Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
müssen abkühlen. Wir sollten ebenfalls zusehen, dass wir etwas zu essen bekommen.« Er klopfte Trai auf den Leib, Staub stieb hoch. Und das Tier ... dampfte. Es war völlig erhitzt, wie Arun eben erst bemerkte.
So rasch wie möglich löste er sich vom Mardegrase wie auch seine Begleiter, die nun ebenfalls die hochsteigende Hitze ihrer Reisegefährten bemerkten.
»Keine Sorge«, sagte Krasarhuu. »Es geht ihnen gut. Sie brauchen bloß einige Stunden Erholung. Dann geht es in ähnlichem Tempo weiter.«
Arun hatte keine Sorgen. Seinetwegen konnte der Mardegrase an Ort und Stelle krepieren ... oder? Warum fühlte er dann dieses seltsame Grummeln in seinem Leib? Warum tasteten seine Hände über Haut und Borsten, um das Tier zu reinigen? Tat er es ohne Zutun, gezwungen von Krasarhuu?
Nein. Er fühlte keinerlei Beeinflussung durch den Schwarzelfen. Was er hier tat, hatte andere Gründe. Der enge körperliche Kontakt über gewiss mehr als eine Stunde hatte eine emotionale Bindung zwischen ihm und Trai erzeugt. Er fühlte keine Angst mehr; da waren ein Anflug von Sorge, ob es der Mardegrase gut ging, und der Wunsch, ihr die Erholungsphase so angenehm wie möglich zu machen.
»Spürst du es also schon?«, fragte Krasarhuu. »Sehr schön! Dann verstehst du vielleicht rascher, was es bedeutet, ein Gog/Magog zu sein und mit den hiesigen Bedingungen zurechtzukommen.« Er schüttelte den Kopf und starrte blicklos vor sich hin. »Die Tiefe ist nicht nur ein geschlossener Ort mit großer räumlicher Ausdehnung. Sie ist auch ein Platz, in dem alles mit allem in Kontakt steht. Die Lebensweisen der Gog/Magog mögen dir widerlich vorkommen, ihr Blutdurst schrecklich, ihre kannibalischen Neigungen ebenso. Aber das Erbe meines Vaters hat mich gelehrt, dass dahinter viel mehr steckt. Wir schlagen im Takt des Felsgesteins, passen uns den unendlich langsamen Veränderungen hier unten an und formen das Land Innistìr auf eine Weise, die sich die Oberflächenbewohner nicht im Entferntesten vorstellen können.«
Krasarhuu holte tief Luft, bevor er fortfuhr: »Das Leben stammt aus Meer und Fels. Es wurde aus Wasser, Feuer, Luft und Stein gemacht. Niemand, der heute noch lebt, ist unmittelbarer an diesen Weisheiten dran als die Vertreter des Kleinen Volks, die Zwerge – und wir, die Gog/Magog.« Seine Blicke streiften Harmeau. »Selbst Wesen, die von sich meinen, seit Anbeginn der Zeiten durch die Reiche zu wandeln, sind im Vergleich zum Fels, der uns umgibt und der für uns sorgt, jung.«
Der Schwarzelf tastete über den Bauch seines Mardegrase und zog aus einer Hautfalte eine Decke hervor, die er sorgfältig ausbreitete. »Bringt eure Lebensmittel!«, befahl er. »Nur weil ihr einem sicheren Tod entgegengeht, heißt es nicht, dass ihr verhungern müsst. Lasst uns essen, als ob wir gute Freunde wären. Der Feindschaft können wir uns morgen wieder widmen.«
Diese Stimmungsschwankungen irritierten – und sie waren womöglich die einzige Chance, Krasarhuu zu entkommen. Doch wollten sie das denn überhaupt? Wäre es nicht vernünftiger, über den Herrscher der Gog/Magog mehr über den Verbleib des Dolch Girne herauszufinden?
Arun unterdrückte ein Lachen. Er wurde anmaßend. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass sie den Gog/Magog jemals wieder entkommen würden. Sie mussten flüchten, so rasch wie möglich!
Aswig und Harmeau brachten ihre Transportsäcke herbei und leerten deren Inhalt vor Krasarhuu aus. Bei all den leckeren Sachen – frisches Gemüse, Knollen, Elfenbrot, eine kleine Flasche Dölt, Schmalz und Brot – wurde ihm der Mund wässrig. Also gut. Es schadete nichts, nach dem anstrengenden Ritt die Knochen neu zu sortieren und wieder zu Kräften zu kommen.
Arun gesellte sich zu den anderen und hockte sich neben die Decke. Er stellte hinzu, was er an Lebensmitteln bei sich hatte. Mit den Fingern ertastete er seinen Degen. Er hing nach wie vor an seiner Seite! Warum hatte er sich der Waffe nicht schon früher erinnert? Was geschah mit ihm, dass sein Geist so träge geworden war und er nicht einmal die einfachsten Gedanken zu einem Ende führen konnte?
Krasarhuu blickte ihn an. Da war ein Hauch von Schwärze, ein Hauch von Drohung. Das Mischwesen ließ ihn wissen, dass er keinen Unsinn anstellen sollte. Dass er hier einem Gegner gegenübersaß, dem er nicht beikommen konnte.
Arun war versucht, den Kopf zu senken, in einer Geste völliger Unterwerfung. Er kämpfte mit aller Kraft dagegen an – und schaffte es, zumindest
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