Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Lippen. »Damit hast du wohl recht.«
Er grinste sie an. »Lass dich nicht unterkriegen.«
Isaac kam zu ihnen geschlendert. Er hatte eine gebratene Hühnerkeule in einer und einen Notizblock in der anderen Hand. »Die Sumnier haben eine höchst interessante Kultur«, erklärte er, nachdem er sich mit dem Handrücken das Fett vom Mund gewischt hatte. »Wusstet ihr, dass sie erst heiraten dürfen, wenn sie mindestens einen Krieger im Kampf getötet haben? Sobald ihnen das gelungen ist, dürfen sie bis zu drei Frauen nehmen. Die Generäle können so viele Frauen heiraten, wie sie wollen.«
»Ich nehme an, eine Frau ist mehr als genug für jeden Mann.« Kayne zog eine Augenbraue hoch. Der Diener überraschte ihn immer wieder. »Morgen marschieren wir in die Schlacht, und du machst dir Notizen?«
Isaac zuckte mit den Achseln. »Das Wissen lebt weiter, auch wenn wir nicht mehr da sind. Im Grunde macht uns das doch aus – wir sind die Summe von allem, was andere vor uns gelernt haben. Nach meinem Tod würde ich gern einen Teil meiner Erkenntnisse anderen hinterlassen, die sie dann nutzen können.«
Der alte Barbar runzelte die Stirn. Was würde er nach seinem Tod hinterlassen? Einen Haufen Leichen und Reue, nahm er an.
»Kann ein Magierfürst überhaupt sterben?«, wollte Sasha von Isaac wissen.
»Nicht eines natürlichen Todes. Wir wissen jedoch, dass mindestens dreißig Magier nach dem Götterkrieg zurückgekehrt sind. Heute leben viel weniger auf der Welt. Es dürften kaum mehr als ein Dutzend sein. Also sind im Laufe der Jahre viele von ihnen gestorben.«
»Wenn Cole versagt …«, begann Sasha. Sie brachte den Satz nicht zu Ende, sondern schüttelte den Kopf und schlug die Augen nieder.
Kayne zuckte mit den Achseln. »Wir haben eine Aufgabe zu erledigen. Wir nehmen die Stadt ein und überlassen es Cole, sich um den Magierfürsten zu kümmern. Und sollte sich herausstellen, dass Salazar unbezwingbar ist … nun ja, dann laufen wir wie die Hasen.«
»Ich laufe nicht weg«, widersprach sie. »Auf diese Gelegenheit warte ich schon seit Jahren. Ich werde tun, was immer nötig ist, um den Dreckskerl zu töten.«
Kayne bemerkte, dass Isaac ihn neugierig beobachtete. Wieder hatte er den Eindruck, an dem Diener sei etwas Seltsames, aber wie zuvor kam ihm der Versuch, es genau zu bestimmen, so vergeblich vor, als hätte er sich in den eigenen Ellenbogen zu beißen versucht.
»Warum bist du eigentlich hier?«, fragte Isaac. »Geht es dir nur um das Gold?«
»Gold ist immer willkommen.« Fünfundzwanzig Golddukaten. Das reicht vielleicht sogar, um im Freiland ein kleines Gehöft zu kaufen. Und dann? Eine Familie gründen? Dazu bin ich zu alt. Ich hatte mal eine Familie und habe sie verloren. Außerdem wird der Schamane nie aufhören, mich zu suchen, solange ich nicht in die entferntesten Winkel der Welt fliehe. Vielleicht nicht einmal dann.
»Kayne?«, fragte Sasha. Sie musterte ihn fragend.
»Mir geht es gut.« Er musste damit aufhören, einfach nur herumzusitzen und sich in Erinnerungen zu verlieren. Es tat einem Mann nicht gut, sich in der Vergangenheit zu suhlen. »Ich gehe spazieren«, verkündete er. »Muss mal eine Weile aus dem Lager raus.«
Er stand auf und entfernte sich halb humpelnd vom Lagerfeuer. Neugierige Blicke folgten ihm. Schon wieder bemerkte er, dass Dreifinger Sasha mit gierigen Augen anstarrte. Früher oder später musste er mal ein ernstes Wort mit dem ehemaligen Sträfling sprechen.
Ein sehr ernstes Wort.
Der nächste Morgen begann ebenso prächtig wie der vorhergehende. Der Himmel war eine glatte blaue Decke, auf der sich keine einzige Wolke blicken ließ, und die Sonne verhieß einen anstrengenden Marsch. Kayne wusch sich an einem Bach den Schlaf aus den Augen, dann aß er etwas trockenes Brot und einen alten Apfel und setzte sich, um sein Großschwert zu ölen. Die anderen Söldner waren ringsum auf ähnliche Weise beschäftigt. Niemand konnte wissen, was ihnen bevorstand, wenn sie in Dorminia eintrafen.
Jerek schlenderte vorbei und nickte ihm zu, er nickte wortlos zurück. Mehr mussten sie nicht sagen. So hatten sie es in der Vergangenheit immer gehalten. Beide wussten, wie die Dinge liefen. Man zog den Kopf ein, blieb in Bewegung und konzentrierte sich auf alles andere, nur nicht auf das blutige Gemetzel, das einem bevorstand.
Es dauerte nicht ganz eine Stunde, bis das Heer marschbereit war. Die Söldner bauten ihr Lager so schnell und reibungslos ab, wie sie es aufgeschlagen
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