Anzeichen von Leben. Trey fragte sich, ob Hobarts Geschichten von den überall patrouillierenden Soldaten nur ein Produkt seiner Fantasie gewesen und auch die Nachrichtenberichte über Unruhen nichts als Propagandalügen waren. Zu Unruhen gehör ten Menschen und die waren nirgends zu sehen.
    Irgendwann hatte Trey jedes Zeitgefühl verloren, er wusste weder wie lange sie schon unterwegs waren noch wie weit sie noch zu fahren hatten. Plötzlich steuerte Mark den Wagen von der Straße.
    »Wa–, Mark! Wach auf! Du fährst Unsinn!«, schrie Trey,der überzeugt war, dass Mark ebenfalls in eine Art Wachtraum gefallen sein musste.
    »Ich fahre mit Absicht hier lang, du Dummkopf«, zischte Mark durch die Zähne, während er den Wagen einen steilen Feldweg hinablenkte. Direkt vor ihnen lag ein Fluss.
    Trey klammerte sich an das Armaturenbrett und kniff die Augen zu. Auf diese Art zu sterben hatte er nicht erwartet.
    Abrupt blieb der Wagen stehen. Da Trey weder einen dramatischen Satz über die Uferböschung verspürt hatte noch Wasser um seine Füße schwappte, machte er die Augen vorsichtig wieder auf.
    Sie standen in einem kleinen Wäldchen. Alles, was Trey durch die Windschutzscheibe erkennen konnte, waren dicke Äste und Blätter in grellen Rot-, Orange- und Gelbtönen.
    »Hat es hier eine Art nukleare Verseuchung gegeben?«, fragte Trey.
    »Hä?«, erwiderte Mark.
    »Die Blätter«, sagte Trey. »Sie sind – nicht grün. Gibt es hier radioaktive Strahlung? Sind wir hier sicher?«
    Mark fiel die Kinnlade immer weiter herunter.
    »Es ist Oktober«, sagte er. »Herbst. Hat dir nie einer beigebracht, dass die Blätter im Herbst die Farbe wechseln? Ist dir das noch nie aufgefallen?«
    »Oh«, sagte Trey. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Natürlich hatte er in Büchern schon Bilder mit Herbstlaub gesehen, doch es hatte nie so bunt und leuchtend gewirkt. »Ich war letzten Dezember zum ersten Mal im Freien«, sagte er entschuldigend.
    Mark starrte ihn an.
    »Hab ich das richtig verstanden?«, hakte er nach. »Du hast bis letztes Jahr noch nie einen Fuß vor die Tür gesetzt?«
    »Nein«, sagte Trey.
    »Hast du je aus einem Fenster geschaut?«
    »Nein. Das war zu gefährlich.«
    Marks Kinnlade berührte nun praktisch den Boden, so verblüfft schaute er drein.
    »Also, ich . . .«, setzte er an. »Also, ich glaube, wenn ich noch nie im Freien gewesen wäre, würde ich die Augen aber aufmachen, wenn es endlich so weit ist.«
    »Tue ich doch!«, sagte Trey.
    »Nein, tust du nicht. Du hattest die Augen fast den ganzen Weg über zu.«
    »Nein, hatte ich nicht!«
    »Und ob! Ich wette, wir sind an zig Bäumen mit Herbstlaub vorbeigekommen. Warum hast du da nicht gefragt, ob sie verstrahlt sind?«
    Bei genauerem Nachdenken erinnerte sich Trey tatsächlich an einige bunte Streifen am Wegesrand. Aber er würde Mark gegenüber nie zugeben, dass er, wenn er es wagte, aus dem Fenster zu sehen, meist nur schnelle, ängstliche Blicke riskierte. Er hatte die Augen zwar offen gehabt, nur hatte er die meiste Zeit auf das Armaturenbrett gestarrt.
    »Egal«, sagte Mark plötzlich mit rauer Stimme. »Macht nix.« Er trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. »Ich denke, wir müssten bald da sein. Wenn wir den Wagen hier verstecken und den restlichen Weg zu Fuß gehen, fallen wir nicht so doll auf.«
    »Wir wollen keinen Verdacht erregen«, stimmte Trey zu.Er mochte vielleicht keine Ahnung von Bäumen und Blät tern haben – na, wenn schon! Wenigstens konnte er mit besseren Ausdrücken aufwarten als mit »nicht so doll auffallen«.
    »Ähm, ja«, sagte Mark. »Ich hab Karten, wie wir zur Stadt rüberkommen, und Peter   – Smits . . . oder wie immer er heißt – hat mir gesagt, wo sein Haus steht. Also weiß ich, wo wir hinmüssen. Aber, ähm . . .«
    Trey wartete, aber Mark schien nicht gewillt weiterzusprechen. Er saß einfach da und starrte durch die Windschutzscheibe auf die Äste und das leuchtende Blattwerk.
    »Was?«, drängte Trey.
    »Bis jetzt waren wir nur auf Nebenstrecken unterwegs«, sagte Mark. »Ich bin allen Ansiedlungen ausgewichen, wenn’s ging. Aber jetzt . . . Ich war noch nie in einer Stadt. Gibt’s da irgendwas, was ich wissen muss? Damit ich nix falsch mache, meine ich?«
    Trey musterte Mark, in seinem Flanellhemd, den ausgeblichenen Jeans und den klobigen Arbeitsstiefeln. Hoffen und Bangen spiegelten

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