Schattenkrieger: Roman (German Edition)
hatten, und verteilten sich auf die drei Kompanien, aus denen die Truppe bestand. Die beiden Hochländer, Sasha und Isaac blieben bei der ersten Abteilung unter dem Banner von General Zahn. Der Riese schlenderte ganz vorn, sein Kahlkopf überragte die Masse der Männer, die ihm folgten. Über ihm wehte eine Flagge mit einem goldenen Speer, der eine ganze Abteilung feindlicher Krieger durchbohrte. Wie Kayne wusste, waren Brianna und der Nachtmann in seiner Nähe.
Er sah sich um. General D’rak war gerade noch an der Spitze seines eigenen Zuges zu erkennen. Seine Flagge zeigte etwas, das ein tanzendes Skelett sein mochte. Die dritte Gruppe marschierte ein Stück hinter ihnen. Deren General hatte er noch nicht gesehen. Anscheinend hieß der Mann Zolta, und es sprach alles dafür, dass er ein ebenso grimmiger Kämpfer war wie seine Kameraden. Hinter der letzten Marschgruppe folgten die Belagerungsmaschinen, und den Abschluss bildeten zwanzig bleiche Dienerinnen der Weißen Lady. Die Frauen sprachen mit niemandem und blieben stets für sich.
Sie marschierten an der Küste entlang nach Osten. Wie er es vorhergesehen hatte, brannte die Sonne erbarmungslos auf sie nieder; zu seinem Verdruss schienen die Sumnier die drückende Hitze zu genießen. Irgendwie kam es ihm so vor, als wäre die glühende Kugel an diesem Morgen deutlich rot verfärbt. Er hoffte, dass dies kein schlechtes Omen war.
Als die Sonne im Westen unterging, waren sie ihrem Ziel schon recht nahe. Seine Beine taten schrecklich weh, und er roch so schlimm wie schon lange nicht mehr, aber alles in allem hatte er schon längere und unangenehmere Märsche überstanden. Etwa eine Meile vor Dorminias Mauern hielt das Heer auf einem kleinen Hügel an, von dem aus sie die Stadt überblicken konnten.
»Da wären wir«, sagte Sasha. »Ob wir heute Abend noch angreifen?«
Brodar Kayne blickte zum dunkelnden Himmel und dann zur Stadt. Hinter den Mauern brannten Lichter, doch aus dieser Entfernung konnte er nicht viel erkennen. »Es scheint ein guter Zeitpunkt für einen Angriff zu sein«, antwortete er. »Ich denke, wir werden es bald herausfinden.« Er sah sich um. »Wo ist Isaac?«
»Keine Ahnung. Vor ein paar Augenblicken war er noch bei mir.«
Der Hochländer seufzte. »Wahrscheinlich hat er sich verdrückt, um im letzten Moment noch ein paar Zeichnungen anzufertigen oder Pflanzen zu sammeln.«
Jerek machte eine finstere Miene und spuckte aus. »Bist du bereit dafür, Kayne? Die beobachten uns auf Schritt und Tritt.« Er deutete mit dem Daumen nach oben, wo seit einigen Minuten eine Art Falke kreiste. Er kreischte einmal und flog in Richtung Stadt davon.
»Geistfalken«, sagte Sasha bedrückt.
»Dagegen können wir nichts machen«, meinte Kayne. »Wenn man es mit einem Magierfürsten aufnimmt, darf man nicht mit einem fairen Kampf rechnen.«
Er musste es wissen, denn er hatte diese bittere Lektion bereits gelernt.
Gute und schlechte Neuigkeiten
»Es ist Zeit.«
Barandas hatte sein Schwert gegürtet und blickte aus dem Fenster. Zu dieser frühen Stunde war es noch still in der Stadt, doch das Morgenrot klaffte wie eine blutende Wunde am Horizont, und bald würden die Straßen von Menschen wimmeln.
Seit der Ratssitzung vor drei Tagen hatte sich Marschall Halendorfs Zustand erheblich verschlechtert. Wie Timerus gesagt hatte, war keiner der vier Hauptleute, die Halendorf unterstanden, dazu fähig, in seiner Abwesenheit das gesamte Heer zu führen. Infolgedessen musste Barandas abermals vorübergehend die Rote Wache kommandieren, während sich der Marschall erholte.
Einen ungünstigeren Augenblick hierfür hätte es kaum geben können. Der Rat hatte die Nachricht spät am vergangenen Abend empfangen. Die sumnische Streitmacht war am Tag zuvor gelandet und würde bei Sonnenuntergang vor den Stadtmauern stehen.
»Das ist lächerlich«, beklagte Lena sich abermals. Die grünen Augen waren voller Sorge. »Wie können sie von dir erwarten, die Verteidigung der Stadt zu befehligen? Du hast doch deine eigenen Aufgaben und deine eigenen Männer, die du einteilen musst.«
Er lächelte traurig. »Wir sind nur noch halb so stark wie ehedem. Timerus meint, die Milizionäre brauchen jemanden, zu dem sie aufschauen können und der ihren Kampfgeist beflügelt.«
»Es ist eine Schande, dass Halendorf keine besseren Offiziere unter sich hat.«
Barandas war geneigt, seiner Frau zuzustimmen. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie schlimm die Lage im Verlauf der Jahre
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