Schattenkuss
belegten Boden lagen bunt gestreifte Polster. Benno lehnte gerade zwei Kissen an die Wand und sah auf, als Lena eintrat. Lächelnd kam er ihr entgegen.
»Lena. Liebes.« Er nahm sie in die Arme und das tat wahnsinnig gut. »Es tut mir so leid, dass ich mich in den letzten Tagen derart kindisch benommen habe. Aber ich habe Zeit gebraucht, um über uns beide nachzudenken. Wohin soll das führen? Wir werden einigen Menschen, die uns nahestehen, sehr wehtun.«
Lena konnte gar nicht richtig zuhören. Sie ließ sich in seine Umarmung fallen und schloss die Augen. Sofort sah sie wieder das dunkle Bündel, das reglos vor ihr auf dem Gartenweg lag. Die Wärme, die von Benno ausging, tat ihr gut. Der Geruch nach Wind und Holz in seinen Haaren, die Arme, die sie hielten. Lena brach in Tränen aus. »Becky ist tot. Jemand hat sie umgebracht.«
Bennos Hände glitten durch ihre Haare. »Die alte Katze, die du durchgefüttert hast?«
Lena nickte und erzählte ihm die ganze Geschichte, auch von ihrer Suche nach den Gründen für Ulrikes Verschwinden berichtete sie. Sie setzten sich auf die Polster. Bennos Arm lag um ihre Schultern. Mit der freien Hand wischte er ihr die Tränen weg. Er hörte zu, unterbrach sie nicht, schenkte ihr ein Glas Wein ein, das er samt Flasche aus einem Korb zog. Als sie fertig war, fühlte sie sich leichter. Sie trank etwas Wein und wandte sich dann Benno zu, der noch immer schwieg. Eine steile Falte stand an seiner Nasenwurzel, ließ ihn ernst und verärgert wirken. »Ich glaube nicht, dass die Drohungen mit Ulrike zu tun haben. Du bist aus einem anderen Grund jemandem ein Dorn im Auge.« Nachdenklich griff er nach seinem Glas.
»Du meinst wegen uns?« Auf die Idee war Lena noch gar nicht gekommen. »Petra! Sie hat ja neulich dein Handy … Du glaubst, sie hat Becky …«
»Nein. Nicht Petra. Sie könnte niemals einer Katze das Genick brechen. Sie trägt ja sogar die Spinnen aus dem Haus.« Er seufzte. »Es war nicht Petra, die neulich an mein Handy gegangen ist, sondern meine Mutter.«
»Was!« Die Vorstellung, dass Babette Leitner von Benno und ihr wusste, verursachte Lena Übelkeit.
»Sie weiß nichts. Aber ich befürchte, sie ahnt etwas. Ich habe am nächsten Tag gegenüber Petra erwähnt, dass du mich angerufen hast, weil du dich für das Handwerk interessierst und die Schreinerei besichtigen willst. Mutter stand zufällig dabei. Seitdem benimmt sie sich merkwürdig. Sie beobachtet mich.«
»Deine Mutter? Sie beobachtet dich?« Benno war vierzig Jahre alt!
»Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre irgendwann mal ausgezogen.« Er lehnte seinen Kopf an ihre Schulter. »Wer weiß, vielleicht mache ich das ja noch.«
Huch, dachte Lena. Was sollte das denn heißen? Wollte er seine Familie verlassen? Ihretwegen?
Mit dem Daumen strich er über die Sorgenfalten, die sich auf ihrer Stirn gebildet hatten. »Mach dir nicht so viel Gedanken. Lass uns lieber den Abend genießen.« Sie küssten sich. Dann stand Benno plötzlich auf. »Ich mach’s uns ein wenig gemütlicher.« Er zündete die Kerzen in den beiden Leuchtern an, die er mitgebracht hatte, und holte einen MP3-Player samt Minilautsprechern aus dem Korb. »Magst du Jazzmusik?«
»Weiß ich noch nicht. Lass mal hören.« Während er die Minianlage aufbaute, kuschelte Lena sich in die Polster. Ihre Gedanken kehrten zurück zu Ulrike, zu Mike und Crossi. »Sag mal Benno, weißt du, wer dieser Mike ist?« Auf die Idee, Benno zu fragen, hätte ich auch schon früher kommen können, dachte sie.
Er sah auf. »Natürlich. Der Casanova von Altenbrunn. Claus Michael Sternberg.«
Mit einem Ruck setzte Lena sich wieder auf. Der schmierige Kerl war Mike? Lena hatte sich nicht verhört. Wie viele Sternbergs mit den Vornamen Claus Michael konnte es denn sonst noch geben? Sie hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. »Was? Omas Anwalt? Der Typ, dem meine Mutter gerade auf den Leim geht?«
»Früher hat er sich Mike genannt. Claus war ihm zu spießig.« Benno war fertig mit dem Aufbauen; er drückte auf Play. »Mach dir keine Gedanken wegen deiner Mutter und Sternberg. Das ist sicher nur eine kurze Episode, glaub mir. Eine Affäre. Er ist nicht der Typ, für eine längere Beziehung und schon gar nicht der Mann für eine Ehe. Er ist Jäger und Sammler. Ein Weiberheld, ein Casanova. Niemand, mit dem man sein Leben verbringt. Steffi frischt sicher nur alte Erinnerungen auf.«
Wollte Benno damit etwa sagen … »Du meinst, meine
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