Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Kehle durchgeschnitten. Was ist das für ein Herrscher, der das eigene Volk ermordet?«
Barandas hörte, wie hinter ihm Schwerter gezogen wurden. Vor der Menge, die im Moment noch unbewaffnet war, hatten sich mehrere hundert Wächter versammelt. Falls dies so weiterging, konnte es bald sehr hässlich werden.
»Fehler wurden begangen«, sagte er. Damit begab er sich auf gefährliches Territorium, aber diese Rekruten mussten an ihn glauben. »Ihr wisst, was während des Fests der Roten Sonne passiert ist. Rebellen haben versucht, unseren Herrn zu töten. Vielleicht ist die Wache danach … etwas zu heftig vorgegangen.«
Hinter ihm war Gemurmel zu hören. Offensichtlich hatte er einige Offiziere gegen sich aufgebracht. Das ließ sich nicht ändern. Ein letztes Mal wandte er sich an die Menge. »Ihr helft, das Lager abzubauen, dann tretet ihr an den Sammelpunkten an und wartet auf weitere Befehle.«
Er drehte sich zu den hinter ihm postierten Soldaten um, nickte und verließ die Plattform. Unten sah er sich nach Hauptmann Bracka um. Der Offizier führte gerade eine hitzige Debatte mit einer Gruppe untergebener Offiziere. Er schlenderte hinüber und bemerkte, wie rasch sie verstummten, als er sich näherte. Bracka machte eine finstere Miene und salutierte nachlässig. »Kommandant«, knurrte er.
Barandas ignorierte sein aufsässiges Gehabe. »Wie gut sind wir mit Waffen ausgerüstet?«
Bracka kratzte sich an seinem buschigen roten Bart. Er sah aus wie ein Bär und hatte dem Vernehmen nach eine vergleichbare Launenhaftigkeit. »Alle Schmieden in Dorminia arbeiten rund um die Uhr«, sagte er. »Aber das Eisen wird knapp. Die meisten Vorräte haben wir im Krieg gegen Schattenhafen verbraucht. Piken haben wir noch genug, aber die meisten Schwerter und Äxte haben bessere Zeiten gesehen. Einige bestehen eher aus Rost als aus Stahl.«
»Wie sieht es mit Bogen aus?«
Bracka schnaubte und zeigte ihm ein schwarzes Lächeln. Die Zähne in seinem Mund waren bis aufs Fleisch verfault. »Die meisten dieser Dreckskerle könnten auf fünfzig Schritt nicht mal den Arsch einer Kuh treffen.«
»Sie müssen nicht genau treffen können. Es reicht, wenn sie Pfeile abschießen.«
»Bogen haben wir wohl genug«, berichtete der Hauptmann. »Was die Rüstungen angeht, so kann sich der Mann glücklich schätzen, der noch ein gepolstertes Wams bekommt. Wenn die Sumnier uns auf die Pelle rücken, sind wir im Arsch.«
»So weit will ich es gar nicht erst kommen lassen«, entgegnete Barandas.
»Kommandant«, keuchte ein atemloser Neuankömmling hinter ihm. Es war der junge Offizier, mit dem er zuvor gesprochen hatte.
»Ja?«
»Ich bringe Neuigkeiten aus der Stadt. Marschall Halendorf ist letzte Nacht verstorben.«
»Verstorben?«, wiederholte Barandas langsam, als wäre dies ein Wort aus einer Sprache, die er nicht verstand.
»Ja, Kommandant. Einer seiner Diener fand ihn tot im Bett, alles war voller Blut. Es scheint, als … als habe er seine Innereien ausgehustet.«
»Ich war im Glauben, er litte nur an einem übersäuerten Magen.«
»Was ist das für eine Teufelei?«, fragte Bracka. »Der Marschall war wohlauf, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Höchstens ein wenig unpässlich.«
Barandas wandte sich an den Hauptmann. »Ihr überwacht die Auflösung des Lagers. Ich muss sofort mit unserem Oberherrn sprechen.« Damit machte er kehrt und marschierte zum Osttor zurück. Er fragte sich, was an diesem Tag noch alles geschehen würde.
»Ihr arbeitet weiter wie gehabt und führt nun auch das Heer, Erster Augmentor.«
Barandas blinzelte und räusperte sich. »Aber … Herr, was ist mit meinen anderen Pflichten? Ich habe geschworen, Euch zu schützen.«
Salazar schürzte die Lippen. Großmagistrat Timerus, der einzige andere Anwesende im Raum, beobachtete ihn genau. Sie befanden sich in den Privatgemächern des Magierfürsten im fünften Stock des Obelisken. Der Stuhl rechts neben Salazar war leer – den hatte normalerweise Halendorfs massiges Hinterteil besetzt, wenn der Tyrann von Dorminia ihn bei sich haben wollte. Barandas erinnerte sich an die zufriedene Miene des Marschalls, als der Herrscher nach der Zerstörung von Schattenhafen eine Audienz abgehalten hatte. Das schien inzwischen eine Ewigkeit her zu sein.
»Ich bin durchaus fähig, mich selbst zu beschützen«, erklärte der Magierfürst. »Ihr und die anderen Augmentoren werdet gebraucht, um die Tore zu verteidigen. Dorminias Wälle können die sumnischen Söldner
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