Schattenlord 2 - Stadt der goldenen Türme
zitterten, die Oberarme auch.
»Geht's noch?«, fragte Andreas mit rotem Gesicht.
»Ja.« Für eine längere Antwort hatte sie keine Luft. Nur allzu gerne hätte sie hier verharrt, hätte sich ausgeruht, nur ein, zwei Minuten ...
Sie haschte nach der nächsten Stange, griff beinahe daneben, stemmte die Beine in den fest verbackenen Sand und zog sich hoch. In die Hocke. Durchstrecken. Nach der nächsten Sprosse fassen. Nicht nachdenken. Nicht nach unten sehen. Gleichmäßig bewegen, Kraft sparen ...
Ein Schrei. Laut und hoch und gellend.
Sie schob den Kopf in den Nacken. Ein Mann baumelte mit einer Hand an seiner Sprosse und schlug mit der anderen wie wild um sich, als müsste er sich eines unsichtbaren Gegners erwehren. Seine Beine stemmten sich gegen den Sand, als wollte er sich abstoßen, als betrachte er alles rings um sich als Feinde, die es zu besiegen galt ...
Norbert Rimmzahn.
Er war mit der Linken abgerutscht und hing nun in Panik zwischen Leben und Tod. Der Griff seiner rechten Hand drohte sich ebenfalls zu lockern. Rings um ihn staubte Sand auf, der eine Wolke bildete und wie feiner Sprühregen auf die Häupter der darunter befindlichen Kletterer herabfiel.
Eine Gestalt kam von unten herangewieselt, ungeachtet der widrigen Bedingungen. Sie drang in den Nebel vor, flink wie der Wind, ein Wirbel aus langen Beinen und schlanken Armen. Eine Gestalt, die nach Norbert griff, ihn festzuhalten versuchte und ihm einen Satz kräftiger Ohrfeigen verpasste, als er sich gegen die Hilfeleistung wehrte.
Der selbst ernannte Medienfachmann wirkte völlig verdutzt - und beruhigte sich mit einem Mal. Er ließ geschehen, dass ihn Zoe - und um keine andere handelte es sich, um die verzogene und selbstsüchtige Blondine - stützte und ihm half, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen und mit der zweiten Hand auf der tiefer liegenden Sprosse Halt zu finden.
Eine Frau schrie erschrocken auf, als Norbert erneut den Halt zu verlieren und Zoe mit in die Tiefe zu reißen drohte. Doch das Model behielt die Nerven - und zog seinen Schützling mit einem unglaublich anmutenden Kraftakt zurück in Sicherheit. So, dass er sicher auf einer Sprosse stand und sich mit den Händen an der nächsthöheren festklammern konnte.
Laura beobachtete fasziniert, wie Zoe auf Rimmzahn einredete und ihn nach wenigen Minuten dazu brachte, mit ihrer Hilfe weiterzuklettern. Bald hatten sie den Aufstieg hinter sich gebracht. Der Mann krabbelte ungelenk über die Kante der Düne, während Zoe schon wieder auf dem Weg nach unten war, um einem weiteren Passagier zu helfen.
»Fantastisch!«, sagte Milt, der, ohne dass sie es bemerkt hatte, zu Laura zurückgestiegen war. »Das hätte ich von unserer Tussi niemals gedacht.«
»Und ich erst recht nicht, glaub mir.« Laura atmete tief durch. »Weiter jetzt!«, bestimmte sie und scheuchte Milt nach oben. Ihr war unwohl bei dem Gedanken, dass ihrer beider Gewicht auf eine einzelne Metallsprosse drückte.
Der Australier kletterte vorneweg und schloss zu Najid auf, der indes Zoes Rettungsaktion verfolgt hatte wie sie alle. Der Junge wirkte beeindruckt.
Der Rest des Aufstiegs erschien Laura wie ein Kinderspiel. Sie machte sich keinerlei Gedanken mehr über mögliche Gefahren. Ihr Griff war fest und sicher, die Muskelschmerzen spielten keine Rolle mehr. Stets war da diese beruhigende Gewissheit, dass ein blonder Schutzengel bereitstand, um ihr und allen anderen Mitgliedern der Gruppe zu helfen, sollten sie in Gefahr geraten.
2
Sklavenware
J eder Schritt des kurzbeinigen Reittiers bedeutete eine Qual. Bauchmuskeln anspannen, dann hastig und gegen den Schmerz ankämpfend Luft holen, die Muskulatur für einen Moment entlasten - und wieder anspannen. Immer wieder, ohne Pause.
Finn lag quer über dem Rist des stinkenden Mistviehs, das von einem schlaksigen Sklavenhändler mit blonden Haarlocken angetrieben wurde. Sein Gesicht schlug gegen die Seite des Tiers, in das verfilzte und stinkende Haar. Büschel reizten zum Niesen oder verfingen sich zwischen seinen Lippen, sodass er zwischen den einzelnen Atemzügen mühsam ausspucken musste.
Es waren vier Räuber, die sechs Gefangene gemacht hatten. Rudy und Frans, das Schwulenpärchen aus Dänemark. Rudy war mit der Französin Anais, einer gazellenhafte Schönheit, deren Vorfahren von Antigua stammten, gemeinsam auf ein Reittier verfrachtet worden. Die junge Liechtensteinerin Karen musste den Platz auf dem Rücken eines Tieres mit der halbwüchsigen
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