Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
Leute wie ihr vor einem harmlosen Tier Angst haben?« fragte der Schwarzelf und lachte fröhlich. »Nur keine Sorge. Euch wird nichts geschehen. Ich habe die Mardegrase jederzeit im Griff.«
Aswig half Harmeau aufsteigen, bevor er sich selbst auf eines der Tiere schwang und Nidi hinter sich zog. Der Junge und der Schrazel – beide wirkten sie irritiert, aber sie zeigten wenig Angst vor dem Mardegrase. Für sie war dies der Fortlauf eines nicht enden wollenden Abenteuers, einer Geschichte voll Wunder, voll Tragödien und einigen schönen Momenten. Sie waren viel zu jung, um die Tragweite all dessen zu verstehen, was sie erlebten.
Arun trat so nahe wie möglich an Trai heran, griff dann sachte nach einer der zentimeterdicken Borsten und klammerte sich daran fest. Mit Schwung warf er sich auf den Rücken des Transporttiers. Er spannte all seine Muskeln an. Wenn die Mardegrase auf die Idee kam, ihn abzuschütteln, würde er bereit sein.
Nichts geschah. Trai ließ die Berührungen geschehen, und als Arun, wie es Krasarhuu vorgeführt hatte, mit den Fingern die ledrige Haut zwischen den Borsten streichelte, zeigte das Tier sogar so etwas wie Wohlbefinden, indem es den Leib kontrahieren ließ und dabei eine Art Grunzen von sich gab.
»Los geht's!«, rief der Schwarzelf. Er trieb Katimh mit Schenkeldruck an, der Riesenwurm setzte sich in Bewegung, die anderen seiner Art hinterher. Vorbei ging es am Muttertier, vorbei am kristallenen Weg, hinein in eine Dunkelheit, die Arun Angst einjagte, in schmale Tunnel, die ihn den Kopf einziehen ließ.
Jener Teil des Tiers, auf dem er saß, blieb einigermaßen ruhig. Der vordere und hintere Bereich hingegen waren in ständiger Bewegung. Die Saugnoppen dienten gleichermaßen zur Körperdämpfung und zum Abstoßen von Gesteinswänden und -böden. Arun, der seinen Oberkörper trotz des widerlichen Tiergeruchs so nahe wie möglich an den Leib des Mardegrase presste, wurde schwindlig. Die Sicht verschwamm, alles rings um ihn war nur noch Dunkelheit, die von wenigen hellen Flecken durchbrochen wurde.
»Halt!«, schrie jemand hinter ihm. »Bitte anhalten!«
Doch das war nur ein Eindruck unter vielen. Trai, sein Reittier, stieß einen rülpsenden Ton aus, schnappte unvermittelt nach rechts und kroch dann wieder geradeaus, mit einem breiten Moosflecken in seinem Maul. Die Nahrung wirkte auf die Mardegrase belebend, denn sie glitt nun noch geschmeidiger, noch rascher dahin.
Der Tunnel endete. Sie querten eine Höhle, die lichtdurchflutet war und in der sich weitere Gog/Magog zeigten. Die Kannibalen kümmerten sich nicht weiter um sie – oder aber alles ging zu schnell für sie. Die Tiere beschleunigten auf Angst erregende Art und Weise, wichen Felsen und Kristallsäulen und bemoosten Geröllhalden aus, um bald darauf wieder in Dunkelheit einzutauchen. Diesmal glitzerte und glänzte alles rings um sie wie im Inneren eines Kaleidoskops, und schon nach wenigen Minuten erreichten sie den nächsten Höhlenraum.
Vor Arun ritt Krasarhuu. Aufrecht, die Rechte nach oben gereckt, Freudenschreie ausstoßend. Er scherte sich nicht darum, dass sie immer wieder nur haarscharf an Felsnasen vorbeischrammten. Er vertraute seinem Mardegrase unbedingt, war furchtlos, wohl in seinem Größenwahn verhangen.
Wenn er sich doch nur den Kopf zerschmettern würde ...
Was war es, das den Schwarzelfen so stark machte? Warum fürchtete sich Arun vor ihm, warum waren die Fesseln, die der andere gewoben hatte, so stark?
Er selbst war ausgelaugt. Müde. Es war kaum etwas übrig geblieben vom Korsaren, der keine Grenzen kannte und akzeptierte. Es steckten zwar sehr viele Ungereimtheiten in ihm; Dinge, die er selbst noch nicht richtig ausgelotet hatte, und auch sein ganz besonderes Problem mit Frauen bereitete ihm immer wieder Sorgen. Doch an Selbstbewusstsein hatte es ihm noch nie gemangelt.
Bis hierher ...
Trai hielt abrupt an. Arun hatte Mühe, nicht über den Leib des Viehs nach vorne zu rutschen und unmittelbar vor seinem Maul auf den Felsboden zu stürzen. Er hielt sich an Borsten fest, ächzend und mit allen Gliedern zitternd, erschöpft von diesem Parforceritt, der sie in kürzester Zeit über große Distanzen gebracht hatte.
Krasarhuu kam ihm grinsend entgegen. Dieser kleine, etwas dickliche Schwarzelf in der Maske eines Gog/Magog wirkte so augenscheinlich unauffällig – und war dennoch Herr der Lage.
»Das sollte fürs Erste reichen«, sagte Krasarhuu. »Die Mardegrase benötigen Ruhe, und sie
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