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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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seinen Schädel bohren wollten. Die Zahl war zu hoch, um sie sofort begreifen oder gar
glauben
zu können. Dies war der Grund, warum Derrien selbst gekommen war und niemanden geschickt hatte – er war damals schon der Überbringer der Warnung gewesen, die zur Schlacht von Trollstigen geführt und die Bretonen gerettet hatte. Seinem Wort würde man noch eher glauben als dem einer seiner Männer.
    Der Aufruhr begann ebenso abrupt wie die Stille davor. Plötzlich begannen alle, wie wild durcheinanderzureden. Alle wollten gleichzeitig erklären, warum die Zahl völlig blödsinnig war. Die Spinne musste mehrmals um Ruhe bitten, zuletzt sehr energisch, bis das aufgeregte Geschnatter schließlich wieder verstummte.
    »Ihr sagt uns diese Zahl nicht, ohne Euch selbst von ihrer Richtigkeit überzeugt zu haben, nehme ich an?«, fragte Cintorix kalt.
    »Ich konnte sie nicht so schnell nachprüfen. Aber die Argumente der Renegaten klangen sehr überzeugend.«
    Stille.
    Schließlich sagte die Spinne: »Sprecht weiter.«
    »Die Zahl der illegalen Einwanderer aus Osteuropa ist um vieles größer, als bisher von uns vermutet. Die Iren haben mir einmal von einem Schleuserring berichtet, der eine Route über die Ostsee und quer durch Schweden betreibt. Häuptling Dempsey, korrigiert mich, wenn ich mich irre, aber soweit ich weiß, konnten die Iren bisher noch nicht herausfinden, wohin sie gebracht werden.« Der kleine Irenhäuptling nickte kurz, und Derrien fuhr fort: »Die Renegaten wissen es: nach Bergen. Sie werden dort für ein paar Tage gefangengehalten und verschwinden dann spurlos. Des weiteren soll es eine Organisation geben, die mit kleinen Frachtern Illegale aus ganz Afrika hierherschafft. Vor ungefähr einem Jahr ist eines dieser Schiffe im Fjord auf eine Weltkriegsmine gelaufen und gesunken. Irgendjemand hat mit viel Geld eine Untersuchung des Wracks durch die Behörden verhindert, aber die Renegaten waren unten. Im Frachtraum haben sie die Leichen von ungefähr fünfhundert Schwarzen gefunden. Ich habe Fotos gesehen, die sie im Wrack geschossen haben. Außerdem führen die Ratten in Bergen und Umgebung Entführungen durch, angeblich mehrere Hundert im Jahr. Es soll irgendwo in der Stadt geheime Gefängnisse geben, in denen unglaublich viele Menschen gefangengehalten werden können.«
    Eine kurze Weile herrschte Schweigen.
    Sabinus, der Sprecher der Helvetier, stellte die nächste Frage:»Ihr seid derjenige, der sich mit den Schatten und der Außenwelt am besten auskennt. Ich habe keine Zweifel daran, dass Ihr diese Informationen für glaubwürdig haltet, sonst hättet Ihr sie uns nicht erzählt. Meine Frage ist nun: Wie viele dieser – sagen wir einmal achtzigtausend – Menschen könnten die Schatten wirklich zu Fomorern gemacht haben?«
    Mit einem Seufzer fuhr sich Derrien durch die Haare. Das war die Frage, die ihn den ganzen gestrigen Tag beschäftigt hatte. Die Renegaten konnten ihnen hierbei nicht helfen – sie hatten herausgefunden, dass die Menschen verschwanden, doch ob sie nun in die Innenwelt gebracht oder in Ritualen umgebracht wurden, wussten auch sie nicht.
    »Ich habe keine Ahnung«, gab er zu. »Ich denke, wir können von
mindestens
zwanzigtausend Fomorern ausgehen. Nach oben hin würde ich die Grenze wahrscheinlich irgendwo bei fünfzigtausend ziehen … Vielleicht wissen unsere Zauberer mehr darüber?«
    »Fünfzigtausend«, murmelte die Spinne, sichtlich schockiert. Den Mann bei einer Gefühlsregung zu erwischen passierte selten genug, wie Derrien wusste, aber bei einer so deutlichen …
Und wir haben nur zwanzig!
dachte Cintorix gerade, der Gedanke stand ihm, genauso wie allen anderen hier am Tisch, so deutlich auf die Stirn geschrieben, dass man keine telepathischen Fähigkeiten besitzen musste, um ihn zu erraten.
    »
Möglicherweise
fünfzigtausend«, meinte Derrien. »Wir können nur hoffen, dass es weniger sind.«
    Die Spinne nickte steinern.

BATURIX
     
    Niemandsland, östlich von Bergen, Norwegen
    Samstag, 03. April 1999
    Die Innenwelt
     
     
    Als Baturix erwachte, war es noch mitten in der Nacht. Zuerst wusste er nicht, wo er war. Er lag auf ziemlich hartem Grund und war mit mehreren Wolldecken zugedeckt. Margit lag in seinem Arm und schlief tief und fest. Alles schien in bester Ordnung zu sein …
    … und doch hatte er das unbestimmte Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Die Luft roch abgestanden, viel intensiver, als man es erwarten sollte. Sie roch nach altem Schweiß und schlechter

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