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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Gruppe Mechaniker, die in einer Garage an einem Luchs herumschraubte. Der Turm des Fahrzeugs war komplett abmontiert, in dem entstandenen Loch arbeiteten zwei Männer. Das Fahrzeug erinnerte Veronika irgendwie an ein Spähpanzer-Cabrio, in dem Soldaten die Ellbogen auf die seitliche Panzerung legten und sich den Fahrtwind um die Stoppelschädelblasen ließen, während hinter ihnen olivgrüne Schals flatterten.
    Bah!
machte sie in Gedanken.
Humbug!
Vielleicht wurde es langsam Zeit, nach Hause zurückzukehren, dachte Veronika in einem Anflug von Sentimentalität.
    Aber nein – sie hatte etwas zu erledigen, bevor sie zurück nach Deutschland konnte.
    Sie sah auf, als ein Dingo vor dem Schlagbaum auftauchte. Sie erkannte den Mann am MG als einen ihrer Soldaten, wenngleich ihr der Name nicht sofort einfiel. Dafür erkannte sie die beiden Männer
in
dem Fahrzeug sofort: Kollborn und Wassermann, beide von der zweiten Gruppe. Der LKW, der ihnen folgte, gehörte wohl auch dazu. Die Fahrzeuge parkten nebeneinander vor den Garagen. Die Insassen – insgesamt fünf – stiegen aus und salutierten, als Veronika auf sie zukam.
    »Gut, Sie zu sehen, Frau Leutnant!«, meinte Kollborn.
    Veronika konnte den Mann mit den Runentätowierungen auf den Händen noch immer nicht leiden und erwiderte barsch: »Warten wir’s ab.«
    Wassermann, der wohl ebenfalls gerade etwas sagen wollte, zog überrascht die Augenbrauen nach oben und hielt den Mund.
    »Helfen Sie denen beim Aufladen!«, befahl Veronika und deutete auf die vom Lazarett Entlassenen, die bereits begonnen hatten, die für Gnjilane bestimmte Kisten in den LKW zu laden. Die Männer zögerten, den Befehl zu befolgen. Sie hatten in ihrer Zeit beim Militär schon viele Vorgesetzte erlebt und rochen sehr schnell eine faule Angelegenheit. Veronikas Laune war heute besonders faul, und ducken war angesagt. Nur der Mann am MG glotzte noch.
    »Na, los«, schnauzte sie ihn an, »schauen Sie nicht so blöd und helfen Sie Ihren Kameraden!«
    Nachdem der Mann hastig aus dem Fahrzeug geklettert war, setzte Veronika sich auf den Beifahrersitz des Dingos und wartete, bis die Männer so weit waren.
    Sie schwieg während der Fahrt nach Gnjilane. Auch von den anderen –Wassermann am Steuer, Kollborn und Rogge auf der Rückbank – schien keiner den Mut zu besitzen, in dieser Stimmung ein Gespräch zu beginnen.
    Auf halber Strecke fasste sich Wassermann schließlich doch noch ein Herz. »Frau Leutnant, ich wollte mich bei Ihnen bedanken!«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass Sie mir das Leben gerettet haben!«
    Veronika schwieg. Sie bemerkte die unsicheren Blicke, die der Gefreite über den Rückspiegel mit Kollborn auf der Rückbank austauschte, und nickte grimmig.
    Kurz bevor sie Gnjilane erreichten, fragte Veronika nach hinten gewandt: »Gab es irgendwelche besonderen Vorkommnisse, als ich …
weg
war?«
    »Leutnant Stern hat seine Patrouille abgebrochen und ist mit seinen Leuten nach Kusce gefahren, um die Männer zu finden, die Sie angegriffen haben«, antwortete Kollborn. »Ich habe gehört, dass sie ein paar davon aufgespürt und erschossen haben.«
    Racheaktionen
, dachte Veronika und verzog das Gesicht wie unter Schmerzen. Diesen Leutnant Stern würde sie sich vorknöpfen. Sie glaubte kaum, dass er die richtigen Männer gefunden hatte. Wahrscheinlich hatte er das Dorf noch einmal geplündert und wahllos ein paar Leute erschossen, denen das nicht gefallen hatte. Inzwischen hatte Veronika einen Punkt erreicht, an dem sie den Soldaten
alles
zutraute.
    »Noch andere Hiobsbotschaften?«, fragte sie resignierend.
    Kollborn antwortete: »Am Tag darauf ist ein kleiner Junge vor der Basis aufgetaucht, der Sie sprechen wollte, Frau Leutnant.«
    »Und?«
    »Äh …«
    »Raus mit der Sprache!«
    »Man hat ihn fortgejagt.«
    »Man«
hat ihn also fortgejagt
, zerpflückte Veronika die Aussage. Die nächste Frage war naheliegend. »
Wer
hat ihn fortgejagt?«
    Kollborn zögerte. Es war ein ungeschriebenes Gesetz: Manschwärzt keinen Mann bei den Vorgesetzten an. Vor allem nicht vor Zeugen, die den Verrat weitererzählen konnten. Doch Veronika brauchte seine Antwort eigentlich gar nicht, sie konnte sich ohnehin schon denken, wer dafür verantwortlich gewesen war: der Feldwebel, der die letzten Tage auch Zugführer gewesen war. »Ulrich?« Sie bekam auch weiterhin keine Antwort. Und da keine Antwort auch eine Antwort war, nickte sie.
    »Kollborn, wenn wir in der Basis sind, werden Sie als Allererstes Feldwebel

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