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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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verstummte das Gewehrfeuer. Ihr Atem ging schnell und hart; Angstschweiß lief ihr über die Stirn.
    »Schmidt, das Häusereck!«
    Der Mann lief davon und ging dort in Deckung. Helmer hielt währenddessen das Fenster im Visier, in dem Kreis zuletzt den Heckenschützen gesehen hatte. Veronika schlich an ihm vorbei, richtete sich dann auf und zielte direkt nach drinnen.
    Sie sah niemanden – auch kein Blut, also hatte ihn Kreis wohl doch nicht erwischt.
    »Räuberleiter!«, flüsterte sie. Hastig kletterte sie, die Hände des Hauptgefreiten als Stufe benutzend, in das Haus, winkte den Mann hinter sich her, schlich dann durch den Raum. Es war ein Schulzimmer oder vielleicht ein Versammlungsraum, genau war es nicht mehr zu erkennen. Was den Männern von der Miliz in ihrem Zerstörungsdrang entgangen war, hatte das Sperrfeuer ihrer Soldaten vernichtet. Überall lagen umgestürzte Tische und Bänke herum, eine Schrankreihe an der Wand war aufgebrochen, ein alter Tageslichtprojektor lag zertrümmert davor. Von der Decke rieselte an manchen Stellen noch Staub, eine zerbrochene Neonlampe pendelte lautlos an ihrem Stromkabel.
    Hinter der Tür lagen ein langgestreckter Quergang, von dem weitere Türen abgingen. Noch mehr Verwüstung! Die Bilder waren von den Wänden geschlagen und hatten wilden Graffiti Platz gemacht. Schnell sprang Veronika durch die gegenüberliegende Türe und gelangte in ein kleines, heruntergekommenes Aufenthaltszimmer, das vor kurzem erst als Toilette missbraucht worden war. Sie wollte durch das Fenster nach draußen sehen, als sie erneut ihr Gefahrensinn warnte. Hastig ging sie in Deckung, als auch schon die Fensterscheibe mit einem lauten Knall zerbarst. Glassplitter prasselten über sie.
    »Schmidt, zum nächsten Häusereck vor!«, schrie sie, unter das Fenster gekauert. Dann kroch sie durch einen Durchgang.
    Dahinter lag ein weiterer Raum. Die Dunkelheit wurde nur von einem schmalen Lichtspalt durchbrochen, der zwischen den Holzbrettern hindurchfiel. Als Veronika durch den Spalt nach draußen lugte, sah sie einen vermummten Mann mit einem Gewehr auf dem Rücken, der in etwa dreißig Metern Entfernung um eine Häuserecke verschwand. Sie lief zurück in den letzten Raum, winkte Helmer hinter sich her und schwang sich hastig durch das zerschossene Fenster. Dann drückte sie sich an die nächste Häuserwand und ging vorsichtig auf die Gasse zu, in die der Heckenschütze verschwunden war. Ihre beiden Männer waren direkt hinter ihr.
    Ihr Gefahrensinn schwoll wieder an. »Vorsicht«, zischte sie, ging in die Knie und nahm die MPi in Anschlag. Im nächsten Moment lehnte sich der Heckenschütze um das Häusereck und feuerte die Straße entlang.
    Veronika gab eine Salve ab, doch der Rückstoß ließ ihre Waffe ausbrechen. Einer ihrer Männer schoss besser. Für einen kurzen Moment hing eine rote Blutwolke in der Luft, der Heckenschütze stieß einen lauten Schmerzensschrei aus, schaffte es aber noch, sich wieder hinter das Gebäude zurückzuziehen. Auf dem Boden lag eine AK-47 – er hatte seine Waffe fallengelassen!
    »Helmer«, rief sie, »geben Sie uns Deckung!«
    Veronika rappelte sich auf und rannte die Straße entlang. Kurz bevor sie die Gasse erreicht hatte, krachten Schüsse. Sie zuckte erschrocken zurück, bevor sie etwas verspätet das Mündungsgeräusch der G36 erkannte. Vorsichtig lugte sie um die Ecke.
    In ein paar Metern Entfernung lag der Heckenschütze am Boden. Zwischen ihm und der Straße befand sich eine blutige Schleifspur im Schnee. Vor ihm stand ein Fallschirmjäger, Veronika den Rücken zugewandt. Sein G36 war auf den Verwundeten gerichtet. Aus der Mündung der Waffe quoll eine dünne Rauchfahne.
    Veronika ging zögernd auf ihn zu. Unter dem Heckenschützenverfärbte sich der Schnee langsam rot. Als sie näher kam, erkannte sie die Schusswunden in seiner Brust, jede einzelne von ihnen tödlich.
    Der Fallschirmjäger hatte den Heckenschützen hingerichtet. Es gab keine andere Erklärung dafür. Aber warum?
    Als sie bei ihm angekommen war, drehte er sich herum. Ulrich erklärte großspurig: »Der macht uns keinen Ärger mehr.«

KEELIN
     
    Waldläufer-Feldlager in Tafjord, Norwegen
    Donnerstag, 11. Februar 1999
    Die Innenwelt
     
     
    Der Winter hielt Norwegen fest im Griff. Selbst an den Fjordufern lag der Schnee mittlerweile kniehoch, und das Wetter gab noch keinerlei Hinweis darauf, dass es bald wärmer werden würde. Tiefe graue Wolkenbänke hingen zwischen den Bergen fest und luden

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