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Schattenkuss

Schattenkuss

Titel: Schattenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Zufall.

28
    Als Lena heimkam, lag auf dem Küchentisch eine Nachricht ihrer Eltern. Wir sind im Biergarten beim Alten Wirt.
    Ihr Magen knurrte. Im Kühlschrank fand sie Butter und Käse, aus dem Regal in der Speisekammer holte sie Brot. Dort standen noch drei Packungen Gourmetperle . Der Anblick schnürte Lena die Kehle zu. Sie schluckte und kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder. Wie konnte ein Mensch so niederträchtig sein und eine alte Katze ermorden, nur um einem anderen Angst zu machen? Das wäre doch auch anders gegangen. Weitere anonyme Briefe oder von mir aus auch obskure Anrufe, dachte Lena. Alles, wenn nur Becky noch leben würde. Und Tom und Steffi hatten immer noch nicht mitbekommen, was passiert war.
    Der Hunger bohrte weiter in ihrem Magen. Sie nahm das Essen mit hinaus auf die Terrasse, strich sich ein Käsebrot und wollte gerade hineinbeißen, als plötzlich Florians Uroma zwischen den Büschen hervorkam. Sie trug Mantel und Hut und hielt einen Koffer in der Hand. War sie über den Zaun geklettert?
    »Ach, entschuldigen Sie, Fräulein. Können Sie mir helfen? Ich finde den Bahnsteig nicht«, rief sie mit fuchtelnder Hand, als sie Lena entdeckte.
    Lena legte das Brot auf den Teller, stand auf und ging zu der alten Frau, die stehen geblieben war und sich hektisch umsah. »Von Gleis drei fährt der Zug ab. Wo ist das denn?«
    »Frau Leitner, hier gibt es doch gar keinen Bahnhof.«
    »Was? Kein Bahnhof!« Der Blick der alten Frau wurde unstet, suchend drehte sie sich um die eigene Achse. »Aber der Josef wartet dort auf mich. Der Zug fährt bald. Ich muss ihn finden.« Tränen traten ihr in die Augen. »Er kann doch nicht ohne mich fahren.«
    Lena sah ein, dass es keinen Sinn hatte, Florians Uroma die Unsinnigkeit dieser Situation zu erklären. Sie musste sie nach Hause bringen. Bis dahin würde sie hoffentlich ihre Reisepläne vergessen haben. Entschlossen nahm sie die alte Frau bei der Hand. »Ich führe Sie hin.«
    Erleichtert sanken deren Schultern herab. Ein Lächeln erhellte das Gesicht. »Ach, Ulrike! Das ist lieb von dir.« Die Stirn der alten Frau runzelte sich, dann beugte sie sich zu Lena und flüsterte: »Was machst du hier? Du bist doch tot. Eigentlich. Oder doch nicht?« Sie richtete sich wieder auf. »Das ist alles so verwirrend.« Mit der Hand fuhr sie sich über das Gesicht und starrte dann auf den Koffer. »Will ich verreisen?«
    Einen Moment überlegte Lena, dann entschloss sie sich, es einfach zu versuchen. »Weshalb bin ich tot? Was ist denn passiert?«
    Ein verschmitztes Lächeln erschien auf dem Gesicht der Alten. »Das weißt du doch. Wenn nicht du, wer dann?«
    »Ich habe es vergessen. Können Sie es mir erzählen?«
    Vorsichtig blickte sich die Frau nach allen Seiten um und legte dann den Finger an den Mund. »Babette hat gesagt, das ist ein Geheimnis.«
    Babette? Was hatte Bennos Mutter mit Ulrikes Verschwinden zu tun? »Verraten Sie es mir trotzdem?«
    Florians Uroma nahm den Koffer wieder auf. »Der Bahnsteig. Ich muss ihn finden. Mit dem Orientexpress nach Konstantinopel. Das hat der Josef mir versprochen.« Sie machte sich von Lena los und stolperte mit unsicheren Schritten den Weg entlang. Wie war sie nur über den Zaun gekommen? Lena spähte zwischen die Büsche und entdeckte ein Türchen, das von Ästen und Zweigen fast ganz verborgen war. Es stand offen.
    »Ich bringe Sie zum Zug«, sagte Lena. Vielleicht konnte sie auf dem Weg durch den Garten der Leitners das Gespräch noch mal auf Ulrike bringen.
    »Das ist sehr hilfsbereit von Ihnen, junge Frau.« Mit einer energischen Geste rückte Florians Uroma den Hut zurecht, während Lena nach ihrem Arm griff und sie zwischen den Sträuchern hindurch in den Nachbargarten führte. Doch kaum hatten sie ihn erreicht, stand plötzlich wie aus dem Nichts Bennos Mutter vor ihnen. Sie trug einen Wäschekorb, den sie nun abrupt abstellte. »Oma. So etwas! Hast du deine Medizin wieder ausgespukt.« Energisch eilte sie auf ihre Mutter zu und hakte sie unter. »Du gehörst ins Bett.«
    »Ich will aber verreisen. Der Josef wartet doch auf mich.« Die Alte versuchte, sich loszumachen.
    Lena fasste sich ein Herz. Sie wollte das jetzt unbedingt wissen. »Frau Leitner, was ist mit Ulrike? Was ist damals geschehen?«
    Abrupt blieb Babette Leitner stehen und starrte Lena an. »Was soll denn passiert sein? Sie ist weggelaufen.«
    »Aber ihre Mutter«, Lena wies auf die alte Frau. »Sie sagt, Ulrike sei tot.«
    »Meine Güte«, verächtlich

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