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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Wartehalle durch den Haupteingang. Er fühlte sich komisch dabei.
    Nur wenige andere waren gekommen, um Fluggäste abzuholen. Ein reicher junger Mann, flankiert von zwei Bodyguards, zwei Taxifahrer mit Namensschildern aus Pappkarton in den Händen und zu Mickeys Überraschung auch ein Gangmitglied in Jeansjacke und Lederhose und dem Abzeichen der Black Scorpions auf der Brust. Im Gegensatz zu Mickey war der Junge jedoch kein Anführer oder Offizier – vielleicht ein Drogenkurier oder irgendein anderer kleiner Fisch.
    Mickey konnte das nur recht sein. Falls tatsächlich Hexer oder Renegaten den Flughafen beobachten ließen, würde ihnen zuerst der Black Scorpion ins Auge stechen. Er war die ideale Ablenkung.
    Ungefähr ein Dutzend Fluggäste betrat die Halle von der anderen Seite. Es dauerte überraschend lange, bis er den Mann entdeckte, den er abholen sollte. Er hatte nach jemandem mit einer Augenklappe gesucht, nicht nach jemandem mit einem Glasauge. Er fluchte innerlich über seinen Fehler – Lord Rushai war gerissen genug, um viele Jahre im Krieg gegen einen der gefährlichsten Hexer in Norwegen zu überstehen, da würde er kaum einen so offensichtlichen Fehler begehen und nun, da die Stadt nicht mehr sicher war, seine Identität so einfach preisgeben.
    Da zeigt sich mal wieder, dass es nicht ausreicht, als Späher gute Sinne zu haben
, grübelte Mickey.
Es braucht ein Hirn, um die Sinne darauf vorzubereiten, was sie erwarten könnte, und um das, was sie liefern, beurteilen zu können.
Er hasste es, wenn sein Hirn bei dieser Aufgabe versagte – so wie es ihm gerade eben passiert war.
Ein Leichtsinnsfehler …
Aber Leichtsinn kostete Leben!
    Er begrüßte den Lord per Handschlag.
    »Simon, schön dich zu sehen.« Die Namen der meisten Schatten waren zu absonderlich, um sie auf der Straße zu verwenden. Rushai nannte sich Simon.
    »Mickey«, der Schattenlord nickte kurz angebunden zurück – ein erster Hinweis auf die miese Laune des Schattens.
    »Wie geht es dir?«, fragte Mickey, ganz in der Rolle des besorgten Untergebenen. Wenn Rushai einen Koffer bei sich getragen hätte, hätte er ihn selbstverständlich an sich genommen.
    »
Mir
geht es gut. Das Unternehmen erwirtschaftet prächtige Gewinne im Süden. Was mir Sorgen macht, ist das, was
ihr
hier treibt.«
    »Ich befürchte«, wehrte Mickey ab, »darüber wirst du mit dem Boss selbst sprechen müssen.«
    Er wollte Rushai die Beifahrertür aufhalten, doch der entschied sich dazu, selbst zu fahren. Mickey blickte sich noch einmal um, dann nahm er auf dem Beifahrersitz Platz.
    Der Schatten fuhr schweigend, mit grimmiger Miene und mahlenden Kiefern. Ashkaruna würde es vermutlich nicht einfach haben, seinen Untergebenen zu beruhigen. Zum Glück war das nicht Mickeys Sorge. Er ließ sich entspannt in das Polster des Sitzes sinken und beobachtete durch halb geöffnete Augen die Fahrzeuge im Rückspiegel. Erst jetzt gelang es ihm, Rushais Witterung aufzunehmen. In Mickeys menschlicher Form war sein Geruchssinn nur ein trauriger Abglanz seiner wahren Fähigkeiten. Bei den vielen Störgerüchen in der Wartehalle war es so unmöglich gewesen, Rushai anhand seines Geruchs zu identifizieren.
    Abgesehen davon hilft das Rauchen auch nicht unbedingt …
    Mit dem Sonnenuntergang schaltete sich die Straßenbeleuchtungein. In den Geschäftsgebäuden der Einfallsstraße flackerte bunte Leuchtreklame auf. Spielcasinos und Sexshops buhlten um die wenigen Nachtschwärmer, die es wagten, nach Sonnenuntergang ihre Wohnungen zu verlassen und bereit waren, für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse eine Begegnung mit den Gangs zu riskieren. Mickeys Augen passten sich der Dunkelheit an. Seine Nachtsicht ermöglichte es ihm, auch jetzt noch die Fahrer hinter den dunklen Windschutzscheiben zu erkennen. Er sah nichts, was ihn misstrauisch machte.
    Als sie in das Hafengebiet kamen, wurden die Straßen schmaler und die Lichter weniger. Es war eine heruntergekommene Gegend, mit dem Ruf, mehr Schießereien pro Woche zu haben als die gesamte restliche Stadt in einem halben Jahr. Dies war die Hochburg der Straßengangs; hier befand sich auch einer der wenigen noch sicheren Eingänge in die Unterwelt.
    »Die nächste dann rechts«, sagte er und meinte eine kleine, dunkle Einfahrt, die von vielen gar nicht als Straße wahrgenommen wurde.
    Der Seitenblick, den Rushai ihm zuwarf, sagte viel darüber aus, was der Schattenlord von ungebetenen Ratschlägen hielt. Mickey zuckte mit den

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