Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
rudernd an ihm vorbei, und er blieb stehen.
»Schlage neue Strategie vor!«, keuchte der Bahamaer und richtete sich kopfschüttelnd auf, nachdem er in einer wahren Staubexplosion in einem Stapel Kisten gelandet war.
»Du bist aber ein Netter«, sagte Finn zu dem Matrosen, der mit ausgebreiteten Armen auf ihn zukam. »Darf man dich streicheln?«
»Ich kann euch Menschen einfach nicht ausstehen«, zischte der Matrose. »Ihr stinkt widerlich, ihr seid hässlich, und ihr könnt gar nichts.«
»Ein paar Kunststückchen kann ich schon«, erwiderte Finn. »Soll ich sie dir mal vorführen?«
»Nur ein toter Mensch ist ein guter Mensch, lass dir das gesagt sein. Und das Duell ist vorüber, ich muss mich nicht mehr an die Regeln halten.«
»Fokke wird das trotzdem nicht gefallen.«
»Der kriegt eure Seelen. Und der Rest ist mir egal. Ich hab genug. Heut Nacht seil ich mich ab und bin weg.«
»Warum nicht gleich?« Finn sprang den Matrosen geduckt an, um ihn aus dem Stand zu hebeln, doch der packte ihn einfach um die Leibesmitte und hob ihn hoch.
»Nein, bitte nicht das, nicht schon w...«
Da krachte er bereits auf den Boden, und es trieb ihm die Luft aus den Lungen. Der Matrose wandte sich ihm zu und hob den Fuß, um ihm mit einem Tritt den Brustkorb zu zertrümmern.
Er verharrte, als es ein krachendes und splitterndes Geräusch gab. Finn sah links und rechts des Körpers Holzteile davonfliegen.
Der Matrose drehte sich langsam und gab den Blick frei auf Milt, der keuchend und schwitzend hinter ihm stand. Das kostete ihn Anstrengung, aber er wirkte zu allem entschlossen.
»Danke für die Aufmerksamkeit«, knurrte er und holte aus.
Diesmal hatte er eine Eisenstange in der Hand.
Finn zuckte zusammen bei dem hässlichen Geräusch, das nun folgte, und er hörte ein dumpfes Poltern, als der schwere Körper neben ihm aufkam. Erst jetzt öffnete er die Augen wieder.
Milt ließ die Stange fallen. »Ist er ...?«
Finn stupste den Kopf des Elfen leicht an, der in eine unnatürliche Lage rollte. »Mausetot.«
»Scheiße. Scheiße, Mann. Oh verdammt!«
Finn stand auf und klopfte ihm auf die Schulter. »Er oder wir, Kumpel. Du hattest keine Wahl. Er hingegen hat sie getroffen, als er uns angegriffen hat. Sein Risiko.«
Milt rieb sich das Gesicht.
»Fang bloß nicht an zu kotzen.«
»Nee.«
»Bist du okay?«
»Mhm. Ich breche nicht gleich tot zusammen, falls du das meinst.« Milt richtete sich auf. »Was machen wir jetzt?«
Finn sah sich um. »Ich glaube, da draußen wird es Nacht. Suchen wir uns ein Versteck. Heute Nacht werden wir uns nicht an Fokke vorbei in seine Kabine schleichen können. Aber vielleicht können wir Laura morgen befreien.«
»Oder sie findet uns. Du kennst sie, sie wird auch versuchen abzuhauen, sobald sich die Gelegenheit ergibt. Sie wird nicht mehr zu halten sein, nun, da sie weiß, dass Arun eingetroffen ist.«
»Wie soll sie uns aber finden?«
»Andreas«, antwortete Milt. »Der ist doch überall. Oder Aswig. Das kriegen wir schon hin. Gibt es hier eigentlich ein Beiboot?«
Finns trockenes Spottgeräusch war Antwort genug.
Die beiden Männer schlichen an Deck. Es war fast dunkel, und es eilten so viele Wesen herum, dass die beiden nicht weiter auffielen. Im Schein der Schiffsbeleuchtung entdeckten sie die hünenhaften Umrisse von Fokke und Kramp neben dem Rudergänger.
»Noch mehr Weihnachtslichterglanz geht nicht?«, flüsterte Milt.
»Ich glaube, die zwei Schiffe belauern sich und setzen das Licht als Warnung, nichts Dummes zu versuchen«, gab Finn wispernd zurück.
Gleich hinter und unterhalb des Ruders lag der Zugang zur »Kapitänshütte«, der großen Heckkabine. Darin befand sich mit großer Wahrscheinlichkeit immer noch Laura. Unmöglich, sich jetzt hineinzuschleichen. Sie sollten sich verstecken und abwarten.
An Essen und Trinken war nicht zu denken. Sie mussten es aushalten.
Zwischen Back- und Welldeck fanden sie bei der Fock einen kleinen, geschützten Winkel mit einer Segeltuchplane, in dem sie sich verstecken konnten. Sie wollten abwechselnd Wache halten. Finn übernahm die erste, da Milt ein wenig blass um die Nase wirkte.
21.
Das ist die Lösung!
Wie es aussah, hatten sie Zeit. Draußen brach die Nacht herein, und niemand machte Anstalten, nach Laura zu sehen. Arun beschäftigte den Kapitän vollauf, wie Andreas zu berichten wusste, der ab und zu mal »nach dem Rechten« sah. Bedingt durch den möglichen Einsatz der Magie, konnte Fokke es sich nicht leisten, das
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