Schattenkrieg
Bundeswehr macht das!«
»Mir ist scheißegal, was der Rest der Bundeswehr anstellt, das ist nicht meine Verantwortung.
Sie
sind meine Verantwortung, so unangenehm es Ihnen auch sein mag. Solche Dinge werden in
meiner
Einheit nicht noch einmal vorkommen. Das gilt auch für Sie, Bender.« Innerlich grinste sie kalt. Er hatte die eiserne Regel gebrochen. Er hatte andere Männer angeschwärzt. Seine Kollegen würden ihn das noch spüren lassen.
»Aber die Leute können doch kaum zwischen uns und den Leuten der anderen Züge unterscheiden!«, warf Tönnes ein. »Sie können nicht jeden von uns bestrafen, nur weil ein anderer Zug Mist gebaut hat!«
Veronika lächelte. Diesen Einwand hatte sie kommen sehen. »Sie irren sich, Tönnes. Die Leute werden sehr wohl unterscheiden können. Weil der zweite Zug ab heute wieder mit Blauhelmen ausrücken wird.«
Das brachte das Fass wohl zum Überlaufen. Diskussionen brachen aus, Buhrufe und unverhohlene Flüche. »Wir lassen uns doch nicht abknallen!«, schrie jemand. Ein anderer brüllte: »Wir sind doch keine Zielscheiben!«
Ruhig griff Veronika nach der MPi, die vor ihrem Bauch baumelte. Sie war schnell entsichert und durchgeladen. Mit heftigem Krachen entlud sie eine Salve in die Luft. Männer zuckten zusammen, sofort war Totenstille.
»Ich habe Ihnen den
Sinn
der Befehle erklärt, die ich nun geben werde. Ihre
Meinung
dabei interessiert mich nicht. Erstens: Jeder von Ihnen wird einen Blauhelm ausgehändigt bekommen. Sie werden ihn anstelle Ihres jetzigen Helms tragen. Den anderen gebenSie zurück. Zweitens: Für die Zukunft werden Sie bei Patrouillen Ihre Waffen nicht mehr im Anschlag, sondern auf dem Rücken tragen, Bord-MGs werden nach oben geklappt, solange bis ich etwas anderes befehle oder auf Sie geschossen wird. Drittens: Die Luken der Dingos bleiben offen und bemannt. Ist irgendjemandem hier –«
Sie spürte das feine Prickeln der Gefahr. Ihr Kampfsinn begann, sie zu warnen. Veronika erstarrte. Sie hätte niemals damit gerechnet, dass einer ihrer eigenen Männer bereit war, sie anzugreifen. Doch noch gab es keine direkte Gefahr, der sie auszuweichen hatte. Das Gefühl, das sie empfand, bedeutete eher:
Achtung! Feind!
Sie würde äußerst vorsichtig sein müssen.
Sie versuchte, sich die plötzliche Erregung nicht anmerken zu lassen. »Ist irgendjemandem von Ihnen etwas von dem, was ich gesagt habe, unklar?«
Keiner regte sich. Sie waren noch immer zu eingeschüchtert.
Und das ist gut so.
»Dann können Sie sich jetzt im Lager Ihre Blauhelme abholen. Soweit ich weiß, haben wir heute Nacht Patrouille?«
»Jawohl, Frau Leutnant«, bestätigte Ulrich.
»Gut. Um 8 geht’s los. Und denken Sie daran: Wir halten zusammen –
wie Pech und Schwefel! «
Die Männer waren so verschüchtert, dass sie sich nicht einmal darüber aufregen konnten. Veronika nickte und ließ sie wegtreten. Sie ging in Richtung ihrer Stube. Die Auseinandersetzung mit ihrem Zug hatte viel Kraft gekostet – und die Nacht würde lang werden. Sie würde den Schlaf brauchen.
RONAN
Dùn Robert am Trondheimfjord, Norwegen
Donnerstag, 07. Januar 1999
Die Innenwelt
Die Burg Dùn Roberts war für keltische Maßstäbe eine große Burg. Sie war auf einem Hügel nahe der Nidelvmündung errichtet. An seinem Fuße war hinter einem Wassergraben ein Erdwall aufgeschüttet, auf dem eine Palisade errichtet war. Oben am Hang befand sich ein trapezförmiger Innenwall, ganz aus hellem Sandstein errichtet, zinnenbewehrt und mit einem mit Fichtenholz überdachten Wehrgang. Vier große Türme erhoben sich in den Ecken, von denen der Torturm im Südosten der breiteste und der Nordturm der höchste war. Schützen mit ledernen Köchern und Bögen aus Eibenholz patrouillierten auf den Gängen. Das Tor aus schweren, mit Eisen beschlagenen Eichenbalken stand offen. Zwei in Lederrüstungen und graublau gemusterte Großkilte gehüllte Krieger standen davor Wache.
Parallel zu den Trapezschenkeln waren zwei Hallen errichtet, die beide nach Osten hin ihren Eingang hatten. Die kleinere der Hallen war ein Langhaus mit Wänden aus Lehm und einem Dach aus Fichtenplanken und war Pferdestall und Gesindehalle der Burg. Die größere Halle jedoch war vollständig aus Holz und folgte der Bauart der Wikinger. Wie eine Stabkirche war das Gebäude um einen zentralen Turm errichtet und nach und nach mit zusätzlichen Längs- und Seitenschiffen erweitert worden, so dass mehrere Giebel und Dachfirste übereinander zu liegen
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