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Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde

Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde

Titel: Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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sie.
    »Sie spüren, dass du lebst«, antwortete er. »Du bist wie eine rote Flamme in dieser grauen Eintönigkeit. Das zieht sie magisch an wie das Licht die Motten.«
    »Verflucht ... wo kann ich hin? Was kann ich tun?« Laura wollte nicht in nähere Berührung mit diesen Seelen, Totengeistern oder was auch immer kommen.
    »Nichts«, antwortete Andreas traurig. »Ich kann dir leider nicht helfen. Und wir dürfen noch nicht zurück, das erlaubt Fokke nicht. Er will, dass du gründlich gebrochen wirst.«
    Laura blickte sich hektisch um; es war wie in einem schlechten Zombiefilm, so langsam bewegten sich die Schemen auf sie zu. Aber warum sollten sie sich auch beeilen? Sie standen außerhalb der Zeit, und sie wollten Laura, wenn überhaupt, keinesfalls absichtlich schaden. Im Gegenteil suchten sie bei ihr wahrscheinlich Linderung ihres Leids, denn sie froren nicht weniger als die junge Frau.
    Es wurden immer mehr, sie konnte es spüren. »Wie viele gibt es denn hier?«, wisperte sie.
    »Ich weiß es nicht genau, da ich immer so weit wie möglich entfernt von ihnen bleibe«, gab Andreas zurück. »Es müssen Hunderte sein. Wahrscheinlich Tausende.«
    »Und wie groß ist dieser ... Raum?«
    »Er wirkt unendlich, aber ich glaube, er ist nicht größer als das Schiff. Man rennt irgendwie im Kreis ...«

    Es war anders als das letzte Mal. Da hatte Fokke zwar den Nebel hervorgerufen, aber Laura war noch nicht ganz drüben gewesen. Die meisten Seelen, die sie gesehen hatte, hatten sich an Bord des Unglücksflugzeugs befunden. Doch diese hier kannte sie nicht, manche von ihnen waren kaum mehr als ein Hauch, andere schienen noch gefestigter zu sein.
    »Es hängt davon ab«, erläuterte Andreas weiter, »wie viel von ihnen er schon getrunken hat. Er hat inzwischen so viele, dass kaum eine Seele mehr vollständig geleert wird und sich endgültig auflöst. Deshalb ist mir noch nichts geschehen, weil ich ihm nützlich bin als Verbindung zwischen dem Leben und den Toten. Wahrscheinlich wird sich das ändern, wenn er sich an dir gerächt und das Interesse an mir verloren hat.«
    »Bist du der Einzige, der anders ist?«, fragte Laura bang und kannte die Antwort schon.
    »Nein. Es tut mir leid, Laura.«
    »Andreas, du bist tot. Du bist in der Gewalt einer Ausgeburt des Bösen und darfst deinen Frieden nicht finden. Wie sollst du für etwas verantwortlich sein?«
    Laura war dankbar, dass er sie begleitete; im bescheidenen Rahmen seiner Möglichkeiten stärkte der ehemalige Kopilot sie. Außerdem half er ihr durch die Informationen über diese Zwischenwelt. Fokke wollte das Spiel wohl so lange wie möglich hinauszögern, oder er nahm an ...
    »Andreas, weiß Fokke, dass du noch selbstständig denken kannst?«
    Da sah sie zum ersten Mal die Andeutung eines Lächelns auf seinem Schattengesicht. »Er hält mich längst für geläutert und glaubt, dass ich dich auf seinen Befehl hin gründlich ins Verderben führe. Alles, was mit Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis zu tun hat, hat er längst verlernt. Auch, weil er nur noch negative Emotionen empfinden kann – Wut, Rachedurst, den Wunsch nach Vernichtung. Obwohl er es auf seine Weise zu genießen scheint, führt er das freudloseste Dasein, das man sich vorstellen kann.«
    Die Schemen waren fast heran. »Warm ... Leben ... Sehnsucht ... berühren ...«
    Laura entdeckte eine Lücke und lief kurz entschlossen los. Was blieb ihr auch anderes übrig? Sie machte sich schmal und sauste hindurch, merkte, wie die Toten sich langsam zu ihr drehten, während sie Haken schlagend durch die nächsten Lücken hastete. Nur, wohin, wohin? Hörte es auf, lichtete sich die Menge irgendwann, oder wurde sie gar dichter?
    »Gibt es eine bestimmte Richtung, in die ich laufen kann?«, rief sie Andreas zu, der ihr schwebend folgte.
    »Nein.«
    »Wie lange muss ich hierbleiben?«
    »Bis Fokke glaubt, dass du geläutert bist.«
    Dann kann ich nur hoffen, dass er mich restlos unterschätzt und denkt, dass ich nicht lange durchhalten werde.
    Vielleicht schätzte er sie aber genau richtig ein. Sie fühlte sich bereits jetzt außer Atem, die Kälte des Todes fraß sich allmählich bis in ihre Knochen hinein, und es wurde immer schwieriger, zwischen den Seelen hindurchzuschlüpfen.
    Und da passierte es schon. Als Laura kurz anhielt, um nach Luft zu schnappen, streckte ein Schemen den Arm aus und berührte sie.
    Wie ein elektrischer Schlag, aber zugleich grausam kalt, als hätte sie in flüssigen Stickstoff

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