Schattenkrieg
erteile Ihnen nun einen sehr wichtigen
Befehl
. Ich möchte, dass Sie diesen
Befehl
sehr sorgfältig befolgen.
Denn wenn Sie diesen
Befehl
nicht befolgen, werde ich Sie eigenhändig vor ein Kriegsgericht zerren und dafür sorgen, dass Sie die nächsten Jahre gesiebte Luft einatmen!
Ich hoffe, ich habe mich klar und deutlich ausgedrückt?«
»Klar und deutlich, Frau Leutnant!« Schweißperlen traten auf seine Stirn.
»Schön. Hören Sie zu: Sobald mein Appell da draußen beendet ist, werden die Männer zu Ihnen kommen und ihren bisherigen Helm in einen Blauhelm umtauschen. Sie werden daraufachten, dass keiner seinen alten Helm behält. Nachdem Sie meinen Zug mit Blauhelmen ausgerüstet haben, werden Sie alle anderen Blauhelme nehmen und verstecken. Falls jemand fragen sollte, sagen Sie, dass Frau Leutnant Veronika Wagner die Helme unter Verschluss hält. Es ist mir völlig egal,
wo
Sie diese Helme verstecken. Ich will nur nicht, dass irgendjemand anders da draußen mit einem Blauhelm herumläuft und so tut, als ob er zu mir gehört. Falls das trotzdem passiert, weiß ich, dass mein Materialwart meinen
direkten und unmissverständlichen Befehl
missachtet hat. Sie werden hoffentlich verstehen, dass ich das nicht akzeptieren kann.«
»Ja, Frau Leutnant.« Schleifers Adamsapfel machte Sprünge.
Er schaffte es tatsächlich, in zehn Minuten die Schulterstütze abzumontieren. Zögernd überreichte er ihr die Waffe samt einer Munitionstasche.
»Nach dem Appell schaue ich noch einmal vorbei und erledige den Papierkram mit Ihnen«, meinte sie und erlöste ihn von seinen Qualen. Dann hängte sie sich MPi und Munitionstasche über die Schulter, schnappte sich eine leere Holzkiste aus einem der Regale und ging nach draußen.
»Ach-tung!«, schrie Ulrich und nahm Haltung an. Ihm folgte der Rest der angetretenen Soldaten. »Melde gehorsamst, Zweiter Zug angetreten mit drei Unteroffizieren, einem kommissarischen Gruppenführer und zweiundzwanzig Mann!«
Veronika rechnete nach. Fünf Mann waren noch immer im Lazarett, vier weitere Posten wegen langfristiger Ausfälle gar nicht besetzt. Die Sollstärke eines Zuges lag bei sechsunddreißig Mann. Die Rechnung ging auf. Sie ließ in Gruppen melden und war zufrieden mit dem Ergebnis. Keine der Gruppen war komplett, aber ebenso wenig war eine von ihnen drastisch unterbesetzt. Ihre Razzia im Lazarett hatte den Zug wieder aufgefüllt.
Sie schritt die Reihen ab, ohne ihre Soldaten sich rühren zu lassen. Diesmal erntete sie kaum Blicke der Männer – trotz ihres Veilchens am linken Auge, trotz der Naht über der Augenbraue, trotzder Schlinge, in der ihr Arm hing. Die Soldaten bemühten sich heute, nicht aufzufallen. Veronika nickte. Tief durchatmend stieg sie auf die Holzkiste.
»Rühren!« Zufrieden stellte sie fest, dass die Männer dem Befehl um einiges zackiger folgten als bisher. »Ich denke«, fuhr sie fort, »Sie alle wissen inzwischen, was sich am letzten Sonntag abgespielt hat. Ich weiß nicht, wie genau Ihnen der Gefreite Wassermann die Geschichte erzählt hat.« Veronika blickte kurz zu dem Mann hinüber, bevor sie fortfuhr: »Die Miliz hatte Wassermann in der Klemme. Ich hätte weglaufen können, ohne dass die Männer von der UÇK etwas mitbekommen hätten. Hätten Sie so gehandelt? Wären Sie weggelaufen?« Die Männer zögerten mit einer Antwort, weshalb sie einen von ihnen herausgriff. »Bender! Wären Sie weggelaufen, Bender?«
»Natürlich nicht, Frau Leutnant!«, antwortete dieser sofort entrüstet.
Lügner
, dachte Veronika, aber natürlich hatte sie mit dieser Antwort gerechnet. »Sehr gut. Niemand von uns wäre weggelaufen. Warum nicht? Weil Fallschirmjäger zusammenhalten,
wie Pech und Schwefel! «
Den letzten Teil betonte sie besonders. Sie beobachtete die abfälligen Gesichtsausdrücke auf den Mienen derer, die den Spruch als das erkannten, was er war, nämlich das Motto des 261ten, aber das war ihr egal. Schon ihr Großvater hatte unter diesem Wahlspruch gekämpft, der Teufel sollte sie holen, wenn es ihr nicht gelang, ihren Leuten dieses Motto einzubläuen. »Und weil wir zusammenhalten
wie Pech und Schwefel
, würde auch keiner von uns jemals freiwillig auf die Idee kommen, etwas zu tun, was einen unserer Kameraden gefährdet, oder?« Unwillig schüttelten die Soldaten den Kopf. »Schilling«, fragte sie weiter, »würden Sie etwas tun, was einen Ihrer Kameraden in Gefahr bringt?«
»Niemals, Frau Leutnant!« Empörung klang in seiner Stimme mit. Auch
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